Verkehrte Welt
Lachen fast vom Hocker.
Die Situation könnte unangenehm werden, dachte Manni und schritt ein.
«Aus, die zwei Minuten sind rum«, rief er und schwenkte seine Stoppuhr, »Kalli ist raus, und Tom ist für den nächsten Herausforderer bereit, wenn Tom heute acht Runden übersteht, wäre er der erste Verweigerer, der Abendsieger wird, also los, Leute, wer fordert ihn?«
Eine pummelige Blondine meldete sich und nahm ihm gegenüber auf der Bühne Platz. Das Publikum johlte schon mal quasi vorschussmäßig.
»Ruhe, Leute!« Tom musste fast brüllen.
»Ruhe bitte, wie heißt du?«, fragte er die Herausfordererin.
»Susi«, lispelte sie, wobei unklar blieb, ob absichtlich oder gottgewollt. Das Publikum war jetzt mächtig aufgeheizt, irgendwie lag etwas in der Luft, wenn nicht eine Sensation, so doch wenigstens eine Mordsgaudi.
»Also Susi, zwei Minuten Zeit, Tom zum Lachen zu bringen, du kennst die Regeln, anfassen verboten, sonst alles erlaubt, auf die Plätze, fertig los!«
Susi setzte sich blitzschnell eine Scherzbrille auf mit Gläsern wie Colaflaschenböden und lächelte Tom an. Dann steckte sie sich eine Luftschlange in den Mund und blies sie ihm ins Gesicht. Er schien einen Moment irritiert, blickte Susi aber weiterhin ernst an. Blitzschnell zog diese sich das T-Shirt bis zum Hals hoch, was Folgendes sichtbar werden ließ: Auf den gesamten Oberkörper war das Gesicht einer Kuh gemalt, die Brüste waren die Augen, die Brustwarzen die Pupillen, der Bauchnabel war die Mitte des Mundes, aus ihm kam ein einzelner Glücksklee. Die Bude stand Kopf, der Lärmpegel lag schätzungsweise bei 130 db, nur Tom blieb ungerührt, auch als Susi einige Male schnell die Bauchmuskeln zusammenzog, was den Anschein erweckte, die Kuh versuche erfolglos, den Klee auszuspucken, wobei sie die Augen verdrehte.
Die ersten Zugabe- und Muh-Rufe erschallten, doch Susi brachte die Kuh zurück in den Stall und setzte lispelnd neu an: »Nach einer Kneipentour beschließen zwei Freundinnen, noch ein Bier in der Wohnung der einen zu trinken. Vor der Wohnungstür sagt die eine: Psssst! Mein Mann schläft sicher schon. Leise betreten sie die Wohnung, die eine geht in die Küche, und die andere - neugierig, wie Frauen sind - wirft einen Blick ins Schlafzimmer. Entsetzt kommt sie zurück und sagt: Du, bei deinem Mann liegt eine Frau im Bett! Sagt die: Ja, dann sei leise. Wir haben nur zwei Bier!«
Die Meute grölte wohlwollend, aber Tom zischte nur: »Wie krank ist das denn, der Witz geht nur mit zwei Männern, mit zwei Frauen ist der doch für'n Arsch!«
»Aha, für'n Arsch«, lispelte Susi, kippte aus einer Tüte ein Häufchen Mehl auf den Tisch und sagte: »Kinn auf die Tischkante bitte!«
Tom tat es brav. Dann drehte Susi sich um, ließ blitzschnell Hose und Schlüpfer fallen und rief: »Entweder du lachst jetzt, oder ich furze dir das Mehl ins Gesicht!«
Im Publikum wurde es mucksmäuschenstill. Tom holte tief Luft und blies aus Leibeskräften. Das Volk tobte, Gläser fielen um, die Sitzenden sprangen auf und zückten ihre Handys. Susi reckte sich und schaute mit der größtmöglichen Drehung ihres Kopfes ihren mit weißem Feinstaub verlängerten Rücken an und schrie: »Ihhh, Mehl! Er hat mir eine E-Mail geschickt!«
Das Publikum stöhnte gequält auf, war aber plötzlich hellwach, denn in Toms Gesicht warfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, seine Augen füllten sich mit Tränen, traten aber gleichzeitig weit hervor. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis der Lachreiz unerträglich wurde. Und dann war es so weit, Tom explodierte nachgerade in einem Schreikrampf, der gar nicht mehr abklingen wollte. Susi ließ sich gebührend feiern und beschäftigte sich mit ihrer nächsten Aufgabe. Es war eine Frau, das würde schwer werden.
Später, im kleinen Kreis, fragte Manni, wie es zu Toms Niederlage hatte kommen können, so doll sei der Joke schließlich nicht gewesen. »Natürlich nicht, der war unsäglich, aber als ich Susi sah, mit dem ganzen Mehl untenrum, musste ich plötzlich ›Gletscherspalte‹ denken, und das hat mich gekillt.«
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MARIA BEIM FRISEUR
F) »Was machen wir denn heute, nur die Spitzen schneiden, sonst die Länge lassen, das finde ich eigentlich schön so, zu deinem schmalen Gesicht, obwohl ich meine, das wär in letzter Zeit ein bisschen runder
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