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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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nervenaufreibend lange hatte klingeln lassen, meldete Thor sich endlich. Sein knapper und ernster Tonfall signalisierte, dass er gerade wichtigere Dinge zu tun hatte. Deshalb verkniff sie sich jeden Ansatz, wie ein kleines, schutzbedürftiges Mädchen zu klingen, und erklärte stattdessen nüchtern, was vorgefallen war.
    »Ich schicke einen Streifenwagen vorbei. Das war sicher ein Junkie auf der Suche nach Stoff. Die brechen doch in alle Gebäude ein, die nur im Entferntesten an ein Krankenhaus erinnern.«
    »Aber verstehst du denn nicht, dass er sich mit meiner Schlüsselkarte Zutritt verschafft hat?«
    »Dann hast du sie vielleicht irgendwo verloren?«
    »Die Karte lag bei mir zu Hause herum. Und man kann ihr nicht ansehen, dass sie zum Panum gehört.«
    Einen Augenblick wurde es still in der Leitung.
    »Das heißt, der Junkie hat bei dir zu Hause eingebrochen?«
    Sie beschloss, ihm erst später zu erklären, was genau geschehen war. Sie erzählte ihm, dass sie gerade die Videobänder der Sicherheitsfirma durchging. Der Täter musste irgendwo darauf zu sehen sein. Sie scheuchte den Wachmann weg, damit sie besser durch die Aufnahmen scrollen konnte.
    »Beim nächsten Mal musst du ihm einfach rechtzeitig eins überziehen!«
    Sie lächelte vor sich hin, als ihr klarwurde, dass Thor auf seine unbeholfene Weise versuchte, sie aufzumuntern.
    »Zuerst musst du ihn direkt am Solarplexus treffen. Gerade genug, damit er nach Luft ringt. Und ihm dann ins Gesicht sehen, um herauszufinden, wie er reagiert. Das ist die Pointe: Wenn er unverändert aussieht, hast du verloren. Aber normalerweise wird der Betreffende so schockiert sein, dass du den Kampf in diesem Moment bereits gewonnen hast. Denn dann hast du seine Selbstsicherheit erschüttert.«
    »Und vermutlich auch sein kardiovaskuläres System«, murmelte sie und war beinahe gerührt über seine ungeschickte Art der Fürsorglichkeit.
    »Genau. Denn das gibt einem das vorübergehende Gefühl, als Verlierer aus dem Kampf hervorzugehen. Und das erfüllt fast jeden mit Panik. Danach kannst du die Nieren in Angriff nehmen, oder gleich die Nase. Das tut saumäßig weh, da bleibt kein Auge trocken.«
    »Das müsstest du als alter Boxer ja am besten wissen.«
    »So alt bin ich nun auch wieder nicht. Davon abgesehen, klingt deine Schilderung übrigens so, als solltest du zusehen, schnell ins Krankenhaus zu kommen.«
    »Jetzt fang du nicht auch noch damit an!«
    Dann verstummte sie. Thor fragte, was los sei, doch sie war zu sehr auf den Bildschirm konzentriert, um ihm zu antworten. Sie hatte während des Gesprächs weiter zurückgespult, bis endlich eine Person auftauchte. Sie trat direkt in den Aufnahmewinkel der Kamera und ging zielgerichtet zum Haupteingang, wo sie die Schlüsselkarte durchzog. Anschließend hielt sie kurz inne, als sei sie nicht ganz sicher, wie das System funktionierte, bis die Glastür schließlich aufglitt. Das war etwa vierzig Minuten vor Linneas Ankunft, was bedeutete, dass sich ihr ungebetener Gast viel Zeit genommen hatte, um das Büro zu durchsuchen.
    Wahrscheinlich gab es die Aufnahmen in einer höheren Auflösung als in der komprimierten Datei, in der sie der Wachmann heruntergeladen hatte. Das würde allerdings nichts daran ändern, dass man die Person nicht genau erkennen konnte. Alle Bilder waren von hinten aufgenommen worden, und eine dunkle Kapuze bedeckte ihre Haare. Linnea hätte den Gang und das Bewegungsmuster der Person analysieren und bei einem direkten Vergleich eine Identifizierung möglich machen können. Aber da sie keinen Verdächtigen hatte, nützte ihr das momentan nichts.
    Eine Sache konnte sie jedoch ohne Probleme erkennen.
    »Es ist eine Frau!«
    »Wovon redest du?«
    Doch Linnea legte das Handy zur Seite. Sie hatte soeben noch etwas entdeckt. Eine Sache, die sie schon die ganze Zeit irritiert hatte, als sie den Schreibtisch untersucht hatte. Doch sie war nicht darauf gekommen, was es war. Jetzt fiel ihr auf, dass nicht nur ihr Computer fehlte. Der Eindringling hatte noch etwas mitgehen lassen.

Mittwoch, 14. Juli

49
     
    D ie Häuser am Christiansholms Parkvej in Klampenborg wurden im Volksmund als englische Reihenhäuser bezeichnet. Und tatsächlich erinnerten die weißgekalkten Häuschen, die eine Küche im Souterrain und einen Wintergarten nach hinten hinaus besaßen, tatsächlich an eine Straße in Kensington. Obwohl die Immobilienpreise ihren Zenit längst überschritten hatten, konnten vermutlich selbst die kleineren Häuser

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