Verleumdung
Bonus verstehen, mit dem ich meinen guten Willen bezeuge.«
Sie nickte langsam und ohne ihn anzusehen. Ihm war dennoch klar, dass sie bei seiner kleinsten Bewegung wieder ihre Pistole parat haben würde. Man durfte sie nicht unterschätzen. Nur mit Mühe und Not war es ihm gelungen, sie davon zu überzeugen, dass der Auftragsmord an Jonas Holm Neergaard keine Falle gewesen war. Er hatte jedoch den Fehler begangen, sie nicht ausreichend über die Zielperson aufzuklären und ihr zu erzählen, dass es sich bei Neergaard um einen durchtrainierten ehemaligen Soldaten handelte. Die mangelnde Vorbereitung hätte fast zu einem fatalen Ausgang geführt. Er hatte ihr Leben leichtsinnig aufs Spiel gesetzt, und nun war er ihr etwas schuldig.
»Die Waffe und das Hotelzimmer werden gerade organisiert. Kein Grund zur Sorge also.«
Endlich wandte sie ihren Blick vom Bildschirm ab und sah ihm zum ersten Mal direkt in die Augen.
»Ich mache mir grundsätzlich niemals Sorgen.«
Sie ließ zu, dass er zum Computer kam. Als er sich über sie beugte, entging ihm nicht, dass seine Nähe sie instinktiv zusammenzucken ließ. Dann öffnete er die Bilddatei, die er auf flickr gespeichert hatte.
»Dir bereitet es sicher keine Probleme, dass dein Ziel eine Frau ist?«
Sie schüttelte nur den Kopf, während sie eingehend die Fotos betrachtete, die er gestern mit dem Handy aufgenommen hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so schwer werden würde, die Angelegenheit abzuschließen und die Spuren zu beseitigen. Hatte geglaubt, es würde genügen, Jonas Holm Neergaard kaltzumachen. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass die Sache damit keineswegs bereinigt war. Als er den Kontakt zu Peggy-Lee verloren hatte, hatte er überlegt, einen seiner Rockerkontakte mit dem letzten Job zu beauftragen. Aber es war ihm viel lieber, ihr diese Aufgabe anvertrauen zu können. Zum einen erhielt er dadurch die Chance, das Vertrauen zu ihr wiederherzustellen, zum anderen war er von ihrer Effektivität überzeugt, die zu bezweifeln sie ihm nie auch nur den kleinsten Anlass geboten hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, ohne sie anzusehen. Er war trotz allem froh, dass er sich schließlich doch entschieden hatte, in Kopenhagen zu bleiben, bis alles ordentlich abgewickelt war. Noch mehr Fehler durfte er sich auf keinen Fall erlauben.
»Ich fliege am Mittwochabend«, sagte er dann. »Darf ich vorschlagen, dass du die Dokumentation für mich hochlädst, sobald die Aufgabe gelöst ist?«
Peggy-Lee nickte und stand auf. Sie hatte die Pistole noch immer fest im Griff. Da sie kein Wort sagte, ging er davon aus, dass sie nur auf dem Weg zum Bad war, aber zu seiner Überraschung steuerte sie direkt auf die Zimmertür zu. Im nächsten Moment war sie auch schon verschwunden, und er blieb allein im Zimmer zurück. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren mit dem Gefühl, soeben an die Wand gespielt worden zu sein.
*
»Die Person, die da kommt, das müssen Sie sein, oder?«, sagte der Wachmann.
Linnea nickte. Die Bilder vom Haupteingang am Blegdamsvej hatten sie gesehen, jetzt gingen sie die Bänder vom Eingang an der Nørre Allé durch, der am besten beleuchtet war. Deshalb waren sie davon ausgegangen, dass der Einbrecher nicht von hier gekommen war. Es waren Bilddateien in niedriger Auflösung, die nach Stunden eingeteilt waren. Sie spulten zu den Abschnitten vor, die nach siebzehn Uhr aufgenommen worden waren. Es ging relativ schnell, weil das Bild die ganze Zeit dasselbe zeigte: einen abgeschlossenen, leeren Eingang. Das Panum Institut füllte fast das gesamte Dreieck zwischen dem Tagensvej, dem Blegdamsvej und der Nørre Allé aus und war nicht gerade ein Ort, an den die Menschen außerhalb der Öffnungszeiten pilgerten. Die erste Person, die auftauchte, war Linnea selbst, die aus einem Taxi stieg und sich mit ihrer Karte Zugang zum Gebäude verschaffte.
»Das kann nicht sein«, sagte sie. »Er muss kurz vor mir gekommen sein.«
»Aber die letzte halbe Stunde vor Ihrer Ankunft haben wir bereits durchgesehen.«
»Dann suchen Sie die vorherigen Dateien heraus.«
Der Wachmann beugte sich über die Tastatur und suchte weiter, während Linnea ihr Handy nahm, um die Polizei anzurufen. Doch sie überlegte es sich anders und rief stattdessen direkt bei Thor an. Der Überfall setzte ihr mehr zu, als sie zunächst gedacht hatte. Und nun waren ihr alle Vorsätze, sich ihm nicht mehr anzunähern, egal. Sie hatte ein Bedürfnis nach Trost. Nachdem sie es
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