Verlieb Dich nie in einen Tierarzt
gegessen hatten, sahen sich Linda und Jill die Bibliothek an. »Tut mir leid, daß du todmüde bist, aber ich habe meinen Flug für morgen gebucht, und John wird mich um zehn Uhr zum Flughafen fahren. Es ist also besser, wenn wir uns gleich an die Arbeit machen.«
Es gab keinerlei Schwierigkeiten. Linda war zwar keine gelernte Bibliothekarin, aber ein aufgewecktes, intelligentes Mädchen. Alle Bücher standen an ihrem richtigen Platz. Jill stimmte mit ihrer Freundin darin überein, daß der am dürftigsten bestückte Teil der Bücherei die Abteilung für Kinder- und Jugendbücher war. Sie glaubte, daß Großvater schockiert sein würde, wenn er sieht, welche Bücher den jugendlichen Lesern von Shepherd’s Crossing angeboten werden. Einige der Bücher waren ziemlich alt, aber ausgebessert, das verwendete Karteisystem war Jill wohlbekannt. Während sie rasch an den Regalen vorbeistreiften, blieb Linda jedesmal stehen, wenn sie den Inhalt eines außerordentlichen Buches oder eines Werkes, das Ärger bereiten könnte, erläuterte. »Diese Bücherei«, erklärte sie, »ist streng persönlich ausgerichtet. Du wirst die Leute und alle ihre Probleme kennenlernen. Sie mögen es durchaus, wenn du ihnen bei der Wahl ihrer Bücher hilfst, und sie erwarten, daß du genau weißt, was sie lesen wollen.«
»Diese Hürde kann ich leicht nehmen, denn ich denke, daß man den meisten von den Augen ablesen kann, was für ein Buch sie gerne möchten.«
»Stell dir das nicht so einfach vor. Dabei kannst du schwer auf die Nase fallen. Der Schein trügt häufig. Da glaubst du, daß der Rektor der hiesigen Schule gute Lektüre bevorzugt. Aber wenn die Bücherei völlig menschenleer ist, dann nimmt er nur Thriller aus den Regalen. Wenn zufällig jemand hereinkommt, den er kennt, dann verläßt er den Raum mit einem soliden Buch, das er nie lesen wird. Dann gibt es da eine süße und nette alte Dame, Mrs. Owens. Von der nimmst du sicher an, daß sie nur simple, biedere Liebesgeschichten liest — mitnichten: Sie will nur Gewalt und literweise vergossenes Blut. Den Schock deines Lebens wirst du bekommen, wenn unsere Dorfschönheit die Bücherei betritt. Sie ist das typische dumme Blondinchen und scheint kaum Englisch zu verstehen, aber sie entleiht nur gute Lektüre. Sie liest die Bücher auch wirklich, und sie spricht darüber, und wie in einem Spiel mit festen Regeln sagt sie: >Sehr nett von Ihnen, ich danke.< Du kannst nicht nach dem Aussehen der Leute gehen. Das wirst du bald merken.«
Jill schaute bestürzt drein. Sie kannte nur die städtischen Leihbüchereien, in denen die Bücher ohne großen persönlichen Kommentar ausgegeben werden. »Ich werde wohl alle möglichen Fehler machen, doch ich werde es schon langsam lernen.«
Am nächsten Morgen rief vor acht Uhr Matthew Webster an. »Wie geht es dem Patienten?« wollte er wissen.
»Ausgezeichnet. Er schläft nachts in Großvaters Zimmer, und eben macht er an der Leine einen kleinen Gartenbummel. Er ist noch ziemlich ungelenk, aber dank Ihrer Kunst schon wieder wunderbar auf den Beinen. Wissen Sie vielleicht, was er für einen Namen hat?«
»Ich habe Johnson danach gefragt, aber >schau, daß du hier fortkommst!< war alles, was er herausgebracht hat.«
»Was für ein schrecklicher Mensch!«
Webster lachte und legte den Hörer auf. Er war seit fünf Uhr auf den Beinen, da er von einer Farm aus angerufen worden war. Jetzt war er auf dem Weg, um sich um eine wertvolle Stute zu kümmern, die Schwierigkeiten beim Fohlen hatte. Als Jill vom Telefon zurückkam, fiel ihr ein, daß sie ihn nicht über die noch ausgeliehenen Bücher gefragt hatte. Aber wie kann man auch mit jemandem nörgeln, der sich die Zeit nimmt, um anzurufen, um sich nach einem Bastard von Hund zu erkundigen?
Pünktlich um zehn Uhr traf John Winter ein. Als Jill das Paar abfahren sah, überkam sie ein Neidgefühl. Er war ein so anziehender junger Mann und hatte ein schönes Auto. »Ich kann nur hoffen, daß sie einen Farmer für mich übriggelassen hat«, sagte sie laut zu sich, und Robert Henderson, der herausgekommen war, um Linda einen höflichen Abschied zu entbieten, fragte sie: »Einen Farmer? Es gibt doch sicher viele Kunden. Warum willst du einen Farmer?«
»Ich will einen Farmer, um mich in ihn zu verlieben, und nicht nur, um ihm Bücher zu leihen. Ich will einen Farmer, der so gut wie John Winter aussieht und reich genug ist, um sich ein schönes Auto leisten zu können. Allzu große Hoffnung habe ich
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