Verliebt in den Feind?
Rafael fühlte sich seltsam berührt von ihrem intensiven Blick. „Ich wünsche mir nur, dass Sie noch einmal darüber nachdenken, was Sie vorhaben.“
„Meinen Sie etwa, ich verzichte auf den Anteil, der mir rechtmäßig zusteht?“, fragte er, irritiert vom Glanz ihrer hellen Augen.
„Nein, das ist es nicht! Ich verstehe ja, dass Sie von alldem etwas haben wollen …“ Sie machte eine ausholende Handbewegung. „… vom Reichtum und dem Land, von der Schönheit des Weingutes. Aber verkaufen Sie Ihren Teil nicht. Bleiben Sie hier, lernen Sie Ihre Familie besser kennen …“
„Ich bin ein viel beschäftigter Mann. Für so etwas habe ich keine Zeit.“
„Was ist schon ein Monat? Oder ein paar Wochen? Schließlich sind die Saxons Ihr eigenes Fleisch und Blut“, entgegnete Caitlyn wütend. „Aber wenn Sie wirklich so verbohrt sind und immer nur an Vergeltung denken, schlage ich vor, dass Sie so bald wie möglich von hier verschwinden.“
Wollte sie ihn herausfordern? Nachdenklich sah er sie an. Nein, sie wusste ja nicht, mit wem sie es zu tun hatte. Von seinem riesigen Besitz, dem Anwesen Torres Carreras, hatte sie natürlich noch nichts gehört. Ebenso wenig wusste sie von seiner Macht und seinem Einfluss. Für sie war er einfach nur ein Eindringling, der den Familienfrieden bedrohte, nichts weiter.
Einer solchen Frau war er noch nie begegnet.
Ihr ging es nicht um Verlobung, Schmuck oder Geld. Wenn er sich auf der Stelle in Luft auflöste, wäre sie wahrscheinlich noch erleichtert … Ein seltsamer Gedanke. Schon lange war er keinem Menschen mehr begegnet, der nicht irgendetwas Materielles von ihm wollte. Caitlyn dagegen ging es nur darum, dass er sich mit seinem leiblichen Vater und den Halbgeschwistern anfreundete oder sie wenigstens in Ruhe ließ … Eine völlig selbstlose Forderung – nur zum Wohl und Schutz der Saxons.
Den Gefallen allerdings konnte er ihr nicht tun. Nur würde er ihr das nicht sagen. Noch nicht. „Ich habe meine Pläne geändert und bleibe noch.“
Offenbar war dieser Frau nur schwer etwas vorzumachen. Er sah ihr an, dass sie wusste, dass er das alles tat, um sich zu rächen. Er würde nicht eher ruhen, bis das Unrecht an seiner Mutter gesühnt und Fernandos Andenken wiederhergestellt war. Wahrscheinlich ahnte Caitlyn sogar, wie sehr er sich darauf freute, Phillip zu sagen, dass er seinen Anteil an den erstbesten Interessenten verkauft hatte. Sie sah und wusste mehr als andere …
Er war selbst überrascht, als er plötzlich sagte: „Wenn ich Ihren Vorschlag annehme und statt ein paar Tagen ein paar Wochen bleibe, gehen Sie dann mit mir essen?“
Caitlyn schwieg betroffen, dann protestierte sie: „Das ist nicht fair!“
„Doch! Ich tue Ihnen einen Gefallen … und Sie mir.“
Mit düsterem Gesichtsausdruck entgegnete sie: „Nicht, dass ich nicht mit Ihnen essen möchte. Es ist nur so … dass ich mich nicht mit Männern verabrede. Wenn ich ausgehe, dann nur mit guten Freunden.“
Das war eine ebenso erstaunliche wie ärgerliche Antwort, wie Rafael fand. Durch diese Ablehnung fühlte er sich in seinem Stolz gekränkt. Normalerweise lagen ihm die Frauen zu Füßen. Ja, Rafael. Wie du meinst, Rafael. Wann wäre es dir denn recht, Rafael? Doch Caitlyn Ross hatte ihm gerade einen Korb gegeben. Zum Teufel … „Was heißt das? Warum denn nicht? Sie sind eine attraktive junge Frau.“
„Ich möchte nicht darüber sprechen“, sagte sie errötend.
Sicher hing das mit ihrer Vorliebe für seinen dummen Halbbruder zusammen, was Rafael noch mehr ärgerte. „Wegen Heath?“
Beinah entsetzt sah sie ihn an und sagte dann leise: „Nein, mit ihm hat es nichts zu tun.“ Sie lachte kurz auf. „Er hat mich doch noch nicht einmal bemerkt.“
„Er muss ein Idiot sein. Und Sie sollten sich nicht an einen Mann hängen, der Sie nicht verdient hat.“
Nachdenklich sah sie ihn an. Eigentlich hatte er ja recht, und sie war auch nicht mehr so hoffnungslos in Heath verliebt wie noch zu Studienzeiten. Dass Rafael sich überhaupt Gedanken um sie machte, erstaunte sie.
Rafael merkte nichts von ihrer Grübelei. Blitzschnell traf er eine Entscheidung. „Ich bleibe zwei Wochen. Muss nur noch meine Hotelbuchung verlängern.“
„Nein!“, rief sie und sprach dann leiser weiter. „Auf keinen Fall bleiben Sie im Hotel. Hier auf dem Gut gibt es drei gemütliche Gästehäuser. Sicher wird Ihnen eines davon zur Verfügung gestellt.“
„Wenn es so ist … Also gut.“
Schlagartig hellte
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