Verliebt in einen Gentleman
zu lesen und meine Kommentare dazu abzugeben. Ethan wirkt zufrieden, aber ist, wie immer, schweigsam. Nur einmal sagt er: „Vielleicht solltest du nicht ganz so emphatisch vor Begeisterung quieken, Lea. Nicht alle Leute in Thorpeness wollen daran teilhaben.“
Ich reiße mich sofort zusammen. Er hat recht. Natürlich. Wie toll, dass er so gut auf mich aufpasst.
Wie gesagt, es sind nicht viele Touristen unterwegs, aber ab und zu merke ich schon, wie das eine oder andere Paar Frauenaugen bewundernd an Ethan hängen bleibt. Es ist so wunderbar, so aufregend. Dieser Mann ist mein Liebhaber. Dieser große, gut-aussehende Ethan mit seinen breiten Schultern, schmalen Hüften und hinreißenden Locken. Ich spüre, wie ich vor Stolz mindestens zwei Zentimeter größer werde. Bestimmt beneiden mich alle.
Gegen Abend kehren wir zum Hotel zurück. Nach bester englischer Sitte, werden wir gebeten, an der Bar zu warten, bis man uns platziert. Der Barkeeper fragt uns, ob wir einen Aperitif trinken möchten.
Ich öffne meinen Mund, aber Ethan kommt mir blitzschnell zuvor und sagt: „Zwei Sherrys, bitte.“
„Oops“, sage ich fröhlich, „mein Partner hat sich vertan. Mir steht der Sinn eigentlich nach einem Sekt mit Orangensaft, wenn es nichts ausmacht.“
„Das macht mir ganz und gar nichts aus“, sagt der charmante junge Barkeeper, „einer so schönen jungen Frau kann ich sowieso keinen Wunsch versagen.“ Sofort hantiert er mit einer Sektflasche und füllt mir den Drink in ein Glas.
Ich kichere über das Kompliment.
„Danke“, sage ich, „ich glaube, ich weiß, wie er dazu kam, für mich zu bestellen. Er hatte Angst, ich könnte mir wieder mal einen Malt Whisky bestellen.“
Der Barkeeper hebt eine Augenbraue. „Ach tatsächlich, und was wäre dagegen einzuwenden?“
„Dass das nichts für junge Frauen ist. Tja, so muss ich bis an mein Lebensende auf den Genuss verzichten, denn wahrscheinlich ist es noch nicht einmal etwas für alte Frauen, nur alte Herren.“
Der Barkeeper lacht und sagt amüsiert: „Also, wenn man Sie so ansieht, dann denkt man, dass sie sowieso nie altern werden. Manche Frauen bleiben immer hübsch.“
Wieder muss ich kichern. Irgendwie ist das doch ein witziger Kerl. Ich mag es, dass die Engländer so locker und humorvoll sind, nicht so verkrampft wie die meisten Deutschen, die ich so kenne.
Ich drehe mich zu Ethan um, weil ich sehen will, ob er sich auch so amüsiert. Doch der sieht so aus, wie immer. Vielleicht nur ein kleines bisschen ernster als sonst. Wahrscheinlich war er im Moment abgelenkt und hat unser munteres Geplänkel nicht mitbekommen.
Jetzt werden wir zu unserem Tisch geführt.
Der Kellner bringt uns die Speisekarte.
„Wir nehmen die Muschelsuppe und die gedünstete Scholle“, sagt Ethan.
Ich beschließe, nicht wieder sperrig zu sein, und beuge mich seiner Wahl. Eigentlich stöbere ich wahnsinnig gerne durch Speisekarten. Vielleicht hätte ich doch lieber die Räuchermakrele gegessen. Ich liebe geräucherten Fisch, aber Ethan ist immerhin mein Gastgeber. Wenn er das Essen bestimmen will, muss er das wohl dürfen. Vorhin schien er auch nicht sonderlich erfreut, als ich den Sherry eigenwillig abgelehnt und umbestellt hatte.
Während wir auf das Essen warten, lehnt sich Ethan vor und sieht mir tief in die Augen. Wieder klopft mir das Herz schneller. Sein Blick macht das immer mit mir. Seine Augen sind so wunderbar braun und ausdrucksvoll.
„Das vorhin war nicht hübsch“, sagt er jetzt.
Was
meint er damit? Ich zucke zusammen. Meint er am Ende doch, dass unser Sex...
Doch ich atme auf, als er fortfährt: „Ich meine, das vorhin an der Bar.“
„Was genau?“
„Dass du so hemmungslos mit dem Barkeeper geflirtet hast. Ich dachte, du wolltest mit dieser Art Aufsehen zu erregen aufhören.“
Ach ja. Er hat so Recht. Ich war in meine alten Gewohnheiten zurückgefallen.
Ich senke meinen Kopf und starre auf das Tischtuch.
„Stimmt, Ethan, es war nicht gut. Sorry, aber mein Mundwerk funktioniert manchmal von ganz alleine und sagt Dinge, die ich eigentlich nicht will. Aber ich verspreche dir: ich arbeite dran und werde mich bessern.“
„Okay, Lea, und wenn wir schon mal dabei sind: ich kann es nicht ertragen, wenn du in meiner Gegenwart mit anderen Männern flirtest und scherzt. Ich denke, dass ich als dein Partner das Privileg haben sollte, deine Aufmerksamkeit ganz für mich zu haben. Sonst sieht es ja fast so aus, als wäre ich mit einem Flittchen
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