Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
werden konnte. Eine mit modernster Technik ausgestattete Musikecke enthielt alles von Raffi bis Rachmaninow.
»Wo warst du eigentlich? Ich dachte, du wolltest -« Mollys Stimme erstarb, als sie den großen dunkelblonden Mann
in einer Ecke des Raumes bemerkte. Die grünen Augen, die sie einst so anziehend gefunden hatte, funkelten sie unverhohlen feindselig an.
Ihr Herz begann zu rasen. Er wirkte ebenso übernächtigt wie Dan, er war unrasiert. Trotz der sonnengebräunten Haut sah er nicht aus wie jemand, der gerade von einem erholsamen Urlaub zurückgekehrt war. Er wirkte im Gegenteil gefährlich angespannt, als würde er jeden Moment explodieren.
Ihr fiel wieder ein, wie zerstreut Phoebe den ganzen Nachmittag gewesen war, ihr verstohlener Gesichtsausdruck, als sie sich nach Mollys Rede kurz in den hinteren Teil des Raumes zurückgezogen hatte, um mit ihrem Handy zu telefonieren. Dies war kein zufälliges Zusammentreffen. Irgendwie mussten Dan und Phoebe die Wahrheit herausgefunden haben.
Phoebes Stimme klang gezwungen ruhig. »Setzen wir uns doch erst einmal.«
»Danke, ich stehe lieber«, meinte Kevin verkniffen.
Übelkeit, Wut und panische Angst mischten sich in ihr. »Ich weiß nicht, was hier gespielt wird, aber da mache ich auf keinen Fall mit.« Sie wollte sich auf dem Absatz umdrehen, doch Kevin stellte sich ihr in den Weg.
»Denk lieber gar nicht erst daran.«
»Das hier hat nichts mit Ihnen zu tun.«
»Da habe ich aber anderes gehört.« Seine eisigen Blicke durchbohrten sie wie grüne Eiszapfen.
»Dann haben Sie sich verhört.«
»Molly, setz dich bitte hin, damit wir die Angelegenheit besprechen können«, bat Phoebe. »Dan ist bis nach Australien geflogen, um Kevin zu finden, und das Mindeste, was du -«
Molly wirbelte zu ihrem Schwager herum. »Du bist nach Australien geflogen?«
Er begegnete ihr mit einem ebenso sturen Blick, wie damals, als er ihr verboten hatte, das College etwas aufzuschieben, um mit dem Rucksack durch Europa zu reisen. Aber sie war schon lange kein Teenager mehr, der sich seine Bevormundungen gefallen lassen würde.
»Du hattest kein Recht dazu!« Außer sich stürzte sie quer durch das Zimmer auf ihn zu.
Sie war niemals gewalttätig gewesen, man konnte nicht einmal behaupten, dass sie ein hitziges Temperament hätte. Sie liebte Kaninchen und Märchenwälder, chinesisches Porzellan und nostalgische Leinennachthemden. Noch nie hatte sie jemanden geschlagen, und schon gar nicht jemanden, den sie liebte. Mit geballten Fäusten ging sie auf ihren Schwager los.
»Wie konntest du nur?« Der erste Schlag traf Dan mitten auf den Brustkorb.
»Molly!«, hörte sie ihre Schwester aufschreien.
Dan starrte sie nur entgeistert an. Ruh begann zu bellen. Wut, Angst und Schuldgefühle ballten sich in ihr zusammen. Dan wich zurück, doch sie holte erneut aus. »Das geht dich verdammt noch mal nichts an!«
»Molly, hör sofort auf!«, schrie Phoebe.
»Das verzeihe ich dir nie.« Sie schlug noch einmal zu.
»Molly!«
»Es ist mein Leben!«, schrie sie, während Ruh bellte wie von Sinnen. »Haltet euch da gefälligst raus!«
Bevor sie wieder ausholen konnte, wurde sie von zwei starken Armen umklammert. Ruh heulte auf. Kevin hielt sie fest im Griff. »Jetzt beruhigen Sie sich endlich.«
»Lassen Sie mich los!« Sie stieß mit ihrem Ellbogen nach ihm.
Er stöhnte leise, aber hielt sie weiter fest.
Ruh stürzte sich auf seine Ferse.
Kevin schnappte nach Luft und Molly schlug um sich.
Er fluchte.
Dan eilte ihm zu Hilfe.
»Zum Teufel noch mal!« Ein schriller Ton zerschnitt die Luft.
5
Manchmal braucht man dringend einen Freund, und ausgerechnet dann ist niemand zu Hause.
Einsame Tage für Daphne
Mollys Trommelfell platzte beinahe von dem ohrenbetäubenden Geräusch der Spielzeugtrompete, in die ihre Schwester aus Leibeskräften hineinblies.
»Das reicht jetzt!« Phoebe marschierte wütend auf sie los. »Molly, du stehst im Abseits! Ruh, lass los! Kevin, nimm deine Hände weg! Und jetzt bitte alle hinsetzen!«
Kevin ließ seine Arme sinken. Dan rieb sich die Brust. Ruh gab Kevins Hosenbein frei.
Molly fühlte sich elend. Was genau hatte sie eigentlich bezwecken wollen? Sie wagte nicht, den anderen in die Augen zu sehen. Der Gedanke, dass ihre Schwester und ihr Schwager mittlerweile wahrscheinlich wussten, dass sie Kevin im Schlaf überfallen hatte, war mehr als niederschmetternd.
Doch sie trug die Verantwortung für alles, was geschehen war, und konnte jetzt nicht
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