Verlobung auf Italienisch
gern hätte sie geweint. Dann wäre es einfacher gewesen, ihn zu hassen. Das Problem war nur, dass sie ihn nicht hassen konnte.
Ungeachtet ihrer Warnung umfasste er ihre Schultern. „Evie …“
„Komm, Rio, bringen wir es hinter uns. Ich bin müde, denn ich habe in den letzten Tagen nicht viel geschlafen.“ Vergeblich versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien.
„Wir haben darüber gesprochen, wo Elyssa wohl am liebsten leben würde. Hast du eine Ahnung? Ich finde, Florenz ist eine wunderschöne Stadt, aber wenn du meinst …“
„Ich weiß es wirklich nicht.“ Endlich schaffte sie es, sich von ihm zu lösen. „Woher sollte ich auch? Schließlich bin ich keine Mutter.“ Sie wusste nur, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sie hatte sich eingeredet, dass er der falsche Mann für sie war, weil er nicht an einer festen Beziehung interessiert war. Und nun hatte er ihr erzählt, dass er eine Tochter hatte, die er offenbar über alles liebte. Er hatte sich nicht bewusst für ein Kind entschieden, war jedoch entschlossen, alles richtig zu machen. Sein Problem waren also nur seine Beziehungen zu Frauen, was nicht weiter verwunderlich war, wenn man an seine bisherigen Partnerinnen dachte.
Bei dem Gedanken an Elyssas Mutter schnürte sich ihr erneut die Kehle zu. Welche Frau tat einem Mann so etwas an? Oder einem Kind? Wieder sah Evie Rio vor sich, wie er das Foto aus seiner Brieftasche nahm. Wie er Antonio einen Stapel Elfenflügel in die Hand drückte, um seine Tochter vor weiteren traurigen Erfahrungen zu beschützen. Als sie im nächsten Moment seinen Arm streifte, durchzuckte es sie heiß, und die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag.
Sie hatte sich in ihn verliebt.
Es war ein aufregendes und zugleich schreckliches Gefühl. Ihr Herz pochte schneller, während ihr Magen sich zusammenkrampfte. Furcht und Begehren wurden von der Erkenntnis überlagert, dass das Ganze hoffnungslos war.
Wie konnte ihr so etwas passieren?
Wie hatte sie nur so naiv sein können?
Unvermittelt wandte Evie sich ab und ging auf die andere Seite des Geschäfts, um ihre Panik zu verbergen. „Du brauchst Bücher. Vorlesen ist ideal, um eine Bindung zu einem Kind aufzubauen.“ Ihre Hände zitterten, während sie unter seinem forschenden Blick einige Exemplare aus dem Regal nahm.
„Was ist los, Evie? Als wir diesen Laden betreten haben, warst du versessen darauf, mich zu bestrafen. Und nun siehst du aus, als würdest du unter Schock stehen.“
„Nein“, entgegnete sie schnell. Zu schnell. „Nicht unter Schock.“
„Ich wünschte, du würdest mir sagen, was dich so aus der Fassung gebracht hat. Oder denkst du immer noch an meine Tochter?“ Im Lesebereich setzte Rio sich auf einen kleinen bunten Stuhl. Eigentlich hätte er zwischen den Kindermöbeln lächerlich aussehen müssen, aber das war nicht der Fall. Wahrscheinlich wirkte er nirgends lächerlich, weil er so selbstsicher war.
„Natürlich denke ich an deine Tochter.“ Evie holte zwei weitere Bücher aus dem Regal und begann, darin zu blättern. „Deswegen sind wir schließlich hier, oder?“ Warum musste er sie derart forschend betrachten? Plötzlich fürchtete sie, er könnte ihr ansehen, was sie für ihn empfand.
„Wir haben jetzt Elfenflügel, Puppen, Plüschtiere, Spiele“, zählte er mit einem ironischen Unterton auf. „Fällt dir noch etwas ein, was ihr gefallen würde? Was wünscht ein kleines Mädchen sich wirklich?“
Regungslos stand sie kurz da. Es war die einzige Frage, die sie ganz sicher beantworten konnte. „Alles, was ein kleines Mädchen sich wünscht, ist ihr Daddy“, erwiderte sie heiser. „Der Rest ist nur das Tüpfelchen auf dem i.“
„Bist du sicher?“ Rio klemmte sein Telefon zwischen Ohr und Schulter und öffnete die E-Mail. „Ja, ich habe es hier … Ich lese es gerade … Okay, ich leite alles in die Wege.“
Als er das Telefonat beendete, wusste er, dass sein Leben sich für immer verändert hatte. Es war geschafft. Die Anwälte hatten es bestätigt. Elyssa würde zu ihm kommen. Das Gericht hatte ihm das Sorgerecht zugesprochen.
Er ließ den Blick zu dem Haufen Spielsachen schweifen, die ordentlich in einer Ecke des Penthouse gestapelt waren. Seinem kleinen Mädchen würde es an nichts fehlen. Natürlich gab er sich nicht der Illusion hin, dass alles so reibungslos verlaufen würde wie jener Einkaufsbummel. Zum einen war er unerfahren im Umgang mit Kindern, zum anderen hatte Elyssa die letzten Jahre mit einer
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