Verlockung
zu Beginn davon ausgegangen, dass es noch andere, wie mich, an der Schule geben würde. Nun, da ich es besser wusste, fragte ich mich immer wieder, ob das alles nicht ein Missverständnis gewesen war. Was sollte ein Mensch, ob er nun zur Hälfte eine Hexe war oder nicht, ohne Kräfte an einer Schule für magische Künste? Wann würde man mir wohl mitteilen, dass ich wieder zu gehen hatte? An diesen Augenblick wollte ich lieber erst gar nicht denken. Ich sah schon die freudigen Gesichter von Stella, Ice und Cat vor mir, die meinen Rauswurf mit selbstzufriedenen Blicken beobachteten. Dennoch wollte ich versuchen, solange es irgendwie ging, an der Schule zu bleiben. Ich fühlte mich wohl und wären die Probleme mit meinen Kräften nicht gewesen, hätte ich mich bestimmt schnell einleben können. Tröstlich war in diesem Moment einzig und allein, dass wir als erstes Literatur hatten. Wenigstens dabei würde ich nicht gleich auffallen und der Rausschmiss sich vielleicht etwas verzögern.
„In welchem Kurs bist du?“, fragte Céleste.
Ich zog meinen Stundenplan hervor um nachzusehen. „Kurs B.“
„Gut, dann bist du im selben wie wir. Die Schulleitung versucht möglichst Mitbewohner in den gleichen Kursen unterzubringen, aber immer klappt es leider nicht.“
Kurz vor Unterrichtsbeginn, betraten wir den Raum. Dieser unterschied sich in nichts von den Klassenzimmern, die ich aus meiner Welt kannte. Lange Tischreihen mit Unmengen an Stühlen, eine große Tafel, Bücher, ein paar Poster, bei denen es sich wohl um Portraits bekannter Schriftsteller handeln musste und ein Lehrerpult. Ein wenig mulmig war mir dennoch zu Mute, als ich keinen einzigen Autor, auf den Bildern, erkannte. Dennoch war ich positiv gestimmt. Immerhin war ich in Literatur immer gut gewesen. Céleste forderte mich mit einem Winken auf, mich neben sie zu setzen, wo ein Platz freigeblieben war. Erleichtert nahm ich das Angebot an.
Kaum war das Klingeln, das den Beginn der Stunde ankündigte, verklungen, hetzte ein älterer kleiner Herr herein. Er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf, die Restlichen standen ihm wirr in alle Richtungen vom rötlichen Schädel ab. Sein Gesicht war von Falten zerfurcht und alles andere an ihm wirkte fahrig und abgekämpft.
„Gut, dann herzlich willkommen zurück aus den Ferien. Ich hoffe wir werden ein angenehmes neues Schuljahr miteinander verbringen.“ Ohne aufzusehen, kramte er weiter in seinen Unterlagen. „Für alle, die mich noch nicht kennen. Mein Name ist Herr Hubbe. So und nun holen Sie bitte die Lektüre heraus. Wir werden uns die nächste Zeit mit diesem klassischen Stück befassen.“
Ich war noch nicht dazu gekommen in dem Buch zu blättern und war nun gespannt darauf. Als ich jedoch sah, dass Céleste neben der Lektüre ein Wörterbuch liegen hatte, ahnte ich nichts Gutes. Ich hatte dieses gar nicht mitgenommen, da ich es nicht mit diesem Fach in Verbindung gebracht hatte. Nun schlug ich mein Buch auf und war erst einmal fassungslos. Ich erkannte kein einziges Zeichen darin. Das war weder Deutsch, Englisch noch sonst eine Sprache, die ich kannte oder deren Schriftzeichen ich zumindestens schon mal gesehen hatte. Nicht ein Buchstabe, sah auch nur annähernd aus, wie etwas das man lesen konnte. So etwas hätte ich vielleicht in einem Science Fiction Film erwartet, als außerirdischen Code, aber niemals als Sprache, die man in einer Schule lesen können musste.
Céleste deutete meinen entsetzten Gesichtsausdruck richtig. „Das ist Alt-Biramisch. Du kennst das wohl nicht?“ Ich musste die Frage nicht beantworten, mein Blick genügte.
„Es ist nicht so schwer.“
Diese Erklärung machte es nicht wirklich besser.
„Du kannst das Wörterbuch zur Hilfe nehmen, wenn dir der Satz nicht ganz klar ist.“ Freundlich schob sie ihres in die Mitte, so dass ich es mitbenutzen konnte. Wenn das Problem nur darin läge, dass ich den Satz nicht ganz verstand… Ich erkannte ja nicht einmal, was hier ein solcher war!
„Gut, ich hoffe Sie haben bereits angefangen etwas darin zu lesen, denn wir werden über die Absichten von Lacrima und Caelum sprechen. Was glauben Sie bewegt die Protagonistin zu diesen drastischen Schritten? Wie fühlt sie sich in diesem Moment?“
Ein Mädchen meldete sich. „Ich denke, sie weiß, dass es die letzte und einzige Möglichkeit ist. Ihr bricht dabei zwar das Herz, aber sie kann sich gar nicht anders entscheiden. Wichtig finde ich dabei die Worte „allfertis“ und auch
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