Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
machen wir einen Kostenvoranschlag. Es folgt eine Bedenkzeit von acht Tagen, anschließend werden Kliniktermine vereinbart; danach sind die ersten 2000 Euro Vorschuss fällig; vierzehn Tage vor der OP muss der Rest bezahlt werden.
Schließlich ist es soweit. Der Mann bringt seine Trophäenfrau, und wir machen die entsprechenden Eingriffe und Behandlungen. Sehr viele Patientinnen könnten unsere Klinik nach einer Woche wieder verlassen. Meistens bleiben sie ein bis zwei Wochen bei uns; das ist purer Beauty-Urlaub am Bodensee. Wir haben alles da: Zahnarzt, Kosmetik, Fitness, Friseur. Die meisten werden in dieser Zeit nicht von ihren Männern besucht. Ich habe den Eindruck, dass sie ihre Frauen vorher gar nicht sehen wollen, so mit Verbänden etc. Die wollen das fertige »Produkt« präsentiert bekommen und sich
über so viel neue Schönheit freuen. So wie beim Kauf eines neuen Porsche, wenn man bei der Abholung feierlich in den Showroom geführt wird. Und dann muss die aufgefrischte Dame dem Bekanntenkreis und der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Auf Partys im kleinen Schwarzen oder im knappen Bikini bei einem Urlaub auf Sylt oder St. Barth. Damit jeder sehen kann, was für eine Zuckermaus der Meister sein eigen nennt.
So ein Typ ist unsere Fußball-Legende Lothar Matthäus Gott sei Dank nicht; als seine 26 Jahre jüngere Freundin und spätere Ehefrau Kristina Liliana im Evangelischen Krankenhaus zu Wien im Frühjahr 2008 eine etwas fülligere Oberweite bekam (was ausdrücklich nicht auf seinen Wunsch geschah, sagt er), war Matthäus sofort in der Klinik. 48 Stunden habe Lothar sie rührend umsorgt, sagt Kristina Liliana. Es gibt eben noch Gentlemen; außerdem hat Matthäus einschlägige Erfahrungen: Auch seine serbische Exfrau Marijana hatte ihre Brüste vergrößern lassen, natürlich ebenfalls auf eigenen Wunsch.
Die meisten Paare aus Russland schämen sich ihrer Begeisterung nicht, wenn sie meine Klinik verlassen. Das wirkt sich dann sehr positiv auf das Trinkgeld für das Stationspersonal aus. Ist die OP super verlaufen, werden manche regelrecht süchtig. Die wollen immer mehr, hier ein neues Teil, dort ein anderes. Aber nicht mit mir. Da stoße ich an die Grenze meines Berufes und meiner Vorstellung von einer positiven, wertvollen Schönheitschirurgie.
6. Schönheitswahn – Die Verlogene Gesellschaft
»Eitelkeit ist die Gabe, sich noch wichtiger zu nehmen, als man sich fühlt.« Victor De Kowa
Die menschliche Eitelkeit ist ein Wesenszug, ohne den der Beruf des Schönheitschirurgen nicht denkbar wäre. In erster Linie treibt Eitelkeit die Patienten zu meinen Kollegen und mir. Befriedigte Eitelkeit kann starke Glücksmomente auslösen, das heißt, die Patienten führen danach ein besseres Leben. Die Eitelkeit ist für mich ein bedeutender medizinischer und wirtschaftlicher Faktor geworden; deshalb muss ich mich auch beruflich damit beschäftigen. Am ausgeprägtesten ist die Eitelkeit in der sogenannten besseren Gesellschaft, in der jede(r) vor allem nach seinem/ihrem äußeren und wirtschaftlichen Stellenwert beurteilt wird. Also sind die Leute bemüht, ihre vermeintlichen Vorteile so deutlich wie möglich in den Vordergrund zu stellen. Und das Publikum erlebt einen Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Mein Beruf besteht nicht nur aus dem medizinischen Handwerk; ich bin häufig in Sachen Kontaktpflege und als eine Art Botschafter der Bodenseeklinik unterwegs. Im Normalfall sieht das so aus: Die Patienten kommen zu mir nach Lindau oder in meine Sprechstunden in den Mang-Medical-One-Kliniken irgendwo in Deutschland, in der Schweiz, demnächst auch in Österreich und auf Mallorca. Oft sind es Leute aus der sogenannten besseren Gesellschaft; viele von ihnen bekannte Gesichter aus dem Showbusiness, aus Film und Fernsehen, Sport, Politik und Wirtschaft. Meine Karriere als öffent lich bekannter Schönheitschirurg habe ich mit Götz George im Münchner Klinikum rechts der Isar begonnen: Er hatte bei den Dreharbeiten zu einem »Schimanski«-Tatort einen Unfall erlitten, und ich musste ihm die Nase richten. Dunja Rajter, Jürgen Drews
und Costa Cordalis waren bei mir am Bodensee – und sind Freunde geworden; weitere Namen werde ich hier nicht nennen.
Die allermeisten sind mit meiner Arbeit mehr als zufrieden gewesen, und ich wurde häufig auf Partys, Feste und alle erdenklichen Events eingeladen. Dort bin ich meist der einzige Mediziner und somit irgendwie auch ein Paradiesvogel, den die »Süddeutsche Zeitung«
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