Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Dreißigjährige. Hier wird eine Generation übersprungen, aus durchsichtigen Motiven. Die Männer wollen Jugend, die Frauen Reichtum und Macht. Die Rechnung scheint aufzugehen, jeder kommt auf seine Kosten – nicht nur erst heute. Peinlich wird es offenbar, wenn gleich zwei Generationen übersprungen werden. Hier scheint die Symmetrie arg gestört.«
Und Eckart Haerter schreibt: »Es dürfte wohl zu allen Zeiten so gewesen sein, dass ein reifer Mann sich eine Neunzehnjährige im Bett erträumt. Dirty old men are sexy senior citizens – Lustgreise sind sexy Senioren … Zeitgemäß ist das Problem allemal. Peinlich ist es auch nicht, wenn eine Neunzehnjährige sich in einen Siebzigjährigen verliebt oder umgekehrt ein neunzehnjähriger Junge eine siebzigjährige Frau begehrt. Peinlich wird es erst, wenn ältere Herren ihr morgendliches Spiegelbild im Badezimmer verdrängen. Die wahre Attraktivität eines Mannes dürfte nicht unwesentlich davon abhängen, ob er seine Manneswürde bewahrt – in jedem Fall.«
Hier wird ein provozierender Trend angesprochen, der jenseits aller Geschmacksfragen durchaus einen moralischen Aspekt hat: Bevor der alte, reiche Knacker seine vor Jugendlichkeit nur so strotzende
Trophäenfrau mit auf seinen Besitz nimmt, wird meist vorher die betagtere Ehefrau wie ein altes Auto abgestoßen. Werte wie Liebe und Vertrauen werden mit Füßen getreten. Ich möchte mich hier nicht als Moralist oder Sittenprediger aufspielen, doch eines steht ja wohl fest: Solidarität, Charakter oder Treue werden diesem Trend wie im Vorbeigehen geopfert.
Ich bin seit 1985 verheiratet und lebe nach wie vor glücklich mit meiner (ersten!) Frau zusammen. In einem Teil meines (männlichen) Bekanntenkreises gelte ich damit als spießig oder gar rückständig. In Wahrheit bin ich in meiner Verhaltensweise in Bezug auf Ehe und Partnerschaft ein eher seltenes Exemplar geworden. Wenn man so will: ein solidarischer Nonkonformist! Ich bin jedes Mal peinlich berührt, wenn ich bei Partys und offiziellen Empfängen Männer meines Alters mit blutjungen Dingern protzen sehe. So leid es mir tut: Einen Altersunterschied von 20 plus finde ich nur lächerlich.
»Alter Sack« nimmt junge Frau – das ist heute chic. Kein Wunder, wenn sich Persönlichkeiten wie Franz Müntefering oder Silvio Berlusconi mit über dreißig Jahre jüngeren Gefährtinnen schmücken. Was geht in diesen Frauen vor? Liebe kann ich mir so nicht vorstellen. Es ist schön, zu sehen, wie sich junge Menschen verlieben, ein Leben planen, gleiche Interessen und auch die gleiche Vitalität haben. Es wäre für mich unakzeptabel, wenn meine Tochter einen über dreißig Jahre jüngeren Mann als Freund oder gar Ehemann hätte. Keiner kann mir erzählen, dass es da normale Liebesbeziehungen gibt. Ein junges Groupie verdreht ganz gezielt Kopf und Herz eines 60-plus-Mannes, Ehen und Familien werden ruiniert, und letztendlich wartet dann eine junge, strahlende Siegerin, bis der »Alte« stirbt. Ein Trauerspiel.
Berühmte Männer sind oft eine ziemlich leichte Beute. Unbekannte Frauen mutieren zu Promis.
Ich sehe in meiner Sprechstunde, dass Frauen es mit dem Älterwerden schon schwer genug haben. Gerade Frauen mit wesentlich jüngeren Männern sind Stammgäste bei mir, wenngleich es
die dickbäuchigen, alten Männer mit ihren jungen Mätressen viel notwendiger hätten. Früher waren diese Gespielinnen diskret und zurückhaltend, scheuten die Öffentlichkeit. Heute mutieren sie zu sogenannten Medienstars, wenn sie sich den passenden Partner geangelt haben. Das gilt auch für die modernen Groupies. Sie schmücken sich mit Stars wie Boris Becker oder Dieter Bohlen – und sind dann in den Medien präsent. Nichts gegen Verona Pooth, aber wer würde sie kennen, wenn sie nicht die Kurzzeit-Ehefrau von Dieter Bohlen gewesen wäre?
Und wäre jemals eine Barbara Becker in die People-Magazine gekommen, wenn sie nicht Boris Becker geheiratet hätte?
Das gilt umgekehrt natürlich auch für Männer. Wer kannte schon einen Martin Krug vor der Ehe mit Veronica Ferres? Inzwischen sieht man ihn häufiger auf Partys als Veronica Ferres, eine hervorragende Schauspielerin, die mit der Trennung offensichtlich die Reißleine gezogen hat. Martin Krug kenne ich gut aus Bodenseezeiten, als er noch Skianzüge verkaufte. Er ist ein netter Kerl, der aber, meiner Ansicht nach, die Prominenz nicht ganz verkraftet hat und jetzt wieder zur Normalität zurückkehren muss. Er wird von einer
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