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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Mang
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auf Altbewährtes setzen, erweisen sich einige in Liebesdingen als der Jugend weit aufgeschlossen. Die letzte Frau Willy Brandts, Brigitte Seebacher, ist 33 Jahre jünger als ihr Mann. Johannes und Christina Rau trennten oder verbanden 25 Jahre Altersunterschied... Müntefering nimmt offensichtlich an Willy Brandt Maß. Der war 23 Jahre lang SPD-Parteivorsitzender.«
     
    Ich möchte nicht über Glück oder Unglück zahlreicher prominenter Paare spekulieren, bei denen der Altersunterschied weit über zwanzig Jahre beträgt. Als da wären: der New Yorker Milliardär Donald Trump, Jahrgang 1946, und seine Frau Melanie, Altersunterschied: 28 Jahre; Formel-1-Manager Bernie Ecclestone, Jahrgang 1930, und Ehefrau Slavica, ein ehemaliges Model aus Kroatien, Altersunterschied: 28 Jahre; Kultstar Woody Allen, Jahrgang 1935, und Ehefrau Soon-Yi, Altersunterschied: 36 Jahre; Talkmaster Larry King, Jahrgang 1933, und Ehefrau Shawn Southwick-King, Altersunterschied: 26 Jahre; Fußball-Legende Lothar Matthäus, Jahrgang 1961, und Frau Kristina Liliana, Altersunterschied: 26 Jahre; Michael Douglas, Jahrgang 1944, und Ehefrau Catherine Zeta-Jones, Altersunterschied: 25 Jahre, Alt-Playboy Flavio Briatore, Jahrgang 1950, und
Ehefrau Elisabetta Gregoraci, Altersunterschied: 30 Jahre. Die einsamen Spitzenreiter: Johannes Heesters, Jahrgang 1903, und Ehefrau Simone Rethel-Heesters, Altersunterschied: 46 Jahre.

Goethe und die blutjunge Ulrike. Der Altersunterschied betrug 54 Jahre
    Wie bitter so eine Liebe enden kann, bevor sie überhaupt begonnen hat, musste Deutschlands Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) schmerzvoll erfahren. Er war bereits 71, als er sich 1821 bei einem längeren Kuraufenthalt in Marienbad in die erst siebzehnjährige Ulrike Sophie von Levetzow unsterblich verliebte. Das Mädchen hatte, mit ihrer Mutter und den beiden jüngeren Schwestern, den Sommer in dem mondänen Kurort verbracht. Goethe wollte dieses Mädchen um jeden Preis, sogar um den der Lächerlichkeit; er war wohl blind vor Liebe. »Kein Missbilligen, kein Schelten macht die Liebe tadelhaft«, rechtfertigt er sein Buhlen um die Trophäenfrau Ulrike. 1823 beschließt Goethe, das 54 Jahre jüngere Fräulein zu heiraten; sein Freund Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach spielt den Postillon d’Amour und Brautwerber. Der überbringt Amalie von Levetzow, der Mutter der Goethe-Angebeteten Ulrike, einen schriftlichen Heiratsantrag des berühmten Dichters.
    Der Landesfürst befürwortet die Ehe und verspricht der Familie der Umworbenen ein sorgenfreies Leben an seinem Hof. Doch die mittlerweile Neunzehnjährige gibt Goethe, dem Minister, dem mächtigen Intellektuellen-Idol, der lebenden Legende, einen Korb, der den Dichter am Boden zerstört. Sie habe noch keine Lust zu heiraten, lässt sie ihm ausrichten. Und er macht voller Seelenschmerz das, was er am besten kann: Er dichtet. Ein Werk über seinen Abschied von der Liebe, Lyrik auf einen vorweggenommenen Tod, so dramatisch sieht es der Dichter. »Marienbader Trilogie« heißt das Klagelied, das Goethe selbst als »Produkt eines höchst leidenschaftlichen Zustandes« bezeichnet. Da heißt es wörtlich: »Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.« Ulrike von Levetzow hat übrigens nie geheiratet,
sie stirbt 1899 im gesegneten Alter von 95 Jahren als Stiftsfräulein vom Heiligen Grabe auf ihrem böhmischen Landgut Trziblitz.
    Diese Geschichte zeigt uns anschaulich die bisweilen fatale Wirkung junger Frauen auf mächtige Männer in einem gewissen Alter. Als der Schriftsteller Martin Walser, selbst Jahrgang 1927, sich des Liebesleids des alternden Goethe annahm und den Roman »Ein liebender Mann« veröffentlichte, war es dem Internetforum im »Lesesaal« der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« ein eigenes Forum von Geisteswissenschaftlern und Schriftstellern wert. Die Diskussionsfrage lautete: »Alter Mann, junges Mädchen – peinlich oder zeitgemäß?« Die Historikerin Ute Frevert, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, antwortete: »Dass das ›Lustobjekt‹ [Ulrike] … über ein halbes Jahrhundert jünger ist [als Goethe], stimmt bedenklich. Mit einem Vierteljahrhundert möchte es ja noch angehen, dafür steht die zeitgenössische Variante der trophy wifes. Reiche, beruflich erfolgreiche Männer um die fünfundfünfzig oder sechzig heiraten hübsche, unbeschriebene Fünfundzwanzig- bis

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