Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
sich an die Klinikleitung .
Winterhalter drehte sich in dem Moment um. Sofort erschien ein frohes Lächeln auf seinem Gesicht. Er zeigte auf das Schild und hob seinen Daumen hoch.
Die Trägergesellschaft, der die Kurklinik Sachsenglück angehörte, hatte reagiert und das komplette Personal bis auf Weiteres in Urlaub geschickt. Beinahe zeitgleich mit der Abreise von Frau Güstrow war ein Vertreter der Trägergesellschaft aufgetaucht und hatte Clara von Hohenstetten in ihr Büro zitiert. Dort hatte er ihr die sofortige Kündigung ausgesprochen. Frau Doktor hatte das mit einem bleichen Gesicht zur Kenntnis genommen. Ohne Widerspruch.
Die Kurgäste, die erst angereist waren oder noch ihre Kur beenden wollten, wurden auf andere Kliniken in Bad Elster oder Bad Bramberg verteilt.
Pütz verspürte sofort wieder dieses Gefühl in ihrem Magen, als sie auf Winterhalter zuging.
„ Hallo, hast Du schon alles dabei?“, fragte Winterhalter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Es war ihr immer noch ein wenig fremd, dass sie sich nun duzten. Dennoch genoss sie es.
„Ja, mehr ist es nicht“, sagte sie und hielt ihm auch noch die andere Wange hin. Pütz war nie eine große Romantikerin gewesen, eher eine Wissenschaftlerin und Analytikerin, doch in diesem Moment hätte sie sich eine etwas überschwänglichere Begrüßung gewünscht.
Vielleicht geniert er sich mitten in der Eingangshalle.
„Die verlieren ja echt keine Zeit“, sagte Winterhalter und deutete erneut auf das Schild. Er hielt den Strauß noch immer in der Hand.
„Ja, mir soll es egal sein. Ich reise ab.“
Marie bekam einen Freudenkoller und hüpfte wie ein Gummiball an Pütz hoch. So lange, bis die ihre Trollys abstellte, um sie gebührend zu begrüßen.
Der Welpe warf sich sofort auf den Rücken und ließ sich ausgiebig den Bauch kraulen. Winterhalter beobachtete die beiden mit einem angestrengten Gesicht, was auch Pütz nicht verborgen blieb.
„ So, jetzt ist es gut“, sagte sie schließlich und richtete sich wieder auf.
Winterhalter verzog seinen Mund zu einem gequälten Lächeln.
„Was ist? Du siehst irgendwie so nachdenklich aus. Ärger mit der Redaktion?“, fragte Pütz und umfasste den Plastikgriff des Trollys.
„Nein, das ist es nicht …“, fing er an und Pütz spürte, dass ihm etwas auf dem Herzen lag, wofür er nach einer Formulierung suchte.
Ihre Augen wanderten ruhig Hin und Her, um ihm den Stress zu nehmen, den er sich anscheinend selber machte. Er hob die Hand, in der er noch immer den Blumenstrauß hielt.
„Es ist nur wegen dem, was ich Dir gestern versprochen habe“, sagte er und legte seine Hand auf ihren Arm.
Was kommt denn jetzt? Welches Versprechen?
„Achja“, sagte sie und lächelte ihn ebenfalls leicht zerstreut an.
„Ich meine … ich habe ja gestern gesagt, dass ich etwas dazu sagen werde, wenn ich eine Antwort weiß“, formulierte er umständlich.
Bei Pütz fiel der Groschen. Sie kapierte, was er ihr sagen wollte. Dennoch ließ sie ihn weiter zappeln.
„Ja“, antwortete sie und zog den Vokal in die Länge.
Der verwirrte Ausdruck auf Winterhalters Gesicht begann sie zu amüsieren.
„Ich möchte, dass Sie … nein … ich möchte, dass Du mit mir in die Schweiz kommst. Nicht für immer … nein, für eine Weile, bis es dir besser geht oder Du eine Therapie für deine Zählmacke antreten kannst“, sagte er und war sichtlich erleichtert, es endlich ausgesprochen zu haben.
Pütz starrte ihn an. Ihr Mund klappte auf. Pure Verblüffung.
Ach du meine Güte!
Zwischen Winterhalters Augenbrauen entstand eine steile Falte.
Du solltest jetzt etwas sagen!
Stattdessen starrte sie einfach weiter.
In seinen Augen machte sich die Enttäuschung breit. Er hob die Hand, als wolle er sich für seinen Vorschlag entschuldigen.
„Nein, das ist … ich meine, ja, das ist die süßeste Idee, die ich je gehört habe“, stotterte sie ebenfalls, weil ihr in ihrer Verblüffung gerade nichts anderes einfallen wollte, „Ich komme sehr gerne mit …das heißt, ich muss eigentlich erst nach Frankfurt. Aber ich würde dann sehr gerne nachkommen … wenn ich darf?“
Sie machte einen Hüpfer nach vorne und fiel ihm um den Hals. Diesmal drückte sie ihm keinen Kuss auf die Wange, sondern gab ihm einen Kuss auf den Mund. Weil er es sonst wahrscheinlich nicht mehr tun würde, nahm sie ihm endlich den Strauß aus der Hand.
„Danke!“
Winterhalter war überwältigt von ihrer Spontanität. Er sah ein wenig aus wie ein Kind, was
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