Vermählung um Mitternacht
erst einmal das Vermögen verloren hat, wird er deine Projekte nicht mehr finanzieren können. Ich hingegen werde mehr Geld besitzen, als ich ausgeben kann.« Er drehte ihre Hand um und drückte ihr einen warmen Kuss aufs Handgelenk. »Vielleicht gelangen wir ja zu einer Übereinkunft.«
»Ich verhandele nicht mit Männern, die meinen Ehemann umbringen wollen.«
Er lachte. Bevor sie noch wusste, wie ihr geschah, hatte er sie schon aus dem Stuhl und auf seinen Schoß gezogen, wobei sie sich schmerzhaft den Rücken an der Tischplatte stieß.
»Lassen Sie mich los! «
Er packte sie um die Taille, wobei sich seine Hände fest in die bronzefarbene Seide gruben. In seinem Bück lag unverkennbar Entschlossenheit. Auf die eine oder andere Weise wollte er sie nehmen. Na gut, dachte Julia, die mit ihrer Geduld am Ende war. Ohne ein weiteres Wort schlang sie Nick einen Arm um den Hals und küsste ihn. Sie drückte ihm nicht nur sanft die Lippen auf den Mund, sondern küsste ihn voll Leidenschaft und Gier.
Hauptsache, sie konnte ihn von ihrer anderen Hand ablenken, die sich eben um die Servierhaube der Schinkenplatte schloss. Es gab einen richtigen Gongschlag, als sie ihm die Servierhaube auf den Kopf schlug, er sackte nach vorn. Dabei fiel er vom Stuhl und zerrte sie mit sich zu Boden. Julia riss sich am Stuhl die Wange auf.
Sobald Nicks Griff sich lockerte, rappelte sie sich auf und rannte zur Tür. Doch bevor sie in die Freiheit enteilen konnte, schloss sich ein Paar Hände um ihre Taille. Julia trat mit aller Kraft um sich, doch konnten ihre Abendschühchen wenig gegen die in Stiefeln steckenden Beine ihres Gegners ausrichten.
Nicks Hände gruben sich grausam fest in ihre Arme, als er sie zu sich herumriss. Blut tropfte ihm von der Stirn, rann an seinem Hals hinab und färbte sein Halstuch rot. »Hör auf«, zischte er. »Ich will dir nicht wehtun.« Er schüttelte sie, wie von Sinnen vor Zorn.
Julia biss die Zähne zusammen. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
Er hielt sie ein Stück von sich weg, ließ sie jedoch nicht los. »Wenn du noch einmal etwas derart Dummes tust, vergesse ich, dass du eine Dame bist. Hast du verstanden?«
Sie nickte und ballte die Fäuste.
»Dann komm und setz dich.«
Sobald er sie losließ, versetzte sie ihm mit aller Kraft einen Schlag.
Sein Kopf flog zurück, und Nick stolperte, fiel über einen Hocker und ging zu Boden. Allerdings hatte der Schlag wenig mehr bewirkt, als ihn zu ärgern, denn er kam sofort wieder auf die Füße und stürzte sich mit zornigem Geschrei auf sie.
Doch dieser kurze Moment reichte Julia, um so schnell wie möglich zur Tür hinaus und den Flur hinunterzurennen. Hinter sich vernahm sie das Dröhnen von Stiefeln, die rasch näher kamen. Julia sah vor sich die riesige Eichentür, packte den Griff, riss sie auf ... und hastete direkt in Alecs ausgebreitete Arme.
30. KAPITEL
»Liebe Güte, was für ein reizendes Bild.« Nicks Stimme klang zornig und kalt.
Alec nahm Julia fester in die Arme. Im bleichen Morgenlicht glänzte der Lauf der Duellpistole, die auf sie gerichtet war.
Gott sei Dank hatte Alec sich Luciens Kutsche für diese wilde Jagd geliehen: Die Füchse waren ein hervorragendes Gespann, und außerdem bewahrte der Herzog unter dem Sitz immer eine geladene Waffe auf - die nun in der Tasche von Alecs Kutschermantel steckte. Nick wies auf die Tür. »Bring sie rein.«
Julia entzog sich Alecs Umarmung und blickte zu ihm auf. Ihren Mund umspielte ein Lächeln. »Ich hatte schon Angst, dass du mich nicht findest.«
Alec wollte sich nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn er nur ein wenig später gekommen wäre. Begierig sog er ihren Anblick in sich auf und suchte sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Das Haar fiel ihr ungeordnet um das bleiche, erschöpfte Gesicht und auf die Schulter, doch ihre Augen über der blutigen Schramme auf der Wange glänzten.
Sanft wischte er ihr das Blut ab. Zorn übermannte ihn, und er starrte Nick wütend an. »Zur Hölle mit dir. Dafür wirst du büßen.« Nick zielte auf Julia. Vielsagend meinte er: »Eine verirrte Kugel bringt unter Umständen mehr Schmerzen als eine gut gezielte. Beweg dich, Alec. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.«
Vor Zorn knirschte Alec mit den Zähnen, doch er zwang sich, ganz ruhig zu erwidern: »Das ist eine Sache zwischen uns beiden, Nick. Lass Julia gehen.«
»Damit sie die Wache holen kann? Das wäre nicht sehr klug.« Alec überlegte, ob er sich auf Nick werfen sollte, weil
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