Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Rückzug.«
    Eadulf sagte nichts, als Aldhere wieder innehielt.
    »Als ich Egric aufsuchte, um zu sehen, wie es ihm ging, und ihm die gute Nachricht zu bringen, daß wir die Mercier geschlagen hatten, sah ich, wie sein Blut verströmte, fand ihn aber voller Groll und Vorwürfe. Statt die volle Verantwortung für seine schlechte Aufstellung und die daraus folgende Niederlage und schließlich auch seinen Tod zu übernehmen, beschimpfte er mich wütend, selbst als er schon die letzten Atemzüge tat. Er behauptete, ich wäre ein Feigling, ich hätte mich versteckt gehalten, bis er besiegt war, und hätte nichts unternommen, um seine Flanke zu decken. In diesem Zorn starb er.«
    Schweigen trat ein, bis Eadulf die erwartete Antwort gab.
    »Aber es war doch seine eigene Schuld.«
    »Er war ein Vetter des Königs, und die Überlebenden seinerLeibwache trugen seine letzten Worte König Ealdwulf zu. Ich wurde in den Palast des Königs bestellt, um mich für meine Feigheit zu verantworten. Das waren genau die Worte, mit denen ich vorgeladen wurde. Da wußte ich, wenn ich hinginge, gäbe es nur eine Lösung: meine Hinrichtung.«
    »Darum hast du beschlossen, der Vorladung des Königs nicht zu folgen?«
    »Das ist der Grund, weshalb ich noch am Leben bin.« Aldhere verzog das Gesicht.
    »Der König hat dich geächtet?« Eadulf schnalzte mitfühlend mit der Zunge. »Die Vorladung des Königs zu mißachten war aber falsch, meine ich.«
    Aldhere schüttelte den Kopf. »Du glaubst, ich hätte hingehen und mich verteidigen sollen? Die Männer, die bei mir waren, beschlossen, sich dem Gericht des Königs zu stellen, und Botulf ging mit ihnen.«
    Eadulf fuhr auf. »Wieso Botulf?«
    »Weil zu dieser Zeit Bruder Botulf nach Bretta’s Ham, wo ich herrschte, gekommen war, um das Wort des Glaubens zu predigen. Auf die Nachricht vom Angriff der Mercier hin erbot er sich, meine Kriegerschar zu begleiten, damit wir in der Stunde der Not nicht ohne geistlichen Beistand seien. Er blieb während der Schlacht bei meinen Männern, stand an meiner Seite, nur bewaffnet mit dem Kruzifix als dem Symbol seines Glaubens. Er wußte, daß Egrics Beschuldigungen nicht stimmten. Er ging als mein Bevollmächtigter zu König Ealdwulf.«
    Eadulf war es klar, daß Aldhere die Wahrheit sagte. Wer Botulf kannte, zweifelte nicht an der Geschichte. Eadulf wußte, wie tapfer sein Freund war.
    »Aber er erreichte nichts?«
    »Er konnte König Ealdwulf nicht überzeugen, der den Worten seines toten Vetters mehr glaubte als denen meiner Männer. Die drei Krieger, die ihn begleiteten, meine getreuen Unterbefehlshaber, wurden sofort zu Sklaven gemacht. Botulf schickte er in Aldreds Abtei zurück, von wo er ursprünglich gekommen war, und wies Cild an, daß Botulf den Umkreis von einer Meile um die Abtei nicht überschreiten dürfe.«
    Eadulf war entsetzt. »Aber das ist doch ungerecht! Das wußte ich nicht.«
    Aldhere lächelte spöttisch. »Erzähl mir nichts von Gerechtigkeit,
gerefa.
Nur die Mächtigen und Reichen können sich wirkliche Gerechtigkeit leisten.«
    Eadulf dachte an das System, das er in den fünf Königreichen von Éireann kennengelernt hatte, und sein Volk tat ihm leid.
    »Durch dieses Unrecht bist du also zum Geächteten geworden?«
    »Sobald ich hörte, was mit Botulf und meinen Männern geschehen war, nahm ich alle, die mir treu blieben, samt ihren Frauen und Kindern mit und zog mich in den Schutz dieses Moorlands und der Wälder zurück. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich wieder Verbindung mit Botulf, und er konnte mir sagen, wohin meine Männer als Sklaven gebracht worden waren. Später machten wir einen Überfall und befreiten sie, und so lebt unsere Schar seit einem Jahr, und manchmal stoßen noch neue Mitglieder zu uns, die sich auch als Opfer böswilliger Ungerechtigkeit betrachten.«
    »Das ist eine seltsame Geschichte«, bemerkte Eadulf.
    »Es ist eine Geschichte, wie sie heutzutage beim Südvolk öfter vorkommt. Wir überlassen zuviel Macht zu wenigen Menschen, die sie dann nach ihren Vorurteilen ausüben und nicht nach dem, was richtig und gerecht ist.«
    »Erzähl mir mehr von Botulf und von dem, was du über die Ereignisse weißt, die zu seinem Tod führten.«
    Aldhere nickte. »Dazu wollte ich noch kommen. Aber wie gesagt, heiliger
gerefa,
das ist eine Geschichte mit einer langen Vorrede. Botulf war für mich und meine Leute ein guter Freund geblieben, und er hoffte, Ealdwulf zu überreden, die Ächtung unserer Schar zu widerrufen.

Weitere Kostenlose Bücher