Verneig dich vor dem Tod
seiner Mönche diese Gegend absuchen, um dich zu fangen und zu hängen?«
Aldhere zog eine Braue hoch, doch das Lächeln wich nicht von seinem Gesicht.
»Es freut mich, daß du uns warnst, heiliger
gerefa,
denn das beweist mir, daß du ein anständiger Mensch bist. Von Abt Cild kann ich das nicht behaupten. Wir haben Cild beobachtet, seit er ins Marschland kam, aber er ist schon längst zur Abtei zurückgekehrt. Er wollte nur irgend jemanden beeindrucken. Was hätte sein halbes Dutzend Mönche gegen meine Kriegerschar ausrichten können?«
Eadulf wurde plötzlich klar, daß Aldhere zwanzig Mann bei sich hatte. Cild mußte gewußt haben, daß er ihnen nicht gewachsen war. Warum hatte er diese Täuschung inszeniert? Wen wollte er beeindrucken? Eadulf selbst? Die Gemeinschaft? Garb und seine irischen Krieger? Oder war das nur wieder eine von Cilds unberechenbaren Launen?
Inzwischen hatten alle die Pferde bestiegen, die ihnen von Männern gebracht worden waren, die sie wohl im Wald verborgen gehalten hatten, während der Angriff stattfand. Zwei von Aldheres Männern ritten als Vorhut ein Stück voraus, dann folgten Eadulf und Aldhere, die anderen blieben dahinter.
Aldhere ritt entspannt und saß locker im Sattel aufgerichtet. Er war offensichtlich zu Pferde aufgewachsen.
»Also, was wolltest du mir erzählen, was nur für meine Ohren bestimmt ist?« fragte der Geächtete, sobald sie sich in Bewegung gesetzt hatten.
»Abt Cild glaubt, daß du Bruder Botulf getötet hast.«
Ein ironisches Schnaufen verriet Eadulf, daß Aldhere nicht viel davon hielt, was Abt Cild glaubte. Doch Eadulf entnahm ihm noch mehr.
»Du weißt also, daß Bruder Botulf getötet wurde?«
»Das weiß ich«, antwortete Aldhere düster. »Und wenn du den Schuldigen suchst, mußt du mit Cild reden.«
»Behauptest du etwa, daß Cild der Mörder ist und nicht du?«
»Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?«
»Erzähl mir, woher du weißt, daß Botulf tot ist.«
Zum erstenmal wurde Aldheres Miene ernst.
»Was geht das dich an, Eadulf von Seaxmund’s Ham? Du hast mir erklärt, du bist gerade erst in Aldreds Abtei angekommen, und wie gesagt, wenn du klug bist, wirst du sie schnell wieder verlassen.«
Eadulf entschloß sich zur Offenheit.
»Es geht mich sehr viel an, Aldhere. Botulf war mein enger Freund von Kindheit und Jugend an. Als ich vor ein paar Wochen in Canterbury war, schickte er mir eine Botschaft, in der er mich aufforderte, in die Abtei zu kommen und spätestens gestern um Mitternacht dort zu sein. Ich schaffte es, mußte aber feststellen, daß er kurz vor meiner Ankunft ermordet worden war. Zum Beweis von Cilds Behauptung deiner Schuld erklärt einer der Brüder, er habe dich zu der Zeit bei der Abtei gesehen.«
Aldhere schwieg einen Moment.
»Das muß Wigstan gewesen sein, der mit Fisch für die Abtei von der Küste zurückkam. Den habe ich gesehen. Er hat recht. Ich war dort.«
Eadulf blickte ihn scharf an. »Gibst du jetzt zu …?«
»Spiel hier nicht den Narren, heiliger
gerefa.
Natürlich nicht. Hat dir Botulf mitgeteilt, warum du zu Aldreds Abtei kommen solltest? Oder weshalb du zu dieser bestimmten Zeit dort sein solltest?«
Widerwillig schüttelte Eadulf den Kopf.
»Ich habe Botulf nicht getötet«, sagte Aldhere plötzlich mit unterdrückter Leidenschaft. »Er war auch mein Freund. Ich war zur Abtei gekommen, um mich heimlich mit ihm zu treffen – wie dich hatte er auch mich aufgefordert, zu einer festgesetzten Zeit dort zu sein, in meinem Fall gestern im Morgengrauen.«
»Und dabei hat dich Bruder Wigstan gesehen?«
»Das leugne ich nicht.«
»Aber Botulf hast du nicht gesehen?«
Aldhere schüttelte entschieden den Kopf. »Während ich im Schatten des Wäldchens neben der Abtei auf ihn wartete, hörte ich einen Aufschrei. Ich beschloß, lieber nicht dort zu warten, bis ich wußte, was das zu bedeuten hatte.«
»Wie hast du dann erfahren, daß dieser Aufschrei bedeutete, daß Botulf tot aufgefunden wurde?«
»Durch Wiglaf. Er hat einen Verbindungsmann in der Abtei und hörte, daß dank Wigstans Aussage Cild behauptet, ich wäre der Mörder.«
»Warum haßt dich Abt Cild?«
Aldhere seufzte tief. »Das ist eine lange Geschichte, und sie hat eine noch längere Vorgeschichte.«
»Ich habe viel Zeit«, erwiderte Eadulf ohne Ironie.
»Dann gedulde dich, bis wir das Lager erreicht haben, dort werde ich dir bei einer Schüssel heißer Suppe diese Geschichte erzählen.«
Eadulf verfiel für eine Weile in
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