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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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beherrschen. Er wurde Krieger und verließ sich in seinen Kämpfen und Siegen auf die Kraft seiner Streitaxt und nicht auf seinen Verstand. Er war ein Einzelgänger, er konnte keine Truppen ordnen und keine Pläne machen. Bretta war der Meinung, ihm fehlten die Eigenschaften, unser Volk mit Gerechtigkeit zu führen. Er enterbte ihn und verkündete, daß nach seinem Tode ich ihm als Than nachfolgen sollte.«
    »Und Cild haßte dich deswegen?«
    »Natürlich. In unserer Jugendzeit war Cild davon ausgegangen, daß er Than würde. Da wurde ich ihm vorgezogen, sein jüngerer Bruder, vor dem er nun das Knie beugen mußte. Er war wütend auf unseren Vater und auf mich. Das war nicht gleich zu spüren, denn Cild verkündete, er schließe sich den Brüdern im Glauben an.
    »Kam das überraschend?«
    »Völlig überraschend. Cild interessierte sich nur für Kämpfe, Trinkgelage, Frauen und Macht. Mein Vater hatte recht – Cild wäre ein schlechter Than gewesen. Jedenfalls verließ er Bretta’s Ham, und das nächste, was wir von ihm hörten, war, daß er nach Connacht im Lande Éireann gegangensei, um in den Dienst des Glaubens zu treten. Unser Vater starb, während er fort war, er fiel im Kampf für den König gegen die Streitkräfte des Königs Wulfhere von Mercia. Darauf wurde ich Than. Das war vor drei Jahren.«
    »Wann kehrte Cild zurück?«
    Aldhere rieb sich die Nase und überlegte.
    »Ich glaube, das war kurz vor der großen Ratsversammlung im Königreich Northumbria …«
    »Der Synode von Whitby?« fragte Eadulf.
    »Richtig, der Ratsversammlung in Hildas Abtei.«
    »Wann hast du erfahren, daß er zurück war?«
    »Als ich hörte, daß er zum Abt ernannt worden war. Nachdem seine Frau gestorben war, vertrieb er die meisten Brüder aus Aldreds Abtei und erklärte sie zur geschlossenen Gemeinschaft.«
    »Deinem Ton entnehme ich, daß du sein Vorgehen als unrechtmäßig ansiehst«, meinte Eadulf.
    »Nein, heiliger
gerefa,
denn er hatte die Unterstützung unseres Königs Ealdwulf, der sich Oswy von Northumbria anschloß mit seiner Erklärung, er werde künftig der Regel Roms folgen und nicht der Regel Columbans.«
    Eadulf erinnerte sich, daß der heilige Colmcille von den Angelsachsen Columban genannt wurde.
    »Aber du vermutetest … was?«
    »Was ich vermutete? Ich glaube nicht, daß ein Fuchs sich in ein Lamm verwandeln kann.«
    »Ebensowenig, wie dein Bruder seine Persönlichkeit in die eines friedliebenden, von christlicher Nächstenliebe erfüllten Menschen verwandeln könnte«, murmelte Eadulf.
    Aldhere grinste breit, sagte aber nichts.
    »Er muß dich sehr hassen, wenn er dir den Tod wünscht«,bemerkte Eadulf. »Bist du ihm seit seiner Rückkehr begegnet?«
    »Nur einmal. Als ich hörte, daß er Abt von Aldreds Abtei geworden war, suchte ich ihn auf.«
    »Sonst kam es zu keinem Treffen?«
    »Er machte sich allerdings auf, um meine Entehrung durch König Ealdwulf mitanzusehen.« Aldhere lachte. »Doch ich enttäuschte ihn, weil ich nicht dazu erschien.«
    »Hast du seine Frau kennengelernt?«
    »Die hatte er nicht verdient«, meinte Aldhere ruhig. »Sie war ein sanftes junges Geschöpf. Sie hieß Gélgeis. Ja, ich habe sie gesehen. Das war damals, als ich zur Abtei ging. Cild trug noch keine römische Tonsur und hatte sich noch nicht fürs Zölibat entschieden. Gélgeis war noch am Leben. Sie kamen zusammen in Aldreds Abtei.«
    »Wie ist sie gestorben? Weißt du das?«

    Ein seltsamer Ausdruck huschte über Aldheres Gesicht. »Warum interessierst du dich für Gélgeis, heiliger
gerefa

    Eadulf berichtete ihm, was sich in der Nacht zuvor in der Kapelle zugetragen hatte.
    Aldhere lehnte sich mit einem leichten Lächeln zurück. »Wenn ich dich in dieser Sache mit dem rituellen Fasten richtig verstanden habe«, meinte er schließlich, »dann haben diese armen Narren keine Chance, Cild zu zwingen, sich einem Gericht zu stellen. Wer weiß denn hierzulande etwas von diesem Ritual? Die Leute meines Bruders werden sie einfach umbringen, wenn sie eine Gelegenheit dazu bekommen.«
    Eadulf beugte sich vor. »Glaubst du, daß Gélgeis von deinem Bruder ermordet wurde?«
    Aldhere zögerte. »Möglich wäre es. Ich kann es nicht sagen. Sie verschwand eines Tages auf dem Wege durchs Moorland in der Nähe der Abtei.«
    »Hat Botulf jemals davon gesprochen? Er soll das Mädchen gut gekannt haben.«
    »Botulf? Davon hat er mir nie etwas gesagt.«
    Eadulf lehnte sich enttäuscht zurück. »Was weißt du von ihrem Tod?«
    »Sehr

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