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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Aber das war schwierig für ihn, denn er war ja in der Abtei eingesperrt. Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Botschaft von ihm, daß ich mich mit ihm in dem Wäldchen bei der Abtei treffen sollte, wie ich dir schon sagte. Das war gestern beim Morgengrauen. Den Rest weißt du bereits. Aber du kannst mir glauben, daß ich ihn nicht getötet habe.«
    »Hast du eine Ahnung, weshalb sich Botulf mit dir treffen wollte?«
    »Überhaupt keine«, antwortete Aldhere. »Ich vermute allerdings …« Er zögerte.
    »Was vermutest du?« hakte Eadulf ein.
    »Daß es etwas mit seinem Versuch zu tun hatte, den König zu überreden, das Urteil über mich und meine Leute zu überdenken. Er hatte versprochen, sich um eine Verbindung zu Sigeric zu bemühen, dem Oberhofmeister des Königs, und ihm meinen Fall erneut vorzutragen.«
    »Sigeric? Lebt der noch?«
    »Ja, und er hängt beharrlich den alten Göttern an. Doch er ist hochgeachtet beim König und sogar bei den Bischöfen wegen seiner Gesetzeskunde.«
    Eadulf überlegte einen Moment und kehrte zum Thema zurück. Sackgassen mochte er nicht.
    »Vor ein paar Tagen erhielt ich in Canterbury eine Botschaft, die mich zur Abtei bestellte. Botulf hatte anscheinend erfahren, daß ich inzwischen wieder dort war. Er bat mich dringend, vor der gestrigen Mitternacht in der Abtei zu sein. Ich sehe da keinen Zusammenhang.«
    Aldhere zuckte die Achseln. »Ich auch nicht. Allerdings begann gestern das zwölftägige Julfest. Das ist das einzige, was ich mit dem Datum und der Stunde verbinde.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, daß das in bezug auf Botulf etwas zu bedeuten hätte.« Eadulf rieb sich die Stirn mit den Fingerspitzen. »Eins ist mir noch unklar. Cild ist ein sehr kriegerischer Mensch für einen christlichen Abt. Er war schnell bereit, dich zu beschuldigen und mit einer Schar schwerbewaffneter Mönche auszureiten, um dich zu jagen. Ich hatte keinen Zweifel, daß er dich hängen wollte, wenn er dich bekäme. Deshalb ritt ich hinterher, um dich zu finden – um eine Ungerechtigkeit zu verhindern.«
    Aldhere lachte grimmig. »Dafür bin ich dir dankbar, heiliger
gerefa
. Du scheinst ein Mann von gleichem Schlage wie der arme Botulf zu sein.«
    »Eins möchte ich noch wissen«, beharrte Eadulf. »Erzähl mir von deinem Verhältnis zu Abt Cild. Aus welchem Grunde seid ihr so verfeindet? Ich glaube nicht, daß es nur daran liegt, daß der König dich geächtet hat.«
    Aldhere schüttelte mit einem seltsamen Lächeln den Kopf. »Cild war früher auch ein Krieger. Im Herzen ist er ein Kriegsherr geblieben. Er versteht genug von der Kriegführung, um zu wissen, daß in dem Gefecht bei Bretta’s Ham der Fehler nicht bei mir lag.«
    »Wie erklärst du dir dann seine heftige Abneigung gegen dich? Sie geht so weit, daß er die Gelegenheit nutzen würde, dich zu hängen.«
    Aldhere kniff die Lippen zusammen. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Das hast du schon mehrmals gesagt. Davon wird sie auch nicht kürzer. Fangen wir lieber damit an. Was steht zwischen Cild und dir, das solche Feindschaft erzeugt?« Aldhere hob eine Schulter.
    »Sie wurzelt in der Tatsache, daß Cild und ich denselben Vater und dieselbe Mutter haben.«
    Einen Moment wollte Eadulf seinen Ohren nicht trauen. Schließlich sagte er: »Dann seid ihr also …?«
    »Cild und ich sind Brüder«, bestätigte Aldhere.

KAPITEL 7
    In seiner momentanen Verwirrung begriff Eadulf nur eins. Jetzt wußte er, warum ihm Aldheres Gesicht so bekannt vorgekommen war. Er schaute in das Ebenbild der Züge Abt Cilds.
    Aldhere lachte über seine Verblüffung. »Du siehst überrascht aus, heiliger
gerefa.
«
    Eadulf nahm seine Gedanken zusammen. »Ich bin entsetzt, daß Cild so wütend ist auf seinen eigenen Bruder – so sehr, daß er ihn umzubringen trachtet.«
    Der Geächtete verzog das Gesicht. »Brudermord ist unserem Volk nicht fremd, mein Freund, vor allem nicht unter denen, die nach Macht streben.«
    »Das mußt du mir erklären.«
    »Das läßt sich leicht erklären. Cild und ich sind beide die Söhne von Bretta. Cild ist der ältere …«
    »Aber du wurdest Than von Bretta’s Ham«, warf Eadulf ein.
    »Eben. Unser Vater Bretta mochte meinen Bruder nicht. Als Kind bekam Cild oft Wutanfälle. Einmal ging er so weit, eine schwarze Katze, die unserer Mutter gehörte, auf dem Altar unserer Kapelle zu schlachten mit der Begründung, er glaube an Wotan und nicht an Christus. Auch als Halbwüchsiger konnte er sein schreckliches Temperament nicht

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