Verplappert
dünner Baum bei Sturm. Doch er blieb auf seinem scheinbar bequemen Platz. »Die glänzende Oberfläche des obersten Buches hat wohl Schlimmeres verhindert. Ich würde aber trotzdem noch mal mit Desinfektionsmittel drübergehen.«
»Desinfektionsmittel?« Träumte ich? Wie konnte sie nur so … nett sein? Und wieso schien es für sie kein Problem zu sein, in einer fremden Wohnung, zu einer unchristlichen Uhrzeit Papageienscheiße erst wegzuwischen und dann die dreckigen Sachen auch noch desinfizieren zu wollen? Irgendwie überforderte mich das Ganze hier gerade.
»Ja.« Sie drehte sich zur Eingangstür. »Ich könnte es eben holen, wenn Sie wollen.«
Ich guckte zwischen ihr und Frodo hin und her. Einfach nicht wundern. Erst mal das Wichtigste. »Sie scheinen sich mit ihm ja gut zu verstehen. Könnten Sie mir vielleicht helfen, ihn in seinen Käfig zu kriegen?«
Meine Nachbarin drehte den Kopf etwas und Frodo beugte sich nach vorne, als wollte er ihr einen Kuss geben.
Ich war eingeschlafen und hatte gerade einen Papageien-Albtraum. Ja, das musste es sein. Anders war es nicht zu erklären, dass dieses verfluchte Vieh sich gerade an meine gut aussehende Nachbarin ranschmiss.
»Nein, nein«, murmelte sie und wich Frodos Schnabel aus. »Möchtest du jetzt in deinen Käfig und ein bisschen schlafen?«
Frodo wippte mit dem Kopf auf und ab, als hätte er alles verstanden und würde ernsthaft drüber nachdenken. Dann glotzte er mich an und krächzte: »Lesbe.«
»Duuu.« Ich stapfte auf ihn zu, doch meine Nachbarin wandte sich – samt Frodo – von mir ab und schlenderte zum Käfig.
Sie bückte sich etwas und als wäre es ein oft geübter Trick, hüpfte er von ihrer Schulter in den Käfig.
Mit einem Sprung erreichte ich den Käfig und schloss Frodo ein. »Sehr gut. Danke.«
»Gern geschehen. Er scheint echt ein ganz Lieber zu sein.« Mit einem Finger, den sie durch die Gitterstäbe schob, kraulte sie Frodos Bauch.
Der rückte daraufhin näher ans Gitter, plusterte sich etwas auf und machte ein Geräusch, das am besten als Raunen beschrieben werden konnte.
»Er ist aber auch ein Süßer.« Sie ließ den Blick durch das Zimmer streifen. Dann sah sie mich an und sagte: »Ich schau mir jetzt am besten mal Ihre Wunden an.«
Sie wollte mich anfassen? Mir wurde ganz heiß. Nein, lieber nicht, sonst würde ich röter als jede reife Tomate werden. Ich hatte mich heute Nacht schon genug lächerlich gemacht. »Nein, danke. Es tut gar nicht mehr weh. Echt nicht.«
Meine Nachbarin runzelte die Stirn. »Sind Sie sicher?«
Wenn sie mich dabei nur nicht so angesehen hätte. Aber nein, ich musste stark sein. »Ganz sicher.«
Zögerlich stand sie auf. »Wie Sie meinen. Ich geh dann mal besser.«
Automatisch sah ich auf die Wanduhr über dem Schreibtisch. Mittlerweile war es schon kurz vor fünf. Ob sie vielleicht …? »Kann ich Sie vielleicht als Dankeschön für alles nachher zum Frühstück einladen? Der Bäcker hier schräg gegenüber macht, glaub ich, in etwa einer Stunde auf. Ich könnte … oh, verdammt. Ich hab keine Marmelade oder so im Haus. Aber Kaffee krieg ich da sicher auch.« Peinlicher ging es ja wohl nicht.
Meine Nachbarin ließ den Blick durch den Raum streifen. »Ich hab eine bessere Idee. Sie holen Brötchen und Croissants und ich bereite in meiner Wohnung Frühstück vor. Sollen wir uns um Viertel nach sechs bei mir treffen? Dann hätte ich Gelegenheit, mich fertig zu machen.«
Dagegen ankämpfen half nichts: Ich grinste von einem Ohr zum anderen. »Ja, gerne. Super.« Ich hatte zwar gerade Schlafzeug angezogen, aber wen interessierte das? Meine heiße Nachbarin wollte mit mir frühstücken. Das war wichtiger.
Sie strahlte. »Sehr gut. Tja, dann.« Sie betrachtete mich eine Weile, dann ging sie zur Balkontür.
Ich folgte ihr und öffnete die Tür.
Sie kicherte.
Was hatte sie denn?
»Schon witzig, dass Sie mich zur Tür bringen. Zur … Balkontür.«
Jetzt lachte ich auch. Sie schien echt einen tollen Sinn für Humor zu haben.
Meine Nachbarin streckte die Hand aus. »Ich bin übrigens Marion.«
Ich ergriff ihre warme Hand. »Ich bin Daniela.«
Für eine gefühlte Ewigkeit schauten wir uns an, ohne einander loszulassen.
Dann trat Marion zurück, lächelte noch einmal flüchtig, zog anschließend wieder ihre Pantoffeln aus und warf sie auf ihren Balkon. Danach begann sie die Klettertour auf ihren Balkon.
Eines musste man ihr lassen: Sie hatte einen knackigen Hintern. Definitiv.
Als sie auf
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