Verräter der Magie
einfiele, da hörte er ein furchtbares Schreien.
Ohne ein weiteres Wort sprang er von der Pritsche, schob die erschrockenen Magier zur Seite und sprintete los. Ihre Warnungen nahm er gar nicht mehr wahr.
Cian kannte dieses Schreien. Würde es überall auf der Welt erkennen. Schließlich hatte es ihn die letzten Tage fast in den Wahnsinn getrieben.
Kira war nicht weit von ihm, gleich hinter der nächsten Tür. Ihm war zwar nicht klar, wie er das spüren konnte, doch er zweifelte keine Sekunde daran, als er besagte Tür wegsprengte. Und da war sie.
In der Mitte des Raumes stand ein niedriger Tisch, an dessen Enden Eisenfesseln prangten. Bei dem Anblick fuhr ihm ein Schauer durch den Körper.
Kira saß zusammengekauert in einer Ecke. Auch ohne ihr Wimmern hätte er gewusst, wie verzweifelt sie sich fühlte. Er fühlte es schließlich selbst, als wären sie immer noch zwei Seelen in einem Körper. Verbunden durch ein unsichtbares Band, das auch ihre physische Trennung nicht zu zerstören vermochte.
Zwei Magier standen bei ihr. Sie hielten schwere Eisenketten in den Händen, schienen sich aber nicht näher an sie heranzuwagen.
»Was ist hier los?«, bellte Max, der hinter Cian aufgetaucht war.
»Ähm …«, machte der ältere der beiden Magier verlegen. »Wir wollten sie gerade losmachen, um sie in den Käfig zu bringen, und … da ist sie aufgesprungen und hat sich losgerissen. Dabei haben wir ihr vorher extra noch eine Spritze gegeben. Es tut uns ehrlich leid.«
»Dann steht nicht untätig herum! Bringt es wieder in Ordnung!«
Kira zuckte zusammen. Cian konnte sich gerade noch beherrschen, die Bewegung nicht nachzuahmen. Sie wisperte etwas, was er erst bei längerem Zuhören verstand.
»Cian, Cian«, brachte sie immer wieder schluchzend hervor. »Cian, wo bist du?«
Der jüngere der Magier fasste schließlich genug Mut und trat auf das kleine Häuflein Elend zu, das einmal Kira gewesen war.
Cian fiel es schwer, den Mann nicht hier und jetzt in der Luft zu zerreißen.
»Aufhören!«, rief er wutentbrannt und stürmte auf das Sidhemädchen zu. Jemand versuchte, ihn am Arm zurückzuhalten, aber er schüttelte ihn grob ab. Niemand durfte es wagen, ihn fernzuhalten.
»Kira?«, hauchte er und streckte vorsichtig die Hand nach ihr aus. Verschreckt zuckte sie zurück und er konnte spüren, wie sie ihre Magie kampfbereit in sich zu sammeln begann. »Kira, tu das nicht. Ich bin’s doch, Cian.«
Behutsam fasste er nach ihrem Gesicht und zwang sie, ihn anzusehen – zeigte ihr seine saphirblauen Augen.
Sie schnappte nach Luft. »Cian, bist du das wirklich? Wie kann das sein?«
»Sie haben uns getrennt und mir einen anderen Körper gegeben.«
Kiras Augen weiteten sich überrascht, dann blickte sie hinter ihn, zu den vielen Magiern und dem Eisen, und auf einmal kamen ihr die Tränen.
»Ich gehe nicht zurück ins Reservat«, sagte sie mit schwacher Stimme und richtete sich schwankend auf. »Nie wieder. Und ich lasse mich nicht an Eisen binden.«
Cian konnte sehen, konnte fühlen , wie erschöpft sie war, all die zahllosen Wunden und Prellungen, die sie in ihrem Rausch vorhin nicht gespürt hatten und die sich nun unbarmherzig bemerkbar machten. Dennoch stemmte sie die Hände in die Hüften und funkelte die Magier kampflustig an.
»Musst du auch nicht«, versuchte Cian sie zu beschwichtigen.
»Ach nein?«, ertönte es spöttisch hinten ihm. Eindeutig Evans Stimme.
Cian ignorierte ihn. »Dir passiert nichts, Kira. Ich verspreche es. Okay?«
Kira wirkte immer noch misstrauisch, aber da lag ein Flehen in ihrem Blick, ein verzweifelter Hilferuf. »Kein Eisen? Du schwörst es?«
»Ja.« Cian hob die Hand zum Schwur, dann streckte er sie nach Kira aus und lächelte sanft.
Kira lächelte kaum merklich zurück. Als würde sie sich jetzt erst erlauben, Schwäche zu zeigen, begann sie zu wanken. Ihre Augen flatterten. Cian machte einen Schritt nach vorne und fing sie gerade noch rechtzeitig auf, ehe ihr Körper den Boden berühren konnte.
»Cian, hast du den Verstand verloren? Was war das eben?«, fragte Evan atemlos, während er neben Cian durch einen langen Gang rannte. An seinem Ende lag Cians Apartment.
Cian trug die bewusstlose Kira in den Armen, ihren Kopf an seine Brust gebettet.
»Ich kann ihr das einfach nicht antun, Evan«, erklärte er nicht weniger atemlos.
Evan seufzte. »Ich weiß, dass du in letzter Zeit viel durchgemacht hast, und es muss sicher verwirrend für dich gewesen sein, dir einen
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