Verräter der Magie
sie auf Widerstand.
Man musste sie gefesselt haben. Fesseln aus Stahl, die sich wie Feuer in ihre Hand- und Fußgelenke brannten. Wutentbrannt bäumten sie sich auf. Streckten ihre unsichtbaren Fühler nach Magie aus, doch sobald sie welche fanden, entglitt sie ihnen. Frustration und Verzweiflung ließen sie erneut aufschreien.
Wie aus weiter Ferne hörten sie Stimmen.
»Schneller! Wer weiß, wie lange wir sie so halten können.«
»Ist der Körper bereit?«
»Hier ist ein Mann, der irgendwas von einem Kopfgeld schwafelt. Er droht, die Polizei zu rufen.«
»Dafür habe ich jetzt keine Zeit!«
Die Menschen um sie herum sprachen wild durcheinander. Nicht alles verstanden sie. Dafür waren sie viel zu beschäftigt mit dem Eindringling in ihrem Kopf, der in Dingen herumstocherte, die ihn nichts angingen.
Raus. Er musste raus da. Sofort!
Leere.
Es war plötzlich so leer in ihr.
Sie war nicht mehr vollständig. Nicht mehr vollkommen. Man hatte ihr etwas geraubt. Etwas sehr Wichtiges, das sie wie die Luft zum Atmen brauchte.
Wo war es? Wo war es nur hin? Sie musste es zurückhaben.
Unbedingt.
Als Cian erwachte, war ihm merkwürdig zumute. Da war kein einziger Gedanke in seinem Kopf, der nicht sein eigener war.
Kira schläft sicher , war das Erste, was ihm dazu einfiel, doch er konnte nicht einmal einen Traumfetzen von ihr wahrnehmen.
Jemand rüttelte ihn und fragte eindringlich: »Cian, Cian, bist du wach?«
Als er blinzelnd die Augen aufschlug, fand er eine große Gestalt über sich gebeugt, die verdächtig nach Max aussah.
Cian wollte fragen, was geschehen war. Was sie mit Kira gemacht hatten. Aber kaum hatte er ein Wort gesagt, hielt er erschrocken inne und griff sich an die Kehle.
Seine Stimme war nicht so hell und melodisch wie Kiras, sondern ein tiefer Bariton. Immer noch nicht seine eigene, aber definitiv männlich. Und unter den Fingern fühlte er einen ebenfalls sehr männlichen Adamsapfel.
Wie von der Tarantel gestochen, fuhr Cian hoch. Er erwartete, von dem verhassten Eisen zurückgehalten zu werden, doch zu seiner Überraschung hatte man ihm die Fesseln abgenommen. Er lag auf einer Pritsche und um ihn herum standen mehrere Magier: ihm unbekannte Gesichter, aber auch Freunde wie Evan und Max.
Dennoch rechnete er im ersten Moment noch damit, dass sie sich gleich auf ihn stürzen würden, und zuckte instinktiv zurück, als sich eine Hand nach ihm ausstreckte.
»Cian, bist du okay? Wie fühlst du dich?«, erkundigte sich Max, die Stirn besorgt in Falten gelegt.
»Was ist passiert?«, stöhnte Cian.
Ein alter Mann mit rötlichem Bart und dickem Bauch packte ihn am Kinn und leuchtete ihm mit einer kleinen Taschenlampe ungefragt in die Augen. Gereizt schlug Cian seine Hand beiseite.
»Noch kann ich das natürlich nicht genau feststellen, aber es scheint alles geklappt zu haben«, sagte der Alte.
»Was hat geklappt? Was, bei Danu, habt ihr getan?« Erst als er sah, wie Max bei dem Wort »Danu« noch mehr Sorgenfalten bekam, wurde ihm bewusst, dass er eine von Kiras Redewendungen übernommen hatte.
»Wir haben dich aus dem Körper des Sidhemädchens geholt«, erklärte er. »Das ist jetzt sicher alles sehr verwirrend, eure Seelen waren bereits dabei, miteinander zu verschmelzen. Wir konnten dich gerade noch rechtzeitig retten.«
Wie kann das sein? , dachte Cian. Eben noch waren sie in Billys Jeep durch die Gegend gebrettert … und dann? Er konnte sich noch an das unbegreifliche Glücksgefühl erinnern, als ihn all die Magie durchströmte. Aber wie war er von der Wiese hierhergekommen?
»Wessen Körper ist das?«, fragte er mit zittriger Stimme.
»Der eines jungen Magiers«, antwortete Max. »Er lag tagelang im künstlichen Koma. Seine Gehirnströme hatten längst ausgesetzt, daher hielten wir ihn für den idealen Kandidaten. – Also, wie fühlst du dich? Alles in Ordnung?«
»Ich weiß nicht. Ich denke schon. Wo ist Kira?«
Max zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Kira?«
»Das Sidhemädchen«, erklärte Cian ungeduldig.
»Keine Sorge, das Biest bist du endlich los«, schaltete sich Evan in das Gespräch mit ein. »Für ihren Transport wird schon alles vorbereitet.«
»Transport?«, fragte Cian und spürte, wie sein Herz schneller schlug. »Welchen Transport?«
Evan sah ihn an, als wären noch nicht alle seine Gehirnzellen zum Leben erwacht. »Sie bringen sie zurück ins Reservat. Was dachtest du denn?«
Cian wollte seinem Freund gerade an den Kopf schleudern, was ihm denn
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