Verräterische Lippen
also die zehntausend
Dollar nicht brauchen ?«
»Die
Bauern wären dankbar dafür«, parierte ich schroff. »Dann müßten sie weniger
Steuern zahlen .«
Rodriguez
warf Juarez einen Blick zu.
»Diese
Amerikanerin«, sagte Juarez. »Hatten Sie die Absicht, mit ihr ins Bett zu
gehen, bevor Sie die Leiche entdeckten ?«
»Der
Gedanke war mir allerdings durch den Kopf gegangen«, entgegnete ich bissig. »Wie
verbringen denn Sie Ihre Abende? Reißen Sie den Gefangenen Fingernägel aus ?«
»Ich
finde, Sie haben für den Augenblick genug Frauen in Ihrem Bett gehabt«,
bemerkte Rodriguez trocken. »Wie ich bereits sagte, müssen Sie sich vor allem
auf unser Problem konzentrieren .«
»Das
überlasse ich Ihnen«, gab ich wütend zurück. »Ich gehe jetzt ins Bett — allein !« Ich hielt den beiden die Tür auf. »Mein Honorar gewährt
Ihnen nicht das Recht, mein Sexualleben zu überwachen. Rufen Sie mich an,
sobald Sie irgendeine Information für mich haben — aber nicht früher .«
Sie
durchbohrten mich beide mit Blicken.
»Gehen
Sie nirgends hin, wo Sie nicht erreichbar sind«, sagte Rodriguez gepreßt, als
er an mir vorbeischritt.
Ich
drückte die Tür zu. Als ich mich umdrehte, fiel mein Blick auf die
blutbefleckte Matratze. Ich griff zum Telefon, klingte hinunter zum Empfang und
verlangte ein anderes Zimmer.
Das
Telefon weckte mich am nächsten Mittag um Viertel nach zwölf. Ich ließ es ein
dutzendmal läuten, bevor ich mich entschloß, den Hörer abzunehmen.
»Scheint
ja mächtig wichtig zu sein«, stöhnte ich. »Was gibt’s denn ?«
»Randy!«
Connies schrille, hysterische Stimme bohrte sich in mein Trommelfell. »Komm
schnell hier heraus !«
»Wo
hinaus, Connie?«
»Zu
dem Haus, wo ich arbeite — du weißt schon .« Sie machte
einen nervösen, verängstigten Eindruck.
»Dem
Haus dieses Amerikaners, von dem du mir gestern erzählt hast ?« fragte ich intelligent.
»Ja.«
»Die
Adresse hast du wohl nicht zufällig bei der Hand ?«
Connie
nannte mir Stadtteil und Straße.
»Besten
Dank. Was ist denn los? Hat er bereits versucht, sich dir unsittlich zu nähern?
Oder bist auch du inzwischen entführt worden ?«
»Mach
keine Witze, Randy«, sagte sie verzweifelt. »Es ist wirklich ernst, glaube ich .«
»Wirst
du mich mit den Einzelheiten erst beim Empfang überraschen, oder kannst du mir
vielleicht jetzt schon ein paar kleine Andeutungen machen ?«
»In
einem Zimmer hier wird ein Mädchen festgehalten. Ich habe es schreien gehört.
Mr. Crawfield — das ist mein Chef — tat zwar so, als
habe er nichts bemerkt, und ich habe auch nicht weiter gefragt, aber mir ist
unheimlich. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Randy. Kommst du bitte
her ?«
»Von
wo aus telefonierst du ?«
»Vom
Haus aus. Ich sollte auf der Terrasse Mittag essen, aber ich habe mich wieder
hineingeschlichen .«
»Es
könnte eine ganz logische Erklärung dafür geben, daß das Mädchen geschrien hat .«
»Und
zwar ?« fragte Connie zweifelnd.
»Bist
du sicher, daß sie eingesperrt ist ?«
»Ja.
Es ist noch ein zweiter Mann hier, von dem ich nicht weiß, wer er ist. Der hat
ihr ein Tablett gebracht. Ich habe gesehen, wie er die Tür aufschloß .«
»Geh
und iß erst einmal in Ruhe«, sagte ich. » Santangos einziger wahrer amerikanischer Held befindet sich auf dem Weg .«
Ich
legte den Hörer auf und begann wegen eines Mietwagens herumzutelefonieren. Es
dauerte eine Dreiviertelstunde, bis ich endlich einen aufgetrieben hatte, und
eine weitere, um die Adresse zu finden, die mir Connie genannt hatte.
Das
Haus war ein moderner Bau aus Holz und Ziegeln, der an einem zum Meer hin
abfallenden Hang klebte. Der große Vorgarten war von einer hohen Lehmmauer
umgeben, über die ich klettern mußte, um zum Haus zu gelangen. Das Tor war
nämlich abgeschlossen, und auf mein ausgiebiges Klopfen reagierte niemand.
Die
Gesamtanlage des Besitzes wirkte merkwürdig: der große Garten mit Kieswegen,
Rosensträuchern, Bananenstauden, Ziehbrunnen und Fischteichen, und dann das
Haus, das wie ein Schwalbennest am Berg hing.
Da
auch niemand die Haustür öffnete, schlug ich ein Fenster ein. Die Möbel wirkten
wie aus einem Science-fiction -Film: alles Chrom und
Plastik.
Connie
saß im Wohnzimmer, an einen Stuhl gefesselt. Ein Nylonstrumpf steckte ihr als
Knebel im Mund. Dabei hatte ich gedacht, daß Mädchen heutzutage gar keine
Strümpfe mehr tragen.
»Randy.
Wo bist du gewesen ?« japste sie, nachdem ich ihr den
Knebel
Weitere Kostenlose Bücher