Verräterische Lippen
will er denn...« Sie unterbrach sich, und ihre Augen wurden noch größer.
»Ich
weiß, was du denkst«, sagte ich. »Aber ich bin kein Spion. Ich habe nicht einmal
einen Revolutionär zu Gesicht bekommen. Wie hätte ich also mit der anderen
Seite Geschäfte machen können ?«
»Aber
warum sollte Mr. Juarez ausgerechnet dich und mich...« Ihr versagte die Stimme.
Die Vorstellung war zuviel für sie.
»Señor
Juarez ist fähig, über jeden alles zu denken, vorausgesetzt, es ist schlecht
genug«, erklärte ich voller Überzeugung. »Mach dir trotzdem keine Sorgen. Was
sie auch mit uns anstellen, es muß vorher von Präsident Mendez gebilligt werden .«
»Was,
meinen Sie, könnte Ihnen passieren, Señor Roberts ?« fragte Juarez scheinheilig, als er wieder hereinkam. Seine Stimme klang so
sanft, daß mir ein Frösteln über den Rücken lief.
»Sie
haben den verrückten Verdacht, ich könnte nicht auf Ihrer Seite stehen. Das
versuchen Sie vielleicht zu beweisen .«
»Was
veranlaßt Sie zu dieser Annahme, Señor Roberts ?«
»Gedankenübertragung«,
versetzte ich bissig. »Sie ist eine amerikanische Geheimwaffe .«
»Würden
Sie so freundlich sein, mir zu erzählen, wie es kam, daß Sie sich mit Señorita Caruthers heute nachmittag in
diesem Haus befanden ?« bat er mit unheilverkündender
Höflichkeit.
Ich
leerte mein Glas und kämpfte einen Augenblick mit mir, ob ich ihm antworten
oder ihm den Rücken zuwenden und mir einen neuen Whisky einschenken sollte. Ich
wollte ihn nicht noch mehr reizen und Connies Lage verschlimmern, andererseits
wollte ich aber auch den Whisky.
»Ich
mache uns beiden einen frischen Drink«, sagte Connie und nahm mir das leere
Glas aus der Hand.
Während
sie Scotch eingoß, berichtete ich Juarez die Einzelheiten.
»Haben
Sie zu Señor Roberts Geschichte etwas zu bemerken ?« wandte sich Juarez an Connie, als sie mir mein Glas reichte.
»Er
hat Ihnen alles erzählt«, bestätigte sie. »Ich weiß wirklich nichts über Mr. Crawfield . Eine Agentur hat mich hergeschickt. Ich habe ihn
erst heute früh kennengelernt. Er ist ein großer Mann mit grauem,
kurzgeschnittenem Haar. Er gab mir ein paar Geschäftsbriefe zu tippen, und was
dann geschah, wissen Sie .«
Juarez
nickte bedächtig. »Ich glaube tatsächlich zu wissen, was geschehen ist,
Señorita Caruthers . Wie lange kennen Sie Señor
Roberts schon ?«
Die
kleine Polizeitruppe hatte ihr Verwüstungswerk in Haus und Garten beendet. Auch
der letzte Mann kam ins Wohnzimmer und reihte sich hinter Juarez auf.
»Ich
habe ihn im Flugzeug kennengelemt — gestern«,
antwortete Connie.
»Dann
war das Ihr Plan ?« Juarez wählte seine Worte
mit Bedacht. Der enervierende Blick seiner dunklen Augen folgte Connie wie eine
hungrige Katze. »Mit diesem Mann im Flugzeug Kontakt aufzunehmen ?«
»Sie
sind verrückt«, schrie Connie. »Ich habe keine Ahnung, worum es hier geht. Ich
weiß nicht einmal, wer angeblich auf der anderen Seite stehen soll. Was
unterstellen Sie mir ?«
»Bitte,
Señorita Caruthers .« Juarez wandte sich an mich. »Sie
haben nichts hinzuzufügen, Señor Roberts ?«
»Höchstens,
daß Sie sich einen Fall aus den Fingern saugen und keinerlei Beweise dafür
haben«, erwiderte ich gepreßt. »Vergessen Sie dabei nicht, daß ich Jurist bin .« Da ihn das nicht zu beeindrucken schien, fügte ich hinzu:
»Ebenso wie Sie nicht vergessen sollten, daß ich als persönlicher Beauftragter
von Präsident Mendez hier bin. Er wird wissen wollen, welche Gründe Sie haben,
sich in meine Mission zu mischen .«
»Er
wird noch mehr wissen wollen, Señor Roberts«, sagte Juarez mit harter, bitterer
Stimme. »Zum Beispiel, was sein Beauftragter zu dem Zeitpunkt getan hat, als
Señorita Mendez ermordet wurde.«
»Ermordet ?« Ich starrte ihn fassungslos an.
»Dieses
Mädchen, das ich gehört habe...«, murmelte Connie.
»Dieses
Mädchen, Señorita Caruthers , war ein Phantasieprodukt
von Ihnen«, erklärte Juarez überzeugt. »Sie haben gelogen, um uns zu verwirren
und sich selber zu schützen. Die Leiche draußen im Ziehbrunnen ist jedoch sehr
real .«
»Sie
konnte schon eindeutig identifiziert werden ?« fragte
ich heiser.
»Wir
haben die Leichenteile identifiziert, Señor Roberts«, erwiderte er mit eisiger
Höflichkeit. »Der Körper war zerstückelt und das Gesicht eingeschlagen, aber
ich habe Señorita Mendez sehr gut gekannt. Ich glaube, daß eine endgültige
Identifizierung keine Schwierigkeiten machen dürfte
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