Verrat im Höllental
an seine Mutter geschrieben und dann noch Zeit
gefunden, zwei Kapitel in einem spannenden Geschichtsbuch zu lesen.
Er lag auf dem Bett. Wiederholt sah er
auf die Uhr. Er und Klößchen wollten die ersten sein beim Mittagessen. Damit
sie früh genug wegkamen.
Klößchen hatte bis in die Puppen
gepennt. Dann war er daran gegangen, seinen Schrank aufzuräumen, was seit Ende
der Sommerferien auf dem Programm stand. Aber er hatte immer wieder einen Grund
gefunden, sich vor dieser entsetzlichen Arbeit zu drücken.
Stöhnend und unter halblauten Flüchen
kramte er rum. Ein riesiger Karton füllte sich mit Krimskrams, der in die
Mülltonne gehörte. Aber Klößchen meinte, zum Wegwerfen sei das Zeug noch zu
schade.
„Ich bring’s runter in den Kofferkeller“,
verkündete er. „Ich fülle es in meine beiden Reisekoffer. Georg“, das war der
Chauffeur der Sauerlichs, „kann es dann abholen.“
„Paß auf, daß du dir nicht den Hals
brichst“, Tarzan blätterte eine Seite um. „Im Kofferkeller ist die
Deckenleuchte kaputt.“
„Brennt kein Licht?“
„Es brennt kein Licht.“
„Unmögliche Zustände in dieser Anstalt!“
schimpfte Klößchen. „Wie soll ich da meine Koffer finden — unter Hunderten? Ach
so! Ich habe ja Streichhölzer. Wo sind sie denn?“
Er kramte wie ein Geisteskranker, lange
vergebens, fand sie aber dann in dem Karton mit dem Plunder — ganz unten.
„So eine Schufterei!“ maulte er. „Und
das sonntags! Jetzt spachteln wir erstmal, ja? In den Kofferkeller gehe ich
nachher.“
Auch Tarzan hatte Hunger. Sie verließen
das ADLERNEST und liefen die Treppe hinunter.
Vor dem Speisesaal machte Studienrat
Pflümer einen Schüler zur Schnecke, einen kleinen, spilligen, der auf den Namen
,Fels, Edler von Seufzerhausen’ hörte, aber nicht danach aussah. Er war knapp
zwölf und hatte im Klo geraucht. Bei geschlossenem Fenster.
Pflümer, ein Nichtraucher, hatte die
Missetat erschnuppert und dem Edlen eine reingehauen, daß dessen rechte
Gesichtshälfte brannte. Auch derartige Züchtigung war verboten, aber wenn
Pflümer Sonntagsdienst hatte als EvD (Erzieher vom Dienst), kannte sein
Grant (schlechte Laune) keine Grenze. Er war ein großer, fetter Typ, der
seinen Bauch vor sich herschob wie ein Geländewagen seinen Kuhfänger.
Tarzan und Klößchen latschten vorbei,
waren im Speisesaal die ersten, löffelten ihre Nudelsuppe mit Rindfleisch und
ließen sich den Schweinebraten munden. Tarzan verzichtete auf Nachtisch.
Klößchen aß ihn mit Widerwillen. Es war kein Schokoladenpudding, sondern
Obstsalat.
Klößchen sah sich in seinem Urteil
bestätigt, „Wirklich unmögliche Zustände in dieser Anstalt“, knurrte er.
Tarzan sagte: „Wir brechen jetzt auf.
Abgemacht ist, daß wir Gaby und Karl um halb zwei auf dem Rastplatz treffen.“
„Ist es eigentlich weit bis dorthin?“
„Spaziergang“, meinte Tarzan, um seinen
Freund nicht zu entmutigen. Denn der Weg — der kürzeste — , den er ausgesucht
hatte, erstreckte sich immerhin auf 26 Kilometer.
Sie gingen ins ADLERNEST zurück. Tarzan
vertauschte sein weißes Speisesaalhemd gegen einen kampferprobten Pulli und
schob das Mehrzweck-Taschenmesser in seine Jeans.
Klößchen überwand seinen inneren
Schweinehund und schnappte sich den gefüllten Karton, um ihn, wie angekündigt,
in den Kofferkeller zu bringen.
„Ich warte unten im Flur“, sagte
Tarzan.
Dort stand er dann, nahe dem Eingang,
lehnte eine Schulter an die Wand und ging zum xten Mal alle Möglichkeiten
durch, die Ottmar, Gnaski, den Fiffi, die Teplers und den Nosiop-Brummi
betrafen. Sollte der genappt — entführt werden? Wäre ja idiotisch. Aber... Man
wird sehen. Himmel, wo bleibt Willi? Hat er sich im Keller verlaufen?
Minuten waren verstrichen. Aber jetzt
kam Klößchen. Wie von Hornissen gejagt, schoß er um die Ecke, schreckensbleich
bis in den Kragen. Er hatte Ruß im Gesicht.
„Tarzan, der... der... Keller brennt!
Verdammt! Ich...“
„Waaas?“
„Weiß auch nicht, wieso? Weil das blöde
Licht nicht geht. Mir ist ein Streichholz... Also, das brannte. Und da ist der
Berg mit dem Abfallpapier...“
Mehr hörte Tarzan nicht. Er flitzte
los, nahm fünf Stufen auf einmal und stieß in den Keller hinab, der sich unter
dem mächtigen Haupthaus beinahe wie eine Katakombe (unterirdische
Grabanlage) verzweigte.
Aus dem Kofferkeller quoll Rauch. Es
roch nach brennendem Gepäck. Flammen loderten. Aber es war noch kein Großfeuer,
keine Bedrohung für die Schule,
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