Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
hinten zurückgeschickt und bin zu spät dran. Ich suche einen Ort namens Chetwynd. Kennen Sie den?«
    Sie nickte überrascht. »Sie wollen nach Chetwynd? Dann haben Sie die falsche Straße genommen.«
    »Wirklich?«
    »Sie sind eine halbe Meile zu früh abgebogen. Fahren Sie zurück bis zur Hauptstraße und dann geradeaus weiter. Sie können den Abzweig nicht verpassen. Es ist ein Privatweg, er ist 16
    von großen Ulmen gesäumt.«
    »Dann halte ich nach den Ulmen Ausschau.«
    Sie stieg wieder auf und musterte den Fremden erneut. Selbst von hier oben hatte er noch eine beeindruckende Figur, schlank und elegant im Smoking. Und er wirkte so selbstsicher, wie jemand, der sich von niemandem einschüchtern lässt – nicht einmal von einer Frau, die auf einem 900 Pfund schweren Muskelpaket von Pferd sitzt.
    »Sind Sie sicher, dass Ihnen nichts fehlt?« fragte er. »Es sah nach einem schlimmen Sturz aus.«
    »Es war nicht mein erster«, entgegnete sie und lächelte. »Ich habe einen ziemlichen Dickkopf.«
    Der Mann lächelte auch und entblößte makellos weiße Zähne.
    »Dann muss ich mir keine Sorgen machen, dass Sie heute Abend noch ohnmächtig werden?«
    »Eher werden Sie heute Abend noch ohnmächtig.«
    Er sah sie fragend an. »Wie bitte?«
    »Ohnmächtig von langweiligem und endlosem Geschwätz. In Anbetracht Ihres Fahrtziels eine berechtigte Annahme.«
    Lachend wendete sie das Pferd. »Schönen Abend noch«, rief sie.
    Sie winkte ihm zum Abschied zu und ließ Froggie in Richtung Wald davontraben.
    Als sie die Straße hinter sich ließ, fiel ihr ein, dass sie vor ihm in Chetwynd eintreffen würde. Wieder musste sie lachen.
    Vielleicht würde die Stürmung der Bastille doch spannender werden, als sie gedacht hatte. Sie gab dem Pferd die Sporen und Froggie verfiel in einen Galopp.

    Richard Wolf stand neben seinem gemieteten M.G. und sah die Frau fortreiten, ihr schwarzes Haar glitt ihr wie eine Mähne über die Schultern. Innerhalb von Sekunden war sie im Wald verschwunden und nicht mehr zu sehen. Er wusste nicht einmal 17
    ihren Namen, dachte er. Er musste Lord Lovat nach ihr fragen.
    Sag mal, Hugh, kennst du eine schwarzhaarige Hexe, die hier die Gegend unsicher macht? Sie war gekleidet wie die Mädchen vom Land, trug ein ausgewaschenes Hemd und Reiterhosen mit Grasflecken, aber ihrem Akzent nach war sie auf einer sehr guten Schule gewesen. Ein charmanter Widerspruch.
    Er stieg wieder ins Auto. Inzwischen war es fast halb sieben; die Fahrt von London hierher hatte länger gedauert als angenommen. Diese verdammten Landstraßen! Er wendete den Wagen und fuhr zurück zur Hauptstraße, vor jeder Kurve bremste er vorsichtig ab. Man weiß nie, was einen hinter der nächsten Kurve erwartet. Eine Kuh vielleicht oder eine Ziege.
    Oder noch eine Hexe auf einem Pferd. Ich habe einen ziemlichen Dickkopf. Er lächelte. In der Tat.
    Sie rutscht aus dem Sattel – bums – und steht sofort wieder auf. Und frech ist sie noch dazu. Als ob ich eine Stute nicht von einem Hengst unterscheiden könnte. Das sieht man doch auf einen Blick.
    Und noch etwas hatte er auf einen Blick festgestellt: dass sie ohne Frage eine Frau nach seinem Geschmack war.
    Rabenschwarzes Haar, fröhliche grüne Augen. Sie erinnert mich ein bisschen an …
    Er schob den Gedanken weg, wollte die unangenehmen Bilder, die Albträume verdrängen. Die furchtbaren Erinnerungen an seinen ersten Auftrag, an sein Versagen. Es warf einen dunklen Schatten auf seine Karriere, seitdem hatte er es sich angewöhnt, nie wieder etwas als selbstverständlich hinzunehmen.
    Schließlich sollte man in seiner Branche so arbeiten. Die Fakten überprüfen, nie den Quellen trauen und immer, immer beobachten, was hinter dem eigenen Rücken vorgeht.
    Es machte ihm keinen Spaß mehr. Vielleicht sollte ich Schluss machen und mich zur Ruhe setzen. Aufs Land ziehen wie Hugh Tavistock. Aber Tavistock hatte natürlich einen Adelstitel und 18
    ein Anwesen und musste sich keine Sorgen machen, obwohl Richard die Vorstellung des massigen und kahl werdenden Hugh Tavistock als Graf belustigend fand. Vielleicht sollte ich mich einfach auf meinen zehn Hektar in Connecticut niederlassen, mich zum Grafen von sonst was erklären und Gurken ziehen.
    Aber er würde seine Arbeit vermissen. Diesen Hauch von Gefahr, das internationale Schachspiel der großen Geister. Die Welt veränderte sich so schnell, und von einem Tag auf den anderen wusste man nicht mehr, wer Freund oder Feind war …
    Schließlich

Weitere Kostenlose Bücher