Verrat in Paris
der Schläfer wird aktiviert.«
»Also das meinte er«, sagte Beryl. »Nicht tot, aber auch nicht aktiv.«
»Genau.«
»Und damit dieser Schläfer von Nutzen für sie ist, muss er eine einflussreiche Stellung innehaben. Oder nahe genug daran sein«, sagte Beryl nachdenklich.
»Was haargenau auf Stephen Sutherland zutrifft«, überlegte Richard. »Amerikanischer Botschafter. Zugang zu allen Sicherheitsinformationen.«
»Oder Philippe St. Pierre«, ergänzte Hugh. »Finanzminister.
Wird gehandelt als der nächste französische Premier …«
»Und ist damit extrem anfällig für Erpressung«, fügte Beryl hinzu, die an Nina und Philippe dachte. Und an Anthony, ihr uneheliches Kind.
»Ich werde Daumier informieren«, sagte Hugh. »Er soll St.
Pierre noch mal überprüfen lassen.«
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»Und wenn er schon dabei ist«, sagte Richard, »soll er Nina gleich auch überprüfen.«
»Nina?«
»Wir sprechen von einflussreichen Positionen! Sie war immerhin die Frau eines Botschafters und die Geliebte von St.
Pierre. Beide könnten ihr während der Zeit Geheimnisse anvertraut haben.«
Hugh schüttelte den Kopf. »Von ihrem zweistelligen IQ mal ganz abgesehen, käme ich nie auf die Idee, dass Nina Sutherland für den Geheimdienst arbeiten könnte.«
»Und gerade deshalb wäre es doch möglich.«
Hugh sah sich ungeduldig nach dem Kellner um. »Wir müssen sofort nach Paris fahren«, sagte er und legte das Geld für ihren Kaffee auf den Tisch. »Es ist nicht abzusehen, was mit Jordan geschieht.«
»Wenn es Nina wäre … Meinst du, sie könnte Jordan etwas antun?« fragte Beryl.
»In all den Jahren habe ich Nina Sutherland nie mit auf der Liste gehabt«, sagte Hugh. »Denselben Fehler will ich jetzt nicht wieder machen.«
Daumier traf sie am Flughafen Paris-Orly direkt am Ausgang.
»Ich habe die Sicherheitsakten von Philippe und Nina noch einmal überprüft«, berichtete er, als sie gemeinsam in seinem Wagen saßen. »St. Pierre ist sauber. Seine Vorgeschichte ist wirklich einwandfrei. Wenn er der Schläfer ist, gibt es dafür keinen Beweis.«
»Und Nina?«
Daumier seufzte vernehmlich. »Unsere liebe Nina stellt ein Problem dar. Es gab da eine Geschichte, die bei ihrer ersten Überprüfung nicht beachtet wurde. Sie hatte mit achtzehn ihren ersten Theaterauftritt in London. Es war eine kleine, eher unbedeutende Rolle, aber der Beginn ihrer Schauspielkarriere. Damals 220
hatte sie ein Verhältnis mit einem ihrer Schauspielerkollegen –
einem Ostdeutschen namens Bert Klausner, der behauptete, ein Überläufer zu sein. Doch drei Jahre später verschwand er aus England, und seitdem hat man nie wieder etwas von ihm gehört.«
»Ein Führungsoffizier?«
»Möglicherweise.«
»Und wie kam es, dass diese Affäre bei Ninas Überprüfung nicht weiter berücksichtigt wurde?« erkundigte sich Beryl.
Daumier zuckte die Schultern. »Es wurde vermerkt, als Nina und Sutherland heirateten. Damals verließ sie das Theater, um die Frau eines Diplomaten zu werden. Sie hatte keine offizielle Position. Normalerweise sind Überprüfungen von Ehepartnern –
vor allem, wenn sie Amerikaner sind – nicht erforderlich. Also fiel Nina durchs Raster.«
»Es gibt also ein Indiz für eine mögliche Anwerbung«, stellte Beryl fest. »Und sie könnte durch ihren Mann Zugang zu den NATO-Geheimnissen gehabt haben. Aber es lässt sich nicht beweisen, dass sie Delphi ist. Und dass sie eine Mörderin ist, schon gar nicht.«
»Das ist wahr«, pflichtete Daumier ihr bei.
»Ich bezweifle auch, dass sie es jemals zugeben würde«, sagte Richard. »Nina war mal Schauspielerin. Sie würde sich vermutlich überall durchlavieren.«
»Deshalb habe ich folgenden Vorschlag«, sagte Daumier.
»Wir stellen ihr eine Falle und verleiten sie, aus ihrer Deckung zu kommen.«
»Mit welchem Köder?«
»Jordan.«
»Kommt nicht infrage!« protestierte Beryl.
»Er hat schon zugesagt. Heute Nachmittag wird er aus dem Gefängnis entlassen. Wir bringen ihn in ein Hotel, wo er sich möglichst auffällig verhalten soll.«
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Hugh lachte. »Das ist keine große Herausforderung für Jordan.«
»Meine Leute werden an strategischen Punkten im Hotel postiert sein. Falls – und sobald – ein Angriff erfolgt, sind sie bereit für den Zugriff.«
»Das könnte schief gehen«, wandte Beryl ein. »Er könnte verletzt werden …«
»Das kann im Gefängnis auch passieren«, erwiderte Daumier.
»Und so bekommen wir vielleicht wenigstens die Antwort.«
»Auch wenn
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