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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Werktag vermittelte das Gelände den Eindruck dumpfer Ergebenheit, doch an diesem regnerischen Montagabend war es absolut ausgestorben, als habe an diesem Ort die Apokalypse bereits stattgefunden. Das laute Röhren eines Geländemotorrads übertönte kaum das Rauschen des Regens, der inzwischen wie aus Eimern vom Himmel fiel. Der Fahrer, gekleidet in einen schwarzen Gore-Tex-Anzug und Trekkingschuhe, bog auf den mit Betonplatten befestigten Hof einer leer stehenden Firma ein. Er stellte seine Maschine hinter einer Reihe von Müllcontainern ab. Ließ den Schlüssel im Zündschloss stecken. Legte den Helm ab und kontrollierte den Sitz seiner Sturmhaube. Die dicken Motorrad-Lederhandschuhe zog er aus und streifte stattdessen ein paar schwarze Latexhandschuhe über. Er öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und zog eine Waffe hervor, eine Heckler & Koch.45.
    Er blickte sich um. Vergewisserte sich, dass niemand ihn beobachtete, und fiel in einen Laufschritt. Ein paar Straßen weiter suchte er Deckung hinter einem vergammelten Bauaufsichtswagen und richtete den Blick nach vorn.
    Auf der anderen Seite des Bauwagens, etwa sechs Meter von ihm entfernt und schräg gegenüber der Einfahrt zum Betriebsgelände, erkannte er die Silhouette eines Mannes, der halb verdeckt hinter einem Baum stand. Ein junger Russe, so wusste er, der die Aufgabe hatte, die Zufahrtsstraße zu bewachen. Er stand mit dem Rücken zu ihm und wirkte nicht besonders aufmerksam. Etwa alle dreißig Sekunden leuchtete ein orangeroter Punkt auf. Der Wachtposten rauchte. Er ging wahrscheinlich davon aus, dass die Gefahr sich auf vier Rädern nähern würde, und im Rücken fühlte er sich von dem drei Meter hohen Maschendrahtzaun geschützt, der das Betriebsgelände von den Weideflächen auf der anderen Seite trennte.
    In diesen Zaun hatte er vor einer Woche ein Loch geschnitten, das er anschließend mit dünnem Draht wieder zusammengezogen hatte, sodass die Beschädigung kaum auffiel. Es war vorhin eine Kleinigkeit gewesen, den Draht wieder zu lösen und mitsamt Motorrad durch die Öffnung im Zaun zu schlüpfen. Auf dem Rückweg würde er Gott sei Dank nicht mehr durch die nassen, matschigen Wiesen pflügen müssen, sondern die Hauptstraße benutzen können.
    Wenn alles gut ging jedenfalls.
    Wie immer löste die Vorstellung, dass die Sache schiefgehen könnte, eine körperliche Reaktion in ihm aus, die ihn in einen angenehmen Rauschzustand versetzte. Unwillkürlich verfestigte sich sein Griff um die regennasse Pistole. Er atmete tief ein.
    Es wurde Zeit, aktiv zu werden.
    Er war bereit.
    Innerhalb von drei Sekunden stand er hinter dem Wachtposten. Der fuhr herum, und schon traf ihn der schwere Schlitten der Pistole mit einem dumpfen Schlag am Kopf. Als er nicht sofort umfiel, folgte ein weiterer, härterer Schlag. Daraufhin sank der Wachtposten in sich zusammen und blieb reglos liegen.
    Er schaute hinunter in sein Gesicht. Verdammt, noch ein halbes Kind, sah aus wie kaum achtzehn. Im Schein der Straßenlaternen wirkte er wie das Opfer eines Verkehrsunfalls. Eines roadkill. Dunkles Blut vermischte sich mit dem Regen. Rasch zog er die Handschuhe aus und befühlte die Halsschlagader. Erleichtert stellte er fest, dass der Junge noch lebte.
    Abrupt, als erwache er aus einem Traum, wurde ihm klar, dass ihn das eigentlich nicht interessieren sollte. Diese Jungs wussten, welches Risiko sie eingingen. Niemand war unschuldig. Auch der da nicht. Er vergeudete nur kostbare Zeit.
    Hastig streifte er die Handschuhe wieder über. Schleifte den leblosen Wachtposten in den schwarzen Schatten der Sträucher und drehte ihn auf den Bauch. Zog ihm die Arme auf den Rücken und fesselte ihm die Handgelenke mit einem Kabelbinder . Verfuhr mit den Fußknöcheln auf dieselbe Weise. Zögerte einen Moment. Ein kräftiger Schlag auf den Kopf konnte einen Mann für eine volle Stunde ausschalten, aber unter Umständen auch nur für fünf Minuten. Es konnte noch eine Weile dauern, bis er hier fertig war, und er würde auf diesem Weg zurückfahren. Um ganz sicherzugehen, verwendete er einen dritten Kabelbinder dazu, Handgelenke und Fußknöchel miteinander zu verbinden.
    Für den Kerl würde es ein ungemütliches Erwachen geben. Ohne Hilfe konnte er sich nicht wieder befreien.
    Das Bündel vor seinen Füßen stieß ein unterdrücktes Stöhnen aus. Er ignorierte es und begann, die Kleidung des Jungen zu durchsuchen. In einem Hüftholster fand er einen kleinen, silberfarbenen Revolver. Er

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