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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Sicher an die acht Meter hoch, vierzig Meter breit und anderthalbmal so lang. Die gleißende Helligkeit stammte von Neonleuchten an der Decke. Es roch nach Benzin, nach Öl. Nach Metall. Autos standen herum. Einige ohne Nummernschild. Ersatzteile. In der Mitte der Arbeitsfläche befanden sich zwei Hebebühnen, darunter eine tiefe, gelb gekachelte Grube. Links von ihm lag ein Stapel Autoreifen. Rechts in einer Ecke waren Felgen aufeinandergetürmt. Die Benzindämpfe reizten seine Augen.
    Er kroch bis zu einem ausgeschlachteten BMW und schaute hinüber zum Büro. Es befand sich in der hinteren rechten Ecke, in einer Höhe von ungefähr fünf Metern, sodass der Platz darunter für die Lagerung von Material genutzt werden konnte. Dort lagen weitere Felgen. Man erreichte den Verwaltungsraum über eine schmale Metalltreppe, die in einer Balustrade aus rohem Bauholz mündete. Die Zugangstür zum Büro befand sich in der Mitte zwischen zwei Fenstern, die mit Jalousien abgedunkelt waren.
    Er lauschte gespannt. Das Einzige, was er hörte, waren der Regen und dröhnende Housemusik aus den Lautsprechern des Ghettoblasters, den er irgendwo links von seinem Standort lokalisierte. Er wartete. Sah, wie der Boden unter ihm nass tropfte. Erst als er sicher war, dass sich niemand außerhalb des Büros aufhielt, ging er hinter dem BMW in die Knie und streifte seine Motorradhaube ab. Wrang sie aus. Zog sie wieder über den Kopf. Sie fühlte sich kalt an.
    Er stand auf. Rannte rasch, jede Deckung nutzend, hinüber zu der langen Treppe. Mit der HK im Anschlag lief er, so schnell er konnte, die schmalen Stufen hinauf. Das Metall knarzte ein wenig. Doch auch in diesem Fall erwies sich der Regen als äußerst nützlich. Die Tropfen, die gegen die riesigen Metallwände und auf das Dach prasselten, verursachten ein Geräusch, als fielen Millionen Nägel vom Himmel.
    Auf der schmalen Balustrade blieb er stehen, mit dem Rücken dicht an der Holzverkleidung. Er richtete die Waffe auf die Tür. Jetzt hörte er Stimmen, die leise sprachen, wie er annahm, auf Russisch. Er verstand kein Wort. Lauschte konzentriert. Vermutete, dass sie zu zweit waren. Entweder hatten sie ihn nicht gehört, oder sie waren Profis mit Nerven aus Stahl und versuchten, ihn plaudernd in Sicherheit zu wiegen, während sie ihn hinter der Tür mit gezogenen Waffen erwarteten. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, und das Adrenalin pulsierte durch seine Adern.
    Das war der entscheidende Moment.
    Monatelang hatte er sich darauf vorbereitet.
    Das war seine Chance.
    Los!
    Mit voller Wucht trat er die Tür ein, feuerte einen Schuss auf den Boden ab und zog sich blitzschnell wieder zurück. Rollte sich auf dem Boden zusammen. Wenn jetzt geschossen wurde, dann auf Brusthöhe. Immer zu hoch. Aber nichts geschah.
    Nur den Bruchteil einer Sekunde später stand er drin, die HK mit gestrecktem Arm vor sich haltend. Mit einem Blick erfasste er die Situation in dem engen, verrauchten und irgendwie süßlich riechenden Raum. Zwei alte Metallschreibtische, ein mit Stickern beklebter Holzschrank in der Ecke, unbehandelter Holzboden. Auf der linken Seite ein kleiner Tisch, an dem zwei Männer saßen, ein älterer mit ergrauendem Haar und ein jüngerer, schmalerer. Auf dem Tisch lagen Banknotenbündel ausgebreitet. Die Beute des heutigen Tages.
    Die Männer starrten mit großen Augen in den Pistolenlauf. Eher erstaunt und verärgert als ängstlich. Sie waren an Gewalt gewöhnt. Daran gewöhnt man sich schnell, das wusste er aus Erfahrung.
    Beängstigend schnell.
    Mit einer fast unmenschlichen Selbstbeherrschung sagte er: »Auf den Boden, die Hände hinter den Kopf.« Die Männer blickten ihn weiterhin an. Sie rührten sich nicht. Der ältere starrte wie angewurzelt in den Lauf der HK und schien weniger selbstsicher zu sein, als er vorgab. Die Augen des jüngeren wanderten zum Tisch. Er folgte dessen flüchtigem Blick und sah eine Waffe neben den Geldscheinen liegen.
    Das konnte ins Auge gehen.
    »Hinlegen, verdammt, und zwar plötzlich!«
    Zur Bekräftigung feuerte er nochmals einen Schuss ab, knapp am Kopf des jüngeren vorbei. Die Kugel schlug ein Loch in den Schrank hinter den Männern, und der Raum füllte sich mit umherflatterndem Papier, Staub und Holzsplittern. Jetzt ließen sie sich zu Boden fallen.
    Blitzschnell griff er nach der Waffe auf dem Tisch, einer kleinen, silberfarbenen Pistole mit lächerlich kurzem Lauf, insgesamt höchstens fünfzehn Zentimeter lang. Er prüfte, ob sie

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