verrueckt nach dir
illegalen Kämpfen, und einfach seine Ecken und Kanten in Kauf nehmen wollte, nur um mit ihm zusammen zu sein. Sergio war kein Typ, der sich von seiner Freundin weichspülen lassen würde, und ich wollte gewiss keinen Freund, der sich verbiegen ließ, nur um anderen zu gefallen.
»Lexi? Was ist? Stehst du noch zu mir?«, fragte er erneut, sein Ton diesmal drängender.
Ich wollte etwas erwidern, aber ich konnte nicht. Sein Blick lag auf meinem Mund und verwirrte mich.
»Sergio«, brachte ich endlich hervor.
»Mmh?«
»Ja! ... Ich steh zu dir.«
Er starrte mich an, dann näherten sich seine Lippen und ich schloss die Augen. Ich spürte, wie er meinen Duft durch die Nase tief in sich einsog. Dann glitt seine Hand in meinen Nacken und zog meinen Kopf auf seine Schulter. Seine Finger vergruben sich in mein Haar.
»Ich ...«, begann er und stockte. »Ich ...«
Mein Herz setzte einen Schlag aus und wartete ungeduldig auf seine weiteren Worte.
»... bin echt froh darüber.«
Ich nickte stumm. Enttäuscht. Klein wenig.
Wir küssten uns zärtlich und saßen engumschlungen und schweigend da.
Meine Gedanken kreisten um die Zukunft unserer Beziehung und wie wir uns gegenseitig beeinflussten. Sergio war ohne weiteres bereit, die Schule zu vernachlässigen, was ich furchtbar fand. Aber wenigstens hatte er sich wieder gefangen, nachdem er durch eine kurze Verunsicherung beinah seine Ziele aufgegeben hätte. Und nicht nur das, er hatte auch noch geglaubt, nicht gut für mich zu sein. Falls er damit recht haben sollte, spielte es zumindest jetzt keine Rolle.
Ich liebte ihn und nichts konnte dieses Gefühl ins Wanken bringen.
JOSHUA
»Der Oktober soll so toll bleiben. ‚Indian Summer‘ nennen sie es! Oh, Lexi, das passt so schön zu den Schmetterlingen in meinem Bauch!« Adrianas Schwärmerei für Joshua Meyer hatte sich mittlerweile von verzweifelt zu hoffnungsvoll weiterentwickelt. Seit geraumer Zeit redeten sie auch außerhalb des Debattier-Clubs miteinander, und meine verliebte beste Freundin verhielt sich dabei nicht mehr wie eine Taubstumme, die ihm von den Lippen ablas.
Joshua hatte sich ein paar Mal in der Mensa zu uns an den Tisch gesetzt, sodass auch ich ihn ein bisschen besser kennenlernen durfte. Er war wirklich ein sehr höflicher Typ, der sich ein wenig steif gab, aber ab und an auch einen Witz reißen konnte. Immer wenn er Adriana ansah, lächelte er auf eine Art, die mir verdächtig vorkam. Adriana fragte mich hinterher jedes Mal, was für einen Eindruck ich von Joshua hatte, und ob ich der Meinung war, dass er sie mochte. War ich! Absolut! Man musste eigentlich kein Genie sein, um das zu erkennen. Aber zugegeben, dieser Junge verhielt sich nicht gerade wie ein Draufgänger.
»Er ist wirklich klug«, sagte Adriana wie zu seiner Verteidigung. »Er hat einfach andere Dinge im Kopf als nur Mädchen und Fußball.«
Wenn man Joshua reden hörte, bekam man tatsächlich den Eindruck, seine Gedanken würden sich hauptsächlich um weltbewegende Themen drehen. Als ob er seine Nächte damit verbrachte, Lösungen für die versiegenden Energiequellen der Welt, die Hungersnot und das Artensterben zu suchen. Er hatte einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn und war hochmotiviert sich später mit vollem Einsatz für eine gute Sache zu engagieren. Greenpeace, Peta, Amnesty International ... irgendwie hatte er mit allen was zu tun. Auf Adriana wirkten Joshuas Interessen und seine Art sich auszudrücken geradezu berauschend, auf mich immerhin bewundernswert und sympathisch.
Einig waren wir uns allerdings beide darüber, dass er eine wunderschöne Augenfarbe hatte: Blaugrün. Seine Augen ließen ihn sehr tiefgründig erscheinen. Sie waren fast so schön wie Sergios schwarze Augen!
Aber die waren nun mal einzigartig!
Sergio trainierte wie ein Besessener.
Alle sagten, es sei das erste Mal, dass er sich so intensiv auf einen Kampf vorbereitete.
Mit Bojans Wagen fuhr er mehrmals in der Woche zu den Kowalskys raus, wo er in der Scheune Kraft und Geschicklichkeit trainieren konnte. Luka begleitete ihn manchmal, wenn er Lust dazu hatte. Die Ruhe und Abgeschiedenheit des Bauernhofs halfen Sergio, sich mental in die richtige Verfassung zu bringen. In der übrigen Zeit joggte er gemeinsam mit Bojan, der als Einziger einigermaßen mithalten konnte, durch den Tiergarten. Einmal überredete er Adriana, Luka und mich mitzulaufen, aber wir blieben allesamt auf halber Strecke liegen. Luka gab schon nach den ersten fünfzig
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