Verrueckt nach Liebe
Buchstaben.«
Der Junge zählte es an den Fingern ab. »Ich muss nur zwei Körbe werfen?«
»Ja.« Tucker war unbesorgt. Er hatte den Jungen seit Tagen beobachtet, und er war grottenschlecht. Er warf ihm den Ball zu. »Du darfst sogar anfangen.«
»Okay.« Pippen fing den Ball und trat an eine unsichtbare Freiwurflinie. Sein Atem hing vor seinem Gesicht, während er die Augen zusammenkniff und den Ball vor sich prellte. Er nahm eine ungeschickte Freiwurfhaltung ein, warf – und vermasselte es total. Der Ball verfehlte das Korbbrett, und Tucker unterdrückte ein Grinsen, als er in seine Einfahrt lief, um ihn sich wiederzuholen. Er dribbelte zurück und machte mit der linken Hand einen Korbleger. »Das ist ein H«, sagte er und warf Pippen den Ball zu. Der Junge versuchte ebenfalls sein Glück mit einem Korbleger und scheiterte.
Tucker punktete mit einem Sprungwurf aus der Mitte des Korbbereichs. »O.«
»Wow.« Pippen schüttelte den Kopf. »Du bist gut.«
Beim Militär hatte er die langen Wartezeiten mit Basketball totgeschlagen, und dass der Korb des Jungen knapp zweieinhalb Meter niedriger hing und niemand verteidigte, schadete auch nicht.
Der Junge trat an die Stelle, an der Tucker gestanden hatte. Wieder kniff er die Augen zusammen und prellte den Ball vor sich. Als er sich zum Wurf bereitmachte, seufzte Tucker.
»Halt die Ellbogen gerade«, hörte er sich coachen. Gott, er fasste es nicht, dass er dem Jungen auch noch Tipps gab. Er wusste nicht mal so recht, ob er kleine Jungs mochte. Seit er selbst einer gewesen war, hatte er nicht mehr viel mit ihnen zu tun gehabt, und damals waren die meisten gewesen wie er. Kinder, die keiner wollte.
Pippen hielt sich den Ball vors Gesicht und zeigte mit den Ellbogen zum Netz.
»Nein.« Tucker trat hinter den Jungen, senkte den Ball ein paar Zentimeter und brachte seine kalten Hände in die korrekte Position. »Zielen, Knie beugen und werfen.«
»Pippen!«
Tucker und der Junge wirbelten herum. Hinter ihnen stand Lily Darlington im roten Wollmantel und mit weißen Häschen-Hausschuhen. Das klare Morgenlicht fing sich in ihren blonden Haaren, die auf Lockenwickler in Texas-Übergröße aufgedreht waren. Ihre Wangen waren von der kalten Luft ganz rot. Sie war hübsch, obwohl sie Tucker mit einem Blick aus ihren eisblauen Augen in Stücke riss. Sie fixierte ihn, während sie mit ihrem Sohn sprach. »Ich hab schon zweimal nach dir gerufen.«
»Entschuldigung.« Der Junge dribbelte den Ball. »Ich hab meine Würfe geübt.«
»Komm jetzt frühstücken. Deine Waffeln werden kalt.«
»Aber ich muss trainieren.«
»Die Basketballsaison geht erst nächstes Jahr wieder los.«
»Deshalb muss ich ja trainieren. Um besser zu werden.«
»Du musst essen. Jetzt sofort.«
Pippen stieß einen leidgeprüften Seufzer aus und warf den Ball Tucker zu. »Du kannst weiterspielen, wenn du willst.«
Das wollte er nicht, doch er fing den Ball. »Danke. Wir sehen uns, Pippen.«
Als der Junge an ihm vorbeistürmte, griff seine Mutter nach ihm. Sie umarmte ihn fest und küsste ihn auf den Scheitel. »Du musst nicht in allem der Beste sein, Pippen.« Sie sah ihm in die Augen. »Ich hab dich lieb.«
»Ich weiß.«
»Du bist mein Ein und Alles.« Sie legte die Hände an seine Wangen. »Du bist ein braver Junge« – sie lächelte in sein nach oben gewandtes Gesicht – »mit schmutzigen Händen. Wasch sie dir, wenn du ins Haus gehst.«
Tucker betrachtete ihre schlanken Hände an den Wangen und Schläfen des Jungen, die seine Ohren umschlossen. Ihre Fingernägel waren rot, und ihre Haut sah weich aus. Eine dünne blaue Ader säumte ihr Handgelenk und verschwand unter dem Ärmelaufschlag ihres roten Wollmantels. Die kalte Luft brannte in seinen Lungen. »Geh rein, bevor dir noch die Ohren abfrieren.«
»Die Eier.«
Oh-oh.
»Was?«
»Ich frier mir die Eier ab.« Pippen warf ihm einen Blick zu und lachte. »Tucker hat gesagt, es ist so kalt hier draußen, dass ich mir noch die Eier abfriere.«
Lily fixierte ihn streng und zog die Augenbrauen hoch. »Charmant.« Sie fuhr mit den Fingern durch die kurzen Haare ihres Sohnes. »Jetzt geh und iss, bevor deine Waffeln so kalt werden wie deine … Ohren.« Als der Junge abzog, verschränkte sie die Arme vor der Brust. Mit den Lockenwicklern in den Haaren hätte sie lächerlich aussehen sollen. Tat sie aber nicht. Sie weckten in ihm den Wunsch, ihr dabei zuzusehen, wie sie sie herausnahm. Es war albern, und er dribbelte lieber den Ball,
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