Verschleppt
Umgebung gewöhnt und er konnte alles ziemlich gut erkennen, trotz der Dunkelheit. In dem Keller befanden sich fünf kleine Zellen, auf der einen Seite zwei, auf der anderen Seite drei. Er hatte schon jeden Quadratmeter seines Verlieses erkundet, ohne irgendwelche Schwachstellen zu entdecken. Oben war die Tür, es war eine schwere Tür. Soviel konnte Bryan erkennen. Die sechs Stufen, die er zu sehen glaubte, führten zu dem Gang, der zwischen den Zellen lag. Er war mit Scott auf einer Seite, das Mädchen mit dem anderen Jungen unmittelbar gegenüber. Die Wände waren dick. Sehr dick. Aus Beton. Zu brüllen machte wohl keinen weiteren Sinn. Er glitt zu Boden und legte sich zusammengerollt in eine Ecke, seine Arme um den eigenen Körper geschlungen. Er verkroch sich in seiner Verzweiflung. Alles war so unheimlich. Er war in einem Käfig gefangen – wie ein Tier. Der Boden war aus harter Erde, kalt und dreckig. Sie mussten weit unter der Oberfläche sein. Er schloss die Augen und kämpfte abermals gegen die Angst an, die sich in seine Brust zu bohren, sein Herz mit eiserner Faust zu packen schien, wenn er nur an den vermummten Mann dachte. Plötzlich spürte er einen leisen, kühlen Luftzug in seinen Haaren. Außerdem nahm er ein seltsames Geräusch wahr, wie ein Summen. Er blickte nach oben. Er konnte ein Gitterrost erkennen. Das musste die Luftzufuhr sein, dachte er kurz. War sich aber auch nicht sicher. Es wurde still. Die Kinder schienen zu schlafen. Er blickte zu seiner schmutzigen Pritsche. Darauf lag eine Wolldecke, löchrig und bestimmt seit Jahren nicht mehr gewaschen. Er schüttelte den Kopf und versuchte, erneut seine Tränen zu unterdrücken. Dann ging die Tür auf und die schwarze Gestalt stand oben auf der Treppe, er hatte etwas in der Hand.
Kapitel 18
Das Team von Sara kam mit den Ermittlungen nicht weiter. Die Überprüfung von James Spencer stellte sich als totaler Flop heraus. Alles, was er sagte, stimmte. Das bestätigte Caroll Walsh. Amanda Gore war sich außerdem sicher, dass Spencer nicht der Mann aus der Reinigung war. Sie mussten ihn gehen lassen. Weitere brauchbare Hinweise auf den Täter gingen ebenfalls nicht ein. Die nächsten Tage waren allesamt erfolglos. Sara saß im Besprechungsraum und fixierte die Bilder der Kinder, es war noch früher Morgen. Sie rieb sich den Nacken und ging nochmal sämtliche Akten durch. Da waren Zeugenaussagen, Resultate der Laboruntersuchungen und Bilder der Kinder – es gab absolut keine verwertbaren Ergebnisse und schon gar keine Überwachungsbilder. Theorien gab es dafür eine Menge, aber alle Ermittlungen führten ins Leere. Sara nippte an ihrem Kaffee und konzentrierte sich auf die Resultate der Haar- und Faseranalyse von den jeweiligen Tatorten. Sie hatte die Akten schon hundertmal durchgearbeitet, aber ihr fiel einfach nichts Besonderes ins Auge.
Sie ließ sich in ihrem Stuhl zurückfallen und betrachtete die einzelnen Porträtaufnahmen. Keines der Kinder hätte ahnen können, dass es jemals hier hängen würde. Sie hatten zu wenig über den Täter, nahezu gar nichts, daher mussten sie bei den Opfern suchen. Das erste Kind, Jason Smith, 8 Jahre alt, war vor ungefähr drei Monaten nach dem Schwimmunterricht spurlos verschwunden. Er wirkte sehr schmächtig, hatte knochige Arme und machte den Eindruck eines sehr schüchternen Kindes. Die Mutter wartete mit dem Auto draußen auf den Kleinen, der aber nicht aus der Schwimmhalle kam. Das zweite Kind war Jessica Warner, eine 10-jährige Schülerin. Sara betrachtete ihr Bild. Ein hübsches Mädchen mit langen dunklen Haaren. Ihre Augen guckten Sara mit einem aufgeweckten Blick an. Jessica wollte am Kiosk bei sich um die Ecke nur Süßigkeiten kaufen. Auch sie kam nicht nach Hause. Das war mittlerweile 13 Wochen her. Vor sieben Wochen war dann das dritte Kind verschwunden, Scott Walsh, ein 7-Jähriger. Wie seine Mutter war er etwas rundlicher, aber sein Lachen ließ auch Sara lächeln. Sie hatte selten ein so glückliches Lachen gesehen. Die alleinerziehende Mutter war mit ihm auf einem Spielplatz. Sie saß auf einer Bank und telefonierte mit ihrem Vater, als Scott plötzlich verschwunden war. Und jetzt Bryan. Sara schüttelte mit dem Kopf, sie konnte das alles nicht verstehen. Alle Kinder sind am helllichten Tag verschwunden und niemand hatte etwas beobachtet. Entweder sie hatte es mit einem unglaublich cleveren Menschen zu tun oder einfach nur mit einem Glückspilz – aber so viel Glück konnte ein Mensch
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