Verschleppt
in die Küche, niemand schien ihn zu beachten. Lilly schaute Cruz an. „Danke, Cruz. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.“ Sara nahm Lillys Hand. „Was will der Kerl von dir?“, hakte Sara nach. Lilly verschränkte ihre Arme vor ihrem Körper, sie zögerte erst und verstummte. Sara sah, wie Lilly überlegte, wie sie ihre folgenden Worte formulieren soll. Schließlich sagte sie nur. „Tim bedroht mich seit längerer Zeit.“ Sara rückte näher an Lilly ran. Lilly trommelte mit ihren Fingern unruhig auf dem Tisch, ihre Nägel waren unlackiert. „Hat er dich geschlagen?“ Lilly senkte den Kopf. „Ja, einmal“, sie sprach ganz leise, flüsterte nahezu. „Dann hab ich mich getrennt. Das war vor vier Monaten. Seitdem verfolgt er mich. Ich bin schon umgezogen, aber er findet mich überall. Meine Handynummer habe ich zum fünften Mal ändern lassen, aber er bekommt sie immer wieder raus. Ich weiß nicht, was ich noch tun kann. Letzte Woche hat er meine Autoreifen aufgestochen.“ Lilly war verzweifelt und ließ den Kopf in ihre Hände sinken. Sara nahm ihre Hand. „Lilly, du musst ihn anzeigen! Hörst du?“ Sara versuchte ruhig, aber bestimmend auf ihre Kollegin einzureden, aber alles schien an ihr abzuprallen. Lilly schüttelte mutlos den Kopf. Die Bewegung wirkte steif und gezwungen, ihr Kinn zuckte. „Nein, das geht nicht“, hauchte sie leise. Cruz wurde laut. „Lilly, du musst diesen Typen anzeigen. Wir sind alle Zeugen! Der Kerl gehört weggesperrt.“ Lilly stand abrupt auf. „Ich kann nicht, bitte versteht das.“ Cruz hielt sie fest. „Doch Lilly, du kannst und du musst. Du bist nicht alleine. Wir helfen dir.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ihr versteht das nicht. Es ist nicht nur er, es sind seine Freunde. Alles Cops. Die halten zusammen und machen mich fertig, wenn ich ihn anzeige. Das hat er mir mehr als einmal deutlich klargemacht.“ Sie seufzte und rieb sich die Augen. „Er wird schon irgendwann aufhören. Und jetzt lasst uns weiter nach den Kindern suchen.“ Sie ging zurück an ihren Schreibtisch, ihr Ton ließ keine weitere Diskussion zu. Cruz und Sara schauten sich nur skeptisch an.
Shawn kam mit dem Kaffee zurück, aber keiner wollte eine Tasse. „Wir können nichts machen, solange Lilly nicht mitmachen will.“ Sara zuckte mit den Achseln. „Bitte wechselt euch abends ab, dass sie nicht alleine nach Hause fährt. Mehr können wir im Moment nicht tun. Haben wir uns verstanden?“ Shawn und Cruz nickten. Alle gingen zurück an ihre Arbeit, Sara war beunruhigt. Die Probleme häuften sich.
Kapitel 22
Sara schaute auf die Uhr und stellte mit Erschrecken fest, dass sie sich beeilen musste. Matts Geburtstagsparty stand unmittelbar bevor und sie war mit Kelly vorher verabredet. Sara war nachmittags im Büro aufgebrochen und nach Torrey Pines gefahren, wo sie nun an den Klippen saß und aufs Meer schaute. Sie musste einfach mal raus nach diesen ganzen Rückschlägen. Sie hatte immer ihre Schwimmsachen im Auto und regelmäßig packte es sie einfach und sie fuhr hierher. Sie liebte diesen Ort und kam oft her, um abzuschalten, nachzudenken, ihre Gedanken zu ordnen. Torrey Pines gehörte zu dem schönsten Abschnitt des Pacific Coast Highway. Es war eine wunderschöne Stelle, oft hatte Sara das schon vergessen – in diesem Moment aber nicht. Ihre Laune hob sich für einen kurzen Moment und sie versuchte, den Fall und ihre Sorgen einmal zur Seite zu schieben. Es gelang ihr aber nicht wirklich.
Die Sonne ging langsam unter und der Himmel färbte sich langsam zartrosa, viele Menschen waren am Strand. Das war die Zeit, wo einige Fußball spielten, nochmal einen letzten Ritt auf einer Welle versuchten oder einfach eine Abkühlung brauchten - sie gehörte zu den letzteren. Eine steile Treppe führte zum Strand hinunter, sie führte über eine Böschung, die mit üppigen Bodenpflanzen bewachsen war. Sie ging hinunter zum Meer, zog ihre Sachen aus und lief im Bikini Richtung Wasser. Sie schwamm ein gutes Stück raus und ließ sich auf dem Rücken treiben, beobachtete die leicht aufziehenden weißen Wolken am Himmel. Das Wasser war nicht mehr so warm wie im August, aber immer noch sehr angenehm. Trotzdem waren nicht viele Menschen im Wasser und der Ozean gehörte Sara kurzweilig alleine. Der Ozean war zeitlos und deshalb eine Art Schutzhöhle für Sara. Hier fühlte sie sich wohl und geborgen. Die Abenddämmerung war immer eine hervorragende Zeit für Geständnisse, der untergehenden
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