Verschleppt
an. „Frau Gore, hören Sie mir zu. Wir werden alles tun, um Bryan zurückzuholen. Alles Erdenkliche, was in unserer Macht steht. Dafür benötigen wir aber Ihre Hilfe. Jede Kleinigkeit ist wichtig. Bitte überlegen Sie, ob Ihnen irgendetwas aufgefallen ist. Heute oder in den Tagen zuvor.“ Bryans Mutter biss sich auf ihre zitternde Unterlippe und beruhigte sich langsam. Lilly sprach weiter. „War Bryan irgendwie anders in den letzten Tagen? Hat ihn irgendjemand in der Schule angesprochen? Hat er irgendwas erzählt?“ Amanda atmete tief durch. „Nein, mir ist nichts aufgefallen. Nichts. Oder warten Sie, vor zwei Tagen.“ Sara brachte sich in das Gespräch wieder ein. „Was war vor zwei Tagen?“ „Ich war mit Bryan in der Reinigung bei uns an der Ecke. Da stand ein Mann in der Reihe hinter mir. Wir sind ins Gespräch gekommen. Er erzählte, dass er neu in der Gegend sei und eine Tochter in Bryans Alter habe. Wir haben kurz über Sportvereine hier in der Gegend gesprochen. Während ich bedient wurde, hat er sich mit Bryan unterhalten. Über Baseball, soviel habe ich mitbekommen. Das war es aber auch schon.“ Lilly schrieb jedes Wort mit. „Wie sah der Mann aus? Können Sie ihn beschreiben? Alter, Größe, Haarfarbe? Hatte er einen Akzent? Alles ist wichtig.“ Amanda überlegte, schüttelte den Kopf. „Nichts Auffälliges. Er war ungefähr zwischen 45 und 55 Jahren, circa 1,80 Meter groß, Durchschnittsfigur. Ein ganz normaler Mann. Mir ist nichts Besonderes aufgefallen.“ Amanda dachte angestrengt nach. „Glauben Sie, er hat etwas mit Bryans Verschwinden zu tun?“ „Wir wissen es nicht, Frau Gore. Würden Sie versuchen, mit Hilfe unseres Zeichners ein Phantombild anzufertigen? Trauen Sie sich das zu?“ Sara wirkte aufgeregt. Die erste Spur überhaupt in diesem Fall. „Ich denke schon“, nickte die Mutter. Sara sah Lilly an. Lilly registrierte etwas in Saras Blick, das sie während dieses Falles noch nicht bei ihr gesehen hatte. Es war Hoffnung. Bei Amanda wirkte hingegen zunehmend das Beruhigungsmittel, ihr fielen immer wieder die Augen zu. Eine weitere Befragung machte keinen Sinn mehr, aber sie hatten, was sie wollten. Einen Hinweis. Diesem mussten sie nun genauestens nachgehen. Sara und Lilly verabschiedeten sich von Amanda und verließen das Krankenzimmer.
Draußen wartete schon Cruz. „Lilly, sag im Büro Bescheid, dass morgen ein Zeichner zu Frau Gore kommen soll. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ „Zeichner?“, Cruz wirkte irritiert. „Hab ich was verpasst?“ Sara klärte Cruz auf dem Weg zum Fahrstuhl kurz auf. „Das ist doch mal eine Spur. Vielleicht führt sie zu irgendetwas. Ich werde vorab prüfen, ob es eine Überwachungskamera in der Reinigung gibt. Vielleicht haben wir ja Glück.“ Cruz klang zufrieden. „Was ist mit Shawn? Hat er etwas herausfinden können?“ Lilly warf Cruz einen Blick zu. „Nein, die Nachbarn haben nichts Außergewöhnliches gesehen. Die Familie soll glücklich sein. Der Vater, Kenneth Gore, ist zwar viel auf Geschäftsreise, aber Shawn konnte nichts Negatives bei den Befragungen heraushören.“ „Was ist mit der Spurensicherung?“, hakte Lilly nach. „Die Ergebnisse aus der Forensik sind nicht vor morgen Nachmittag zu erwarten. Aber sie rechnen mit keinen bedeutenden Beweisen. Soviel konnten die vom Labor schon sagen. Sie haben eigentlich nur Spuren von der Familie und der Haushälterin gefunden. Vor dem Haus keine Kampfspuren. Nichts. Morgen wissen wir mehr.“ Sie kamen unten in der Empfangshalle an. Am Empfang saß nun eine andere Dame, die ihnen keine Beachtung schenkte. Die drei gingen durch die Halle hinaus auf den Parkplatz. Es war mittlerweile dunkel. Die bedrückende Atmosphäre im Krankenhaus setzte Sara immer wieder zu. Sie legte den Kopf in den Nacken und atmete die frische Luft ein, um den Geruch von Krankheit und Kummer von sich abzuschütteln.
„Kann ich euch irgendwo absetzen?“ Sara sah ihre beiden Kollegen abwechselnd an. „Wir machen Schluss für heute“, fügte sie hinzu. „Nein, danke. Ich nehme ein Taxi. Du musst doch in eine ganz andere Richtung, Sara“, antwortete Cruz. „Ich fahr mit Cruz. Ich spring unterwegs raus“, ergänzte Lilly. „Das ist doch in Ordnung, oder?!“ Lilly schaute Cruz fragend an, dieser nickte zustimmend. „Alles klar, dann sehen wir uns morgen früh um 8 Uhr im Büro.“ Sara wollte zu ihrem Auto gehen, da blieb sie stehen. „Ach Lilly, Sekunde noch.“ Lilly drehte sich zu Sara. „Du
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