Verschleppt
hast eben im Krankenzimmer toll reagiert bei Frau Gore. Du warst mir eine große Hilfe. Danke.“ Sara wartete keine Antwort von Lilly ab, drehte sich um und ging zu ihrem Wagen. Lilly blieb kurz stehen und lächelte. Cruz hatte mittlerweile ein Taxi angehalten. Sara saß am Steuer und beobachtete, wie ihre Kollegen wegfuhren. Lilly war zwar noch nicht lange bei der Polizei, um immer eine gesunde Distanz zu den Fällen zu haben, aber heute hatte sie Erstaunliches geleistet. Etwas, das Sara abhanden gekommen war in den letzten Jahren. Lilly hat ihre Arbeit effizient erledigt und trotzdem noch Mitgefühl für die Opfer empfinden können. Eine Gabe, um die Sara ihre junge Kollegin beneidete.
Sie starrte noch eine Weile auf die leere Straße und fühlte sich plötzlich einsam und verlassen. Plötzlich klingelte ihr Handy und sie schrak zusammen. Sie nahm ab, der Anrufer war unbekannt. „Cooper“, sagte sie trocken. „Hier spricht Lundberg“, ertönte mit einem ironischen Lachen am anderen Ende. Sara war sofort wachsam. Sie wusste, dass der Reporter es auf sie abgesehen hatte. „Was wollen Sie, Lundberg? Fassen Sie sich kurz.“ „Ich habe ein Angebot für Sie, Cop. Warum arbeiten wir nicht zusammen? Sie liefern mir exklusive Informationen und ich schreibe auch mal ein nettes Wort über Sie. Na, wie klingt das?“ Sara konnte nicht fassen, was sie da hörte. Es platzte förmlich aus ihr heraus. „Hören Sie mal genau zu, das ist hier kein Spiel. Es geht um Kinder! Also lassen Sie mich einfach in Ruhe. Das Letzte, was ich tun werde, ist mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Kapiert?“ Sara war wütend. Lundberg sagte erst nichts, dann flüsterte er: „Sie machen einen großen Fehler!“ Dann legte er wortlos auf. Sara lief ein kalter Schauer über den Rücken, sie schüttelte sich, bevor sie ihren Wagen in Bewegung setzte. Ihr Ziel war ihr Zuhause, das es eigentlich gar nicht war.
Kapitel 5
Es war dunkel. Stockdunkel und kalt. Er bewegte sich schwerfällig, bevor er seine grün-blauen Augen langsam aufschlug, wieder schloss und erneut öffnete, länger diesmal, um beiläufig die unvertraute Umgebung zu registrieren. Er versuchte es zumindest, aber es war zu dunkel, er konnte nichts sehen. Nicht den kleinsten Lichtschimmer, nicht die leiseste Andeutung von Konturen in der Dunkelheit. Der Geruch von feuchter Erde und Holz stieg ihm in die Nase. Er wusste nicht, wo er war. Er blinzelte.
Als sich seine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er seine Umgebung ein bisschen besser einschätzen. Er war in einer Art Keller, kaum größer als ihre Abstellkammer zuhause. Er blickte sich vorsichtig um. Ein Klappgestell mit Matratze diente als Bett, auf dem er lag. Seine Hände taten weh. Aber wo um alles in der Welt war er? Seit wann lag er hier? Träumt er nur? Nein, dafür war der Schmerz in seinen Gelenken zu real. Es konnte kein Traum sein. Er bekam kaum Luft und hustete. „Hallo?“ Er hörte ein Echo, sein Echo. Keine Antwort, absolut nichts. „Hallo? Wo bin ich?“ Er versuchte aufzustehen. Seine Beine waren wackelig, er knickte mehrmals um, als er seine Kammer abging. Wenn nur dieses stumpfe Hämmern in seinen Kopf aufhören würde. Mit zitternder Hand griff er an die Zellentür. „Hallo?“, rief er leise. Seine Stimme war ebenso zittrig wie seine Hände. Er drehte sich langsam um seine eigene Achse, um ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Wobei, da war nicht viel. Was er fand, war eine Flasche Wasser und ein Eimer mit Wasser. In dem Raum stank es fürchterlich.
Er wollte nach Hause, er hoffte, dass jede Sekunde seine Mutter vor ihm stand und ihn nach Hause brachte. Er schloss die Augen und brüllte los. „Hilfe! Ist da jemand? Hilfe.“ Immer wieder schrie er so laut er konnte, bis seine Stimme nachließ und er nur noch flüsterte. „Mommy, bitte Mom.“ Er würde ihr nie mehr auf die Nerven gehen und nicht mehr widersprechen. Er würde alles tun. Er wollte nur nach Hause. Aber er begriff langsam, dass dies nicht passieren würde. Angst kroch in ihm hoch, schreckliche Angst bohrte sich in seine Brust. Er hatte einmal in der Schule gelernt, tief einzuatmen. Das versuchte er jetzt. Es half nichts. Panik überkam ihn sekundenschnell – wie eine gigantische Welle drückte sie ihn unter Wasser. Schnell entwickelten sich seine Bewegungen zu einer Folge unbeholfener Posen, die immer unüberlegter und hektischer wirkten. Sein Herz hämmerte lauter, schneller. Er trommelte mit all seiner Kraft gegen
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