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Verschwiegene Schuld

Verschwiegene Schuld

Titel: Verschwiegene Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bacque
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den bitteren Kelch des Leidens bis zur Neige trinken. Aber als Vertreter einer Organisation von humanitärem Charakter, des Roten Kreuzes, kann ich nur die folgenden Forderungen erheben:
    Es muß dem deutschen Volke geholfen werden. Man muß es in andere Bahnen lenken, und zwar nicht mit Haß und Grausamkeit, sondern mit Hilfe von Menschen, für die Nächstenliebe die höchste Tugend ist, die Tugend, die alle Anstrengungen rechtfertigt und zu allen Hoffnungen berechtigt.« 11
     
    Die Demokratien des Westens haben in diesem Jahrhundert drei große Schocks erlebt: den Ersten Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg. Den Kalten Krieg könnte man wohl als einen weiteren derartigen Schock bezeichnen, doch sind seine Auswirkungen viel schwerer zu erkennen. Diese Schocks ließen die Demokratien in nie dagewesenen Bündnissen zusammenrücken, die weiterhin fortdauern. Es ist kein Wunder, daß sie diese Bündnisse bildeten, und es ist auch kein Wunder, daß in jeder dieser Demokratien die Tendenz zum Zentralismus, der hauptsächlich durch den Krieg entstand, Fuß fassen und sich so weit ausbreiten konnte, daß er heute eine ernsthafte Bedrohung der Freiheit darstellt, deren grundlegender Garant die Demokratie ist. Doch die Demokratien taten mehr, als gemeinsam zu kämpfen und sich zu zentralisieren. Um den Bürger zum Kämpfen zu motivieren, zum Steuerzahlen, zur Unterwerfung unter die staatliche Autorität, zur Akzeptierung ehemaliger Feinde als Verbündete, sahen sie sich auch gezwungen, ihre Grundüberzeugungen zu prüfen, zu formulieren und sich daran zu halten. Wie der britische Premierminister David Lloyd George 1918 sagte: »Nur die klarste, größte und gerechteste Sache … kann es rechtfertigen, diese unsägliche Agonie auch nur einen Tag lang fortzusetzen .« 12
    Dieser Zwang inspirierte viele solcher Aussprüche von hoher Gesinnung, in denen sich der Glaube der Alliierten an Freiheit, Demokratie und – wie man sie später nannte – Menschenrechte widerspiegelte. Manche dieser Aussprüche grenzten schon ans Mythische – vage Behauptungen eines Glaubens an die grundsätzliche Rechtschaffenheit der alliierten Sache. Aus Kriegshaß geboren, ist diese Vorstellung von der inhärenten Rechtschaffenheit des Westens nur schwachsinnig zu nennen, denn nach dieser Definition ist »gut«, wer unser Freund, und »böse«, wer unser Feind ist. Diese Auffassung von der inhärenten Rechtschaffenheit hing – und hängt in hohem Maße auch noch heute – von dem Bösen ab, das sich im Feind verkörperte, vor allem den Deutschen und Japanern. Der alliierte Rückwärtssalto im Fall Katyn ist ein Beispiel, das heute noch Millionen von Polen schmerzt.
    Ein weiteres Beispiel ist die weltweite Gruppenaktion gegen die japanische Regierung, im Januar 1995 von Tausenden Überlebenden japanischer Kriegsgefangenenlager ins Leben gerufen, die dort einst Zwangsarbeit leisten mußten und Mißhandlungen ausgesetzt waren. Kann man sich vorstellen, daß in Deutschland eine solche Aktion gegen eine der alliierten Regierungen zugelassen würde, die ihre deutschen Gefangenen nach dem Krieg in ähnlicher Weise mißhandelten? Hatte doch, wie wir bereits sahen, Lieutenant Colonel Henry W. Allard, 1944/45 Leiter eines amerikanischen Kriegsgefangenenlagers in Frankreich, geschrieben:
     
    »Die in den PW-Lagern in der Com Z in Europa herrschenden Bedingungen waren nur wenig bis gar nicht besser als in den japanischen PW-Lagern, von denen uns unsere Leute berichten, und eindeutig schlechter als in denen der Deutschen.«
     
    Daß im Westen niemand eine solche Gruppenaktion von ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen zulassen würde, liegt nicht an Beweismangel. Für die meisten Menschen im Westen dreht sich die Frage darum, ob Westler ebensolche Greuel wie die Japaner hätten begehen können. Diesen Menschen – sie bilden die Mehrheit – stellt sich gar nicht die Frage: »Haben die Alliierten so etwas getan?«, weil die Antwort einem jeden bereits eingepflanzt wurde: »Nein, die Alliierten taten so etwas nicht, weil sie dazu nicht fähig gewesen wären.« Der bedeutende britische Historiker Michael Howard zum Beispiel gab in der Literaturbeilage der Times bei der Besprechung eines Buches über alliierte Greueltaten an Deutschen zu, er sei zwar nur »ein mathematisch unbedarfter Historiker«, der nicht qualifiziert sei, die entscheidenden Statistiken in dem Buch zu beurteilen, doch brauche er nur »das Kriterium der inhärenten

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