Verschwiegene Schuld
Risiko dar, daß größere Versicherungsgesellschaften ihn nicht einmal als Risiko führen oder – falls doch – in einer niedrigeren Kategorie als die Gefahr durch Versprühen von Schädlingsbekämpfungsmitteln einstufen. Dennoch hat die US-Regierung in letzter Zeit rund 30 Milliarden Dollar im »Kampf« gegen Terroristen ausgegeben.
Der Zynismus wächst, das Mißtrauen gegenüber der politischen Führung sitzt tief, Ärger über die zentrale Regierungsgewalt ist weit verbreitet, separatistische Bestrebungen und Absetzbewegungen aus den städtischen Ballungszentren sind im Aufschwung. All diese Erscheinungen sind nicht neu – Demokratien befanden sich schon immer in einer Art Belagerungszustand. Wahrscheinlich werden wir als freie Gesellschaften überleben, jedoch nicht, wenn wir uns weiterhin so selbstgefällig und selbstsicher aufführen, so blind auf unsere Grundwerte vertrauen, nichts auf unsere Rechtschaffenheit kommen lassen und meinen, alles im Griff zu haben. Dieses Gefühl der Sicherheit rührt größtenteils von unseren militärischen Siegen her: 1918, 1945, im Kalten Krieg und im Golfkrieg. Doch unter den triumphalen Monumenten unserer Siege, die hoch über den Champs-Elysees, dem Piccadilly Circus, dem Confederation Square und dem Potomac aufragen, liegt tief begraben das Bewußtsein der Schuld. Unsere Monumente sagen nicht die ganze Wahrheit über uns.
Wenn wir die Krisen, die wir derzeit durchleben, meistern wollen, müssen wir ihre Realität anerkennen. Kein Wunschdenken wird den Rassenaufruhr in den Vereinigten Staaten, das finanzielle Debakel Kanadas, die »Britische Krankheit«, die den Bestand der ältesten Demokratie bedroht, oder die rassistischen Unruhen in Frankreich beenden. Was den Westen in der Vergangenheit oftmals gerettet hat, ist seine Wahrheitsliebe. Demokratie beruht auf einer sehr unsicheren Prämisse – daß die besten Herrscher jene sind, die das Volk erwählt. Darin kommt ein großes Vertrauen in die öffentliche Meinung zum Ausdruck.
Doch muß die öffentliche Meinung wahrheitsgetreu informiert werden, wenn sie frei und weise sein soll. Eine Lüge in das öffentliche Bewußtsein zu rücken macht aus ihr keine Wahrheit, sondern verleiht ihr lediglich Macht. Hitler wußte das und machte Gebrauch davon. Zu Kriegsende entsandten Amerikaner, Franzosen, Briten und Kanadier Teams von Psychiatern nach Deutschland, um die Nazimethoden der Meinungskontrolle zu studieren. Dabei handelte es sich um eine verdeckte Operation die Psychiater kamen unter dem Vorwand, die Nazi-Kriegsverbrecher auf ihren Geisteszustand zu überprüfen. Der verdeckte Teil der Operation bestand darin, herauszufinden, wie man Hitlers Methoden selbst nutzen könnte. Wie dies die CIA mit tödlichen bewußtseinsverändernden Experimenten an der McGill University in Montreal ins Werk setzte, ist weitgehend enthüllt worden, jedoch viel zu spät, um den Opfern noch helfen zu können. All dies ist von Kanada und den USA über viele Jahre hinweg geheimgehalten worden. Der Mann, der diese Experimente durchführte, war einer von denen, die schon in Nürnberg dabei waren, Dr. Ewan Cameron; er gewann später, als Präsident der American Psychiatrie Association, großen Einfluß in der amerikanischen Psychiatrie. Was für Geheimversuche wurden noch unternommen? Welche hatten Erfolg? Wir wissen lediglich, daß die Psychiatrie heutzutage ein großes Geschäft ist und etwa ein Drittel aller Amerikaner in der einen oder anderen Form einmal unter ihrem Einfluß gestanden haben.
Demokratien überleben zum Teil durch die Ausübung der Redefreiheit. Die Folgen unterdrückter Redefreiheit sind furchtbar, wie wir es zuletzt am Beispiel der Sowjetunion gesehen haben. Einer der Gründe dafür, daß sich die Kommunisten so lange an der Macht halten konnten, war der, daß niemand es wagte, die Stimme gegen sie zu erheben. Unter vielen anderen Maßnahmen der Unterdrückung ließ Stalin Bücher entfernen oder umschreiben, die bereits in Bibliotheken und Buchläden standen. Er tat dies, um eine Theorie zu untermauern oder ein Verbrechen oder nicht opportune Personen aus dem öffentlichen Bewußtsein zu streichen. Hitler übertrieb historische Streitigkeiten oder Heldentaten, um das Bewußtsein der Deutschen in seinem Sinne zu formen. Die Diktatoren steuerten die Gegenwart zum Teil dadurch, daß sie zunächst einmal die Vergangenheit kontrollierten. Wir im Westen glauben, daß wir mehr oder weniger immun gegen diese Art der
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