Verschwiegene Schuld
Sowjets zufolge waren rund 24 Prozent ihrer Gefangenen an der Westfront keine Deutschen. 162000 dieser nichtdeutschen westlichen Gefangenen starben ihren Angaben nach in ihren Lagern.) In den Gefangenenlagern des Westens kamen wahrscheinlich zwischen 80 000 und 120 000 Österreicher, Italiener, Ungarn und Rumänen ums Leben.
Die Zahlen des NKWD für in sowjetischer Gefangenschaft umgekommene Deutsche bewegen sich innerhalb des in Other Losses/Der geplante Tod gesteckten Rahmens. Das Buch wurde 1989 erstmals veröffentlicht, bevor die sowjetischen Archive geöffnet wurden. In Other Losses/Der geplante Tod wurde belegt, daß 800 000 bis 1 000 000 Europäer, hauptsächlich Deutsche, in den Lagern des Westens oder bald nachdem sie sie verlassen hatten, starben.
Weil Other Losses/Der geplante Tod bereits 1989 erschien, noch bevor die sowjetischen Archive geöffnet wurden, spricht die auffallende Übereinstimmung zwischen der sowjetischen und der in Other Losses/Der geplante Tod veröffentlichten Gesamtzahl stark für die Richtigkeit der sowjetischen Zahlen. Und umgekehrt unterstützen die nunmehr in den sowjetischen Archiven vorgefundenen Zahlen natürlich die in Other Losses/Der geplante Tod aufgestellte These.
Glaubwürdigkeit der verschiedenen Archive im Vergleich
Um das Niveau der Sterblichkeit auf jeder Seite der Kalte-Kriegs-Gegner richtig einzuschätzen, muß zunächst die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Archive überprüft werden. Sodann sind auch die Augenzeugenberichte von Gefangenen und Lagerwachen zu berücksichtigen. Im Westen fehlen entsprechende Aufzeichnungen größtenteils, oder sie sind gefälscht, geschönt, werden geheimgehalten. Zum Beispiel gibt es in den US-Archiven überhaupt keine Angaben über Todesfälle in der größten Kategorie von Kriegsgefangenen, den DEFs (Disarmed Enemy Forces – Entwaffnete Feindkräfte). Diese Gefangenen in Händen der US-Streitkräfte, die nicht durch diese versorgt und damit nicht gemäß der Genfer Konvention behandelt wurden, waren am 4. August 1945 als einzige Kategorie der vielen Millionen Gefangenen in amerikanischen Lagern übriggeblieben.
Die von den Professoren Arthur Smith, Stephen Ambrose, Brian Villa, Günter Bischof und Michael Howard sowie von Rüdiger Overmans, John Keegan und vielen anderen vertretene Auffassung, daß es in westlichen Kriegsgefangenenlagern kaum Todesfälle gegeben habe, stützt sich fast ausschließlich auf die von Erich Maschke herausgegebene Buchreihe Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Diese Reihe wiederum hängt von der Behauptung ab, die, nach Meinung der genannten Wissenschaftler, von Dr. Margarethe Bitter aufgrund ihrer Erhebung über vermißte deutsche Kriegsgefangene geliefert und auch bewiesen wurde. Dr. Bitter hat jedoch wiederholt gesagt, daß die von den obengenannten Autoren aus ihrer Arbeit gezogenen Schlüsse falsch sind.
Das Rote Kreuz und die Namen
Wie wir bereits sahen, hat das Russische Rote Kreuz im Laufe der Jahre auf Nachfrage deutscher Familien in über 50 000 Fällen Auskunft über das persönliche Schicksal von deutschen Soldaten erteilt, die in sowjetischer Kriegsgefangenschaft starben. Den Japanern wurden ähnliche Auskünfte in 38 000 Fällen erteilt. Experten des DRK-Suchdienstes haben in den ZSSA-Archiven in Moskau die Daten von über einer Million Kriegsgefangenen aus dem Russischen ins Deutsche übertragen. Derart ausführliche Informationen stehen weder in amerikanischen noch französischen oder britischen Archiven zur Verfügung. Und die Archive des Internationalen Roten Kreuzes in Genf bleiben jedem verschlossen, der etwas über das Schicksal von deutschen Kriegsgefangenen in alliierter Hand erfahren möchte. Nach Auskunft des Roten Kreuzes bleiben diese Archive grundsätzlich jedem verschlossen, doch in den letzten Jahren wurden sie anderen Autoren, die Nachforschungen über deutsche Kriegsgefangenenlager oder Vertriebene anstellten, zumindest in drei Fällen geöffnet. Diese unterschiedlichen Verfahrensweisen werden nicht begründet.
Deutsche Zahlen bestätigen den Kaschirin-Bericht
Jene, die glauben, daß es in westlichen Lagern keine außergewöhnlichen Todesfalle gab, führen an, daß die sowjetischen Archive zwar der Wahrheit entsprechen mögen, aber unvollständig seien. Die Professoren Brian Villa aus Ottawa und Stefan Karner aus Graz vertreten zum Beispiel die Ansicht, daß Hunderttausende deutscher Kriegsgefangener
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