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Verschwiegene Schuld

Verschwiegene Schuld

Titel: Verschwiegene Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bacque
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stehen zur Verfügung. Die weniger schweren Fälle zählen etwa 150 000 .« 8
    Der deutsche Arzt A. Lang, Professor für Physiologische Chemie an der Universität Mainz, berichtete einem amerikanischen Offizier im April 1948, die Sterblichkeitsrate in der Pfalz habe 1947 lediglich 13 Promille betragen, doch eine Quelle für seine Statistiken gab er nicht an. Wenn diese – wie die Ergebnisse der Volkszählung von 1946 – von »Deutschen unter der Leitung der alliierten Kontrollkommission« zusammengestellt worden waren, dann könnte eine Erklärung für die niedrigen Werte darin bestehen, daß die Ergebnisse »korrigiert« wurden, um ein günstigeres Bild von den Lebensbedingungen unter alliierter Besatzung zu geben. Die Pfalz lag in der französischen Zone, wo die Lebensmittelzuteilungen durchweg niedriger waren als in der britisch-amerikanischen Bizone. Daher sollte man eigentlich meinen, daß die Sterblichkeit dort höher war, etwa so hoch wie in Bad Kreuznach. Eine andere Erklärung könnte jedoch auch sein, daß Menschen, die in einer ländlichen Umgebung wohnten, leichter Lebensmittel »organisieren« und damit ihre offiziellen Rationen aufbessern konnten als die Menschen in Großstädten, und die Pfalz war größtenteils ländlich, Großstädte gab es dort nicht, und nicht nur die Zahl der einheimischen Bevölkerung war gering (unter einer Million), auch Vertriebene gab es dort relativ wenig. Dennoch ist eine so starke Diskrepanz schwer vorstellbar, daß die Einwohner von Bad Kreuznach, das so nahe an der Pfalz und ebenfalls in der französischen Zone lag, doppelt so schnell gestorben sein sollten wie ihre nächsten Nachbarn. Die Angabe paßt auch nicht zu der Sterbestatistik von Landau, das direkt in der Pfalz lag, und von anderen Orten in der französischen Zone, wo die Sterberate ebenfalls höher war.
    Zum Thema Gesundheit stellte der amerikanische Militärgouverneur einen interessanten Vergleich zwischen der Sowjet- und den drei Westzonen an. Clay schrieb, daß 1945 die landwirtschaftliche Produktion in der Sowjetzone für einige Getreidearten fast 80 Prozent, westlich der Elbe für Getreide aller Art sogar 90 Prozent der normalen Vorkriegsproduktion betrug, dazu etwa 75 Prozent bei den Tierprodukten. 9  Gleichzeitig betrug die Lebensmittelproduktion im Westen jedoch nur 57 Prozent der Pro-Kopf-Produktion vor dem Krieg. Interessant dabei ist, daß die Landwirtschaft in allen Zonen ausschließlich von Deutschen betrieben wurde, und zwar vorwiegend von Hand. Die höhere Produktivität in der Sowjetzone scheint somit darauf hinzudeuten, daß der Gesundheitszustand der Bevölkerung der Sowjetzone damals mindestens ebenso gut war wie derjenige der Menschen im Westen.
    Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Statistiken lokalen Ursprungs im allgemeinen mit den Gesamtstatistiken übereinstimmen, die sich aus dem Vergleich der Volkszählungsergebnisse ableiten und die im Haupttext besprochen worden sind. Die wenigen, die nicht in das Gesamtbild passen, weisen zumeist noch andere Eigentümlichkeiten auf, welche sie a priori unglaubhaft erscheinen lassen.
     
    Anmerkungen
     
    1  Report on Brilon MG B5l vol. l, File Friesen G. A. 1945-6, NAC.  (zurück)
    2  Ernst-Günther Schenck, Das menschliche Elend im 20. Jahrhundert, S. 68.  (zurück)
    3  Konrad Adenauer, Rede vor dem Schweizer Bundesrat am 23. März 1949, in: Ders., Erinnerungen 1945-53, S. 187.  (zurück)
    4  Schenck, a. a. O., S. 79. Man könnte meinen, daß Königsberg, weil es von den Sowjets übernommen wurde, außerhalb des Rahmens unserer Betrachtungen liegt, doch ist dabei zu berücksichtigen, daß es sich bei den Sterbestatistiken für die Flüchtlinge, die in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands eintrafen, zumeist um Schätzungen handelt, die weitgehend auf Feststellungen von außerhalb der Sowjetzone beruhen, wie viele Deutsche lebend in den besetzten Gebieten zurückblieben. Und natürlich enthalten die Statistiken von Murphy und der Vergleich der beiden Volkszählungen auch die statistischen Angaben für die Sowjetzone.  (zurück)
    5  Gabriele Stüber, Der Kampf gegen den Hunger 1945-1950, S. 285. Das Protokoll der Sitzung des Zonenbeirats befindet sich im Bundesarchiv Bonn, 1/253.  (zurück)
    6  Vital Statistics Hansestadt Hamburg, 1938, British Army Report, undatiert, in: FEC Papers, Box 14 oder Umgebung, HA.  (zurück)
    7  Pope an External, 4. Juli 1947, External Affairs Records, File 8376-K, NAC.  (zurück)
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