Verschwörung im Zeughaus
beleuchteten, aus seiner Halterung. Um diese Jahreszeit wurde es bereits früh dunkel; die Fackel würde ihm helfen, seinen Weg über die unebenen und vielfach mit Unrat bedeckten Straßen und Gassen von Köln zu finden.
«Mira, was tust du denn hier?» Verwundert betrat Adelina am frühen Morgen des nächsten Tages das Krankenzimmer. Tilmann lag noch immer in der gleichen leblosen Position wie am Vortag auf dem Bett. Er hatte das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt, doch sein Atem ging einigermaßen gleichmäßig.
Die Gesellin hatte sich auf dem Strohsack, den Ludowig für die Krankenwache hereingebracht hatte, zusammengerollt. Als ihre Meisterin eintrat, schrak sie hoch.
«Oh, guten Morgen.» Sie rieb sich die Augen. «Ich muss wohl eingenickt sein. Ist er …» Sie sprang auf und beugte sich über Tilmann, dann atmete sie hörbar auf. «Ich dachte schon …» Sie drehte sich mit einem unsicheren Lächeln zu Adelina um. «Ich habe Franziska heute Nacht abgelöst, weil sie doch auch ihren Schlaf braucht. Sie muss sich ja um Colin und Katharina kümmern, da darf sie nicht müde sein.» Mira unterdrückte ein Gähnen. «Er hat sich die ganze Zeit nicht gerührt.»
«Es ist sehr freundlich von dir, dass du dich kümmerst», sagte Adelina. «Aber es wäre nicht nötig gewesen. Ich hätte auch …»
«Ach was, das ist schon in Ordnung», wehrte Mira verlegen ab. «Ihr und der Magister und alle hier im Haus seid doch fast wie meine eigene Familie. Da ist es selbstverständlich, dass ich helfe.»
«Danke, Mira.» Adelina war das Erstaunen über die Worte der jungen Frau anzuhören. Sie legte den Kopf schräg. «Dabei dachte ich, dass du Tilmann nicht ausstehen kannst. Ihr habt euch doch nie sonderlich gut verstanden, und meistens bist du ihm in großem Bogen aus dem Weg gegangen, seit er damals …»
«Ja, ich weiß.» Mira zuckte die Achseln. «Ich habe ihn gemieden, weil ich nicht ertragen mag, von ihm verspottet zu werden. Er hält mich für eine dumme, einfältige Gans mit losem Mundwerk.»
«Zumindest die zweite Hälfte dieser Einschätzung entspricht der Wahrheit», ergänzte Adelina lächelnd.
Wieder zuckte Mira die Achseln. «Kann sein, dass ich meine Zunge nicht immer gebührend im Zaum halten kann. Deshalb gehe ich ihm normalerweise ja auch aus dem Weg. Dann hat er keine Gelegenheit, mich zu provozieren und hinterher zu schelten, wenn mir eine ungezogene Bemerkung herausrutscht. Er ist immer so …»
«Missbilligend?» Adelina nickte. «Ja, darin ist er gut. Ich lege mich auch oft genug mit ihm an.»
«Ja, aber Ihr seid Meisterin und noch dazu seine Schwester. Euch nimmt er das nicht übel.»
«Nicht? Das wäre mir neu.»
«Er respektiert Euch», erklärte Mira mit Bestimmtheit. «Mich nicht – und warum auch? Dabei stehe ich doch von Stand her über ihm.»
«Nun fang nicht wieder davon an, Mira!»
«Ist doch so. Ich bin von adeliger Geburt, daran lässt sich nichts ändern. Und er wollte mich zur Ehefrau, damit ich ihm Zugang zu den höheren Kreisen verschaffe.»
Adelina seufzte. «Du nimmst ihm das noch immer übel.»
«Nein, es ist schließlich legitim. Aber ich hätte auf keinen Fall einen Mann wie ihn heiraten können. Ich halte es ja nicht einmal länger als ein paar Minuten in seiner Nähe aus, ohne ihm wegen seiner arroganten Art an die Kehle gehen zu wollen. Na ja, es sei denn, er ist bewusstlos.» Als ihr klar wurde, wie ungezogen ihre Worte waren, zog sie den Kopf ein. «Verzeihung, Meisterin.»
Adelina schüttelte milde tadelnd den Kopf. «Und trotzdem hast du die halbe Nacht an seinem Bett gewacht.»
«Weil er Euer Bruder ist und weil …» Mira zögerte und blickte auf den leblosen Körper des Hauptmanns. «Nicht einmal er hat so was verdient.»
«Geh hinaus und wasch dich, es gibt bald Frühstück», sagte Adelina und wechselte damit das Thema. «Später kümmerst du dich für eine Weile allein um die Apotheke, während ich zum Rathaus gehe und versuche, etwas über den Mord an Clais van Dalen herauszufinden.»
«Findet Ihr das nicht merkwürdig?»
«Was meinst du?»
Mira machte eine ausholende Geste. «Na, dass schon wieder jemand aus Eurer Familie in so etwas verwickelt ist. Man könnte fast meinen …» Sie brach verlegen ab. «Dabei war doch endlich ein bisschen Ruhe eingekehrt.»
Darauf konnte Adelina nichts Kluges erwidern, doch ähnliche Gedanken waren ihr in der vergangen Nacht auch schon gekommen. Offenbar zogen sie und ihre Familie solche Unglücke wie
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