Verschwörung in Florenz
Cosimo einen zweifelnden Blick zu. »Sollen wir es wirklich wagen?«
Cosimo war unschlüssig. Hundert Dukaten waren wirklich eine ziemlich große Summe für ein Hirngespinst. Doch wenn es wahr war, wenn Arianna Recht hatte und dies wirklich eine Schrift von Merlin war, dann war sie jede einzelne Münze wert. Selbst wenn sie sich niemals die Arbeit machen sollten, die Geheimschrift zu entschlüsseln.
»Ja«, sagte er entschlossen. Jeder Mann in seiner Familie hatte eine besondere Leidenschaft. Sein Onkel sammelte Krüge aus allen Materialien und allen Teilen der Welt, sein Vater sammelte Waffen. Er selbst hatte eine Schwäche für Gemälde und Handschriften. Und diese Handschrift war ohne Zweifel alt. Sie war schön. Und allein der Gedanke, dass sie von Merlin stammen könnte, machte sie unendlich kostbar. Das war beinahe so, als würde ihm jemand einen jener Briefe anbieten, die der heilige Apostel Paulus geschrieben hatte. »Wir sollten es tun. Und wenn du Skrupel hast, so werde ich die Summe allein aufbringen.«
Giacomo zuckte mit den Schultern. Die Hexe lächelte zufrieden.
»Ich wusste, dass ihr den Wert dieser Schrift zu schätzen wisst.«
»Wo willst du deinen Lohn in Empfang nehmen?«
»Ich erwarte euch morgen früh bei Sonnenaufgang hier.«
»Kannst du uns noch etwas über das Rezept sagen?«, fragte Cosimo und versuchte bereits die Buchstaben und Zeichen zu entziffern. Er konnte seine Augen kaum von dem Pergament lösen, so sehr faszinierte es ihn.
»Wenig, denn ich selbst habe nie von diesem Trunk gekostet. So verlockend es erscheinen mag, ich habe mich vor den Gefahren gefürchtet, die darin lauern. Ich kann euch also nur den Rat geben, vorsichtig zu sein. Alles andere müsst ihr selbst entscheiden und herausfinden.«
»Wenn alles geklärt ist, können wir ja gehen«, sagte Giacomo. »Gehab dich wohl.«
Er verbeugte sich halb vor der Hexe und stampfte davon, so als wäre ihm die Laune verdorben worden. Kopfschüttelnd sah Cosimo ihm nach.
»Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist.«
»Er ist schwach und lebt mit den Fesseln, die sein strenger Stiefvater ihm angelegt hat. Doch gerade darin liegt die Gefahr. Denn sollte er eines Tages die Fesseln abstreifen, könnte die neu gewonnene Freiheit seinen Geist verwirren. Du wirst auf ihn aufpassen müssen, Cosimo.«
Sorgfältig rollte Cosimo das Pergament zusammen, schob es in die Röhre zurück und verschloss sie wieder. Nachdenklich drehte er den Ast in seinen Händen, der genauso unauffällig aussah wie zuvor.
»Kaum zu glauben, dass so ein unscheinbarer, gewöhnlicher Ast solch eine Kostbarkeit in sich birgt.«
»Ich sagte euch doch, dass Äußerlichkeiten keinen Wert haben.«
»Wie kannst du sicher sein, dass ich jetzt nicht einfach davongehe und nicht mehr wiederkehre?«, fragte Cosimo.
»Ich meine, ich habe das Pergament, du hast uns alles erklärt. Weshalb sollten wir uns an unseren Teil des Geschäfts halten?«
Sie lächelte wieder, doch diesmal war ihr Lächeln so kalt, dass Cosimo mitten an diesem warmen Frühlingstag im April zu frösteln begann.
»Weil ich euch davon abraten würde, es nicht zu tun. Solltet ihr wortbrüchig werden, werde ich mir mein Eigentum zurückholen, heimlich, in der Nacht. Und dann werde ich euch verfluchen. Eure Körper werden vertrocknen, und euer Geist wird sich verwirren. Vergessen von der Welt, angekettet und nackt wie Tiere werdet ihr langsam und qualvoll in einem dunklen, stickigen Loch verenden. Ich kenne eure Namen, ich habe euch beide berührt. Ihr habt mir eure Hände gereicht. Das genügt.« Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Ich weiß, für euch ist eine Hexe ein altes, zahnloses, buckliges Weib mit langen, wirren Haaren. Doch ich sagte euch, dass ihr Äußerlichkeiten nicht beachten solltet. Ich habe die Macht, einen Fluch über euch zu sprechen. Und ich werde nicht zögern, es zu tun.«
Ich glaube dir aufs Wort, dachte Cosimo, als er den Weg den Hügel hinunterging. Er hatte keine Eile. Giacomo würde er ohnehin nicht mehr einholen, und es gab so viel, worüber er nachdenken wollte.
Das Elixier
Es war mitten in der Nacht. Draußen heulte der Wind durch die schmalen Straßen und Gassen von Florenz. Eigentlich hatte der Winter den Kampf gegen den Frühling, gegen Sonne und Wärme schon längst verloren. Doch bevor er sich endgültig geschlagen geben wollte, bäumte er sich noch ein letztes Mal auf und biss zu wie ein in die Enge getriebener Hund.
Eisige Kälte kroch durch
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