Verschwörung in Florenz
Cosimo grimmig. Er legte seine Hände um den Mund. »Komm zurück! Wir sind jetzt hier!«
»Hör doch auf, so zu schreien!«, mahnte Giacomo und sah sich erschrocken um. »Du wirst noch die Mönche oben im Kloster auf uns aufmerksam machen.«
Der Freund hatte natürlich Recht.
»Verdammt!« Verärgert fuhr Cosimo sich mit beiden Händen durch das Haar, das in feuchten Strähnen auf seiner Stirn klebte. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals in seinem Leben so schnell gelaufen zu sein wie heute. Und trotzdem war alles umsonst gewesen. Doch vielleicht hatte die Hexe sie ja gar nicht erwartet? Vielleicht war sie nie hier gewesen, sondern hatte sich lediglich einen Scherz mit ihnen erlaubt? Cosimo stellte sich vor, wie sie gerade in diesem Augenblick in einem kleinen Ochsenkarren saß, meilenweit von Florenz entfernt auf dem Weg in eine andere Stadt, und über die beiden jungen Narren lachte, die hier, unterhalb von San Miniato al Monte, auf ein Geheimnis warteten, das es in Wirklichkeit gar nicht gab. Vielleicht sollte er …
»Ihr seid also doch noch gekommen. Das erstaunt mich. Ich hatte nicht damit gerechnet.«
Die klare Stimme ließ Cosimo herumfahren. Dort stand sie, keine zehn Schritte von ihnen entfernt, im Schatten der Bäume. Ihr Kleid war von derselben braungrünen Farbe wie die Rinde der Kastanien und Buchen um sie herum. Möglich, dass sie sogar schon längere Zeit dort gestanden und sie beobachtet hatte. Sie war wirklich schwer zu entdecken.
»Wir wären auch beinahe nicht gekommen«, sagte Giacomo, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte.
»Wir waren nämlich …«
»Wir wurden noch aufgehalten«, unterbrach Cosimo seinen Freund. Die Hexe brauchte von Giacomos Zweifeln nichts zu wissen. Unter Umständen überlegte sie es sich dann doch noch und weihte sie nicht in das Geheimnis ein. »Deshalb haben wir uns auch verspätet.«
Sie lächelte milde, sanft. Und Cosimo wusste, dass sie seine kleine, eigentlich harmlose Lüge durchschaut hatte. Er wurde rot bis unter die Haarwurzeln.
»Ich verstehe«, sagte sie. »Doch es zählt nur, dass ihr jetzt hier seid – und dass ihr aus freiem Willen gekommen seid.«
»Ja, das sind wir«, erklärte Giacomo so ernsthaft und bestimmt, dass man den Eindruck gewinnen konnte, auch er selbst glaubte an seine Worte. »Und wo ist jetzt das Geheimnis, das du uns versprochen hast?«
»Sachte, mein Freund«, sagte Cosimo und legte Giacomo eine Hand auf die Schulter, um ihn zurückzuhalten. »Bevor wir um die Ware bitten, sollten wir die Frage der Bezahlung klären.«
Giacomo nickte. »Cosimo hat Recht«, sagte er. »Was forderst du von uns dafür, dass du uns das Geheimnis verrätst?«
Das Lächeln war von Ariannas Gesicht verschwunden. Das machte Cosimo nervös.
Jetzt werden wir ihr wahres Gesicht kennen lernen, dachte er. Was wird das Weib wohl von uns verlangen?
»Ich verlange hundert Dukaten«, antwortete sie mit ruhiger, klarer Stimme.
»Was?«, rief Giacomo entrüstet aus. »Ich muss mich wohl verhört haben.«
»Ich sagte hundert Dukaten«, wiederholte sie.
»Aber das ist doch …«
»Ein ziemlich hoher Preis, Giacomo hat Recht«, fiel Cosimo seinem Freund ins Wort. Er war erleichtert. Hundert Dukaten waren ein geradezu lächerlicher Preis verglichen mit dem, was er im Stillen befürchtet hatte – dreizehn geweihte Hostien oder den Knochen eines Heiligen zum Beispiel. Den Mord an einem Kardinal. Oder gar ihre unsterblichen Seelen. Doch ebenso wie Giacomo gehörte auch er nicht umsonst zu einer der reichsten und angesehensten Kaufmannsfamilien in Florenz. Bereits in der Wiege hatte er an den Bankgeschäften der Familie Medici teilgenommen. Und während andere Kinder auf den Straßen mit ihresgleichen gespielt hatten, hatte er neben seinem Vater und seinem Onkel im Schreibzimmer ihres Palastes gesessen und zugehört, wie sie über ihre Geschäfte gesprochen hatten. Er konnte nicht anders, er musste den Preis herunterhandeln – oder es wenigstens versuchen. »Ich biete dir fünfzig, wenn du uns das Geheimnis nennst.«
Doch Arianna schüttelte den Kopf. »Nein, auch wenn du deinem Namen und deiner Familie alle Ehre machst, Cosimo, ich lasse nicht mit mir verhandeln. Im Gegenteil. Für dieses Geheimnis könnte ich alles von euch verlangen – selbst die Köpfe eurer Väter auf einem silbernen Tablett. Und ihr wärt ohne Zögern bereit, jeden Preis zu zahlen, wenn ihr wüsstet, worum es sich handelt.«
»Doch gerade darum geht es«,
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