Verschwunden in den Flammen (German Edition)
saß.
»Ken, das mit Samantha tut mir leid«, sagte Polizeichef Gladstone.
Suzette Breland, seine Anwältin, nickte einvernehmlich. »Wir sind alle geschockt von der Nachricht. Hat der Direktor dir alles erzählt?«
»Ja, hat er gerade. Also einen Teil davon. Was ist passiert?« Ken fühlte sich wie betäubt, als er sich neben sie setzte.
Polizeichef Gladstone rekapitulierte die Geschehnisse vom Abend des Brandes.
»Niemand weiß, warum Samantha noch einmal in das Feuer zurückgegangen ist. Wir haben die Gegend letzte Nacht abgesucht und dann noch einmal, als es wieder hell wurde. Wir konnten nichts finden, außer Samanthas Helm. Aber wir sind noch am Ermitteln. Deine Schwiegermutter erschien heute Morgen am Einsatzort. Natürlich ist sie sehr beunruhigt. Sie meinte, sie würde ein Spezialsuchteam einschalten.«
Ken spürte, wie sein Mund immer trockener wurde.
»Wann hast du das letzte Mal mit Sam gesprochen?«, fragte Polizeichef Gladstone.
»Am Dienstag.« Er räusperte sich. »Sie und Suzette waren zu Besuch da.«
»Wir sind ihre Aussage für die Gerichtsverhandlung durchgegangen«, sagte Suzette und pulte nervös an ihren Fingernägeln. Sie waren in einem grellen Pink lackiert, das exakt den gleichen Farbton wie ihre eingefärbten Haarsträhnen hatte. Ihre Garderobe schien etwas ungeordnet und aufreizend, aber trotz dieser Äußerlichkeiten eilte ihr der Ruf voraus, im Gerichtssaal eine richtige Bulldogge zu sein. Sie akzeptierte kein Nein und kämpfte wie ein Berserker für ihre Mandanten.
»Wie kam sie dir da vor?«, fragte der Polizeichef.
»So wie immer«, sagte Ken. »Sie war ein bisschen gestresst wegen des Verfahrens und wegen des Geldes. Aber sie schien sich ganz gut zu halten.« Er seufzte tief.
»Sie hat nichts davon gesagt, dass sie wegfahren oder einfach alles hinter sich lassen wollte?«
»Nein, gar nicht. Ich habe auch an so etwas gedacht, aber sie würde nie die Kinder vorsätzlich zurücklassen. Sam rennt nicht vor ihren Problemen davon.«
»Was ist mit Drohungen? Ist sie von jemandem bedroht worden?«
Ken schüttelte den Kopf. »Meinst du das örtliche Drogenkartell?«
»Ich meine generell irgendjemanden.«
»Nein. Ich weiß nicht, ob sie mir gesagt hätte, wenn sie sich von jemandem bedroht gefühlt hätte. Sam versucht immer, hart zu sein. Und sie hätte sowieso nicht gewollt, dass ich mir über irgendetwas Sorgen mache, solange ich hier drin bin.«
»Und du? Hat man dich in letzter Zeit bedroht?«
»Ich habe nicht gerade neue Freundschaften geschlossen«, erwiderte Ken mit zynischem Unterton. »Aber sonst gab es nichts Nennenswertes.«
»Okay. Wenn dir noch etwas einfällt, lass es mich wissen.« Der Polizeichef musterte Ken für ein paar Sekunden.
»Es tut mir wirklich sehr leid für dich Ken. Ich weiß, wie viel dir deine Familie bedeutet.«
Ken nickte. »Danke.«
»Ich werde heute mit dem Richter sprechen, um zu sehen, ob wir die Verhandlung vielleicht vertagen können«, sagte Suzette. Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Sie trug eine enge Bluse zu einem kurzen, dunklen Rock, der alle ihre Vorzüge betonte. Ken wunderte sich, wie sie es schaffte, so vor Gericht erscheinen zu dürfen. Er musste aber zugeben, dass es ihr vorzüglich stand. »In Anbetracht all dessen, was inzwischen vorgefallen ist, wird das kein Problem sein, denke ich.«
»Okay. Also wenn wir hier fertig sind …«, antwortete Ken.
»Du hörst bald von mir, mein alter Junge.« Polizeichef Gladstone erhob sich zum Gehen.
KAPITEL 6
Santa Rosa Beach, Florida, Dienstag, 06:00 Uhr
Nach den zwölf Stunden Fahrt von Miami nach Santa Rosa Beach hatte Rachel Mühe, am nächsten Morgen aufzustehen und sich auf das Treffen vorzubereiten. Michelle hatte sie in einem hübschen Strandhaus mit Blick auf die wunderschönen weißen Strände und das türkisblaue Meer des Golfes von Mexiko untergebracht. Sie wäre gerne im Bett liegen geblieben und hätte den Wellen und den Schreien der Möwen gelauscht.
Santa Rosa Beach war ein kleines Küstenstädtchen, in dem das ganze Jahr hindurch etwa zehntausend Menschen lebten. Während der Touristensaison im Sommer schwoll die Einwohnerzahl auf rund fünfzigtausend an, mal mehr, mal weniger. Die meisten Menschen, die hier lebten, waren entweder im Ruhestand oder arbeiteten in der Tourismusbranche – als Fischer, Hotelangestellte, Kellner, Makler oder Besitzer von kitschigen Souvenirläden, die Kleidung und Andenken verkauften.
Rachel fuhr zum Donut Hole,
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