Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
Ankunft gesagt. Eine einzige Jauchegrube. Hat schon vor den Bomben nicht viel getaugt. Und jetzt noch weniger.«
»Hier drüben«, rief Texas Slim.
Nahe am Bordstein parkte ein Greyhound-Bus mit Vorhängen vor den Fenstern. Die geteilte Tür stand offen. An den Sicherheitsstangen, an denen man sich beim Einstieg festhalten konnte, klebte dunkles Blut. Und an einem der Fenster entdeckte ich einen blutigen Handabdruck. Selbst von außen roch ich den Tod da drinnen.
»Carl, wir beide gehen rein«, sagte ich.
Gefolgt von Carl machte ich mich auf den Weg. Irgendjemand hatte den Bus in eine Art Schlafsaal umgewandelt. Die Sitze waren entfernt worden und hatten – in ordentlichen Reihen aufgestellten – Feldbetten Platz gemacht. Zumindest waren es mal ordentliche Reihen gewesen. Jetzt waren die Betten umgestürzt und bildeten ein einziges Chaos. Und überall war Blut. Wirbel und Streifen von Blut, das auch am Fußboden klebte, zusammen mit Fleischfetzen und Haarbüscheln.
Und ich sah Leichen, mindestens ein Dutzend Leichen. Alle waren verstümmelt, aufgeschlitzt, zerhackt und skalpiert. Die Gliedmaßen und Gedärme waren überall verstreut, baumelten von den Wandregalen herunter und hatten sich in den alten Armeedecken verheddert. Es war heiß hier drinnen, heiß und eng, und stank widerlich nach Blut, Fleisch und Eingeweiden. In mehreren Rümpfen steckten noch Speere, angemalt mit Symbolen, die wegen der schmutzigen Handabdrücke und Blutflecken kaum noch erkennbar waren.
Ich flüchtete, um mich nicht übergeben zu müssen, hatte mich aber zu spät dazu entschieden und entleerte meinen Mageninhalt auf das Pflaster. »Geht dort nicht rein«, sagte ich zu meinen Freunden, die alle blass um die Nase waren. »Geht dort bloß nicht rein.«
Nachdem mein Magen sich wieder beruhigt hatte, trank ich etwas Wasser aus der mitgebrachten Flasche und rauchte mit Carl eine Zigarette. Ich fühlte mich verzweifelt, ohnmächtig – allein schon wegen der Überzahl der Gegner – und völlig neben der Spur. Dieses Blutbad, mein Gott! Vor der vergangenen Nacht, ehe die Clans eingefallen waren und jeden im Bus niedergemetzelt hatten, musste hier eine irgendwie intakte Gemeinschaft von Menschen gelebt haben. Vermutlich waren es völlig normale Menschen gewesen, denn im Bus hatte ich Körbe mit Kleidung, Bücher und Werkzeuge gesehen. Diese Leute waren weder Verrückte noch Tiere gewesen.
Texas Slim, der die Umgebung abgesucht hatte, war lediglich auf weitere Leichen gestoßen, darunter allerdings ein Leichnam besonderer Art. »Hab einen von denen gefunden«, rief er. »Da drüben.«
Wir gingen ihm nach, bis er vor einem zersplitterten Schaufenster stehen blieb. In verdrehter Körperhaltung lag dort einer unserer Gegner: ein totes Clan-Mitglied. Er war von Kugeln durchsiebt, musste wohl eine ganze Menge davon weggesteckt haben, ehe er zusammengebrochen war. Er trug eine schmutzige grüne Armeejacke und schwere abgewetzte Stiefel. Seine gelben knochigen Hände waren von offenen Wunden übersät und so gekrümmt, dass sie sterbenden Spinnen ähnelten. Der Schädel war bis auf einen schmierigen Irokesenkamm kahl geschoren, das Gesicht unter einer Gasmaske verborgen. Bei Clan-Mitgliedern waren diese Gasmasken, die, wie Sean mir erzählt hatte, aus alten Armeebeständen stammten, sehr beliebt; sie trugen sie wie Fetischmasken. Sie waren aus Leder hergestellt und mit einem ovalen Atemluftfilter und zwei Sichtscheiben ausgestattet, die an glotzende Insektenaugen erinnerten.
Nur selten stieß man auf einen toten Clan-Angehörigen; normalerweise nahmen die Clans ihre Toten mit.
»Komm, wir schauen mal nach, wie dieser Mistkerl aussieht.« Carl schulterte seine Kalaschnikow und zog ein Ka-Bar-Klappmesser heraus. Sorgfältig darauf achtend, dass er den Leichnam nicht berührte, schnitt er die Lederriemen der Maske durch und legte mit der Messerspitze das Gesicht darunter frei. »Scheiße!« Entsetzt fuhr er zurück.
Das Gesicht sah wirklich furchtbar aus. Es war gelb, schwabbelig und so aufgedunsen, dass es völlig grotesk wirkte. Der Mann hatte nur noch ein einziges Auge, von dem lediglich das Weiße zu sehen war. Früher von einem kranken Gehirn gesteuert, starrte es jetzt unbeteiligt ins Leere. Das andere Auge war von den cremefarbenen Blasen eines Pilzes überwuchert, die sich über die ganze linke Gesichts- und Kopfhälfte erstreckten und das darunterliegende Hautgewebe offenbar zersetzt hatten. Aus den Blasen waren winzige Wurzeln
Weitere Kostenlose Bücher