Versprechen der Nacht
Nicht bevor ich gesehen habe, was mit Rachel passiert ist. Ich weiß, du glaubst wahrscheinlich kein Wort von dem, was ich sage …«
»Doch, Savannah.« Von dem eben Gehörten drehte sich ihm der Kopf, von allem, was er in dieser verängstigten, aber dennoch so direkten Frau sah. »Ich glaube dir, und ich will dir helfen.«
»Helfen? Wie denn?« Er hörte die Verzweiflung, die sich jetzt in ihre Stimme schlich. Sie war erschöpft, emotional völlig ausgelaugt. Langsam ging sie zu dem durchgesessenen Sofa hinüber und ließ sich hineinfallen, beugte sich nach vorn und vergrub das Gesicht in den Händen. »Wie kannst du bei so etwas schon helfen? Ich meine, was ich gesehen habe, kann einfach nicht real gewesen sein. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, nicht?«
Scheiße, fast hätte er ihr die Wahrheit erzählt. Dass es für ihre Verwirrung eine Erklärung gab und er ihr helfen würde, alles zu verstehen, was sie jetzt so ängstigte und verunsicherte.
Aber er konnte es nicht. Er hatte nicht das Recht dazu.
Der Orden musste über Savannahs Existenz informiert werden. Als Krieger – Hölle noch mal, allein schon als Stammesangehöriger – war es Gideons Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Frau sanft und schonend in ihre Welt eingeführt wurde und erfuhr, welchen Platz sie darin einnahm – wenn sie sich dafür entschied. Statt sie schonungslos vor vollendete Tatsachen zu stellen.
»Was ich sage, ergibt keinen Sinn«, murmelte sie. »Aber vielleicht sollte ich zur Polizei gehen und es trotzdem erzählen.«
»Tu das nicht, Savannah.« Seine Worte kamen zu schnell heraus, zu heftig. Es war ein Befehl, und er konnte ihn nicht zurücknehmen.
Sie hob abrupt den Kopf, die Brauen gerunzelt. »Ich muss es doch jemandem erzählen, oder etwa nicht?«
»Das hast du. Du hast es mir erzählt.« Er ging zu ihr hinüber und setzte sich neben sie auf das Sofa. Weder zuckte sie zusammen noch zog sie sich zurück, als er ihr die Hand auf den Rücken legte und sie langsam streichelte. »Lass mich dir helfen, das alles durchzustehen.«
»Wie denn?«
Mit der freien Hand streichelte er ihre samtige Wange. »Vorerst musst du mir einfach vertrauen, dass ich es kann.«
Sie sah ihm lange in die Augen, und schließlich nickte sie und schmiegte sich in seine Umarmung. Ihr Kopf lag auf seinem Herzen, ihr schlanker Körper warm und weich in seinen Armen. Es kostete ihn Anstrengung, sein Verlangen zu zügeln, wenn Savannah sich so vertrauensvoll an ihn schmiegte.
Aber jetzt brauchte sie Trost. Sie brauchte ein Gefühl von Sicherheit. Und das konnte er ihr geben, zumindest für den Moment.
Gideon hielt sie, als sie in seinen Armen in einen tiefen Schlaf fiel. Irgendwann später, es mussten Stunden sein, hob er sie vom Sofa und trug sie vorsichtig zu ihrem Bett hinüber, damit sie es bequemer hatte.
Er blieb, bis kurz bevor es hell wurde, und wachte über sie. Sorgte dafür, dass sie in Sicherheit war.
Fragte sich, auf was zur Hölle er sich da eigentlich gerade einließ.
8
»Das soll wohl ein verdammter Witz sein.«
Lucan Thorne war alles andere als erfreut, zu hören, dass Gideon sich in der Nacht unerlaubt von der Truppe entfernt hatte. Und noch weniger begeistert war er, zu hören, wo Gideon diese letzten Stunden verbracht hatte.
»Eine gottverdammte Stammesgefährtin? Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht, Mann?« Der Gen-Eins-Anführer des Ordens stieß einen üblen Fluch aus. »Vielleicht hast du gar nicht gedacht, was? Jedenfalls nicht mit deinem Hirn. Das allein ist schon ein ernster Grund zur Sorge, wenn du mich fragst. Du hast noch nie deine Pflicht gegenüber dem Orden vernachlässigt, Gideon. In all den Jahren kein einziges Mal.«
»Das habe ich auch jetzt nicht.«
Er saß mit Lucan und Tegan in der Kommandozentrale, der Erstere ging wütend im Raum auf und ab wie eine Raubkatze im Käfig. Tegan dagegen saß lässig in einem Bürostuhl am anderen Tischende und zeigte nur flüchtiges Interesse an der Standpauke für Gideon am Morgen danach, während er müßig einen Kuli auf seinem Notizblock kreisen ließ.
»Mein Interesse an dieser Frau hat nichts mit meinen Ordensaufgaben zu tun. Ich sagte doch, es ist persönlich.«
»Genau das meine ich.« Lucan verengte die stürmischen grauen Augen zu schmalen Schlitzen. »Persönliche Agenden haben in dieser Operation keinen Platz. Sie machen nachlässig. Mach deine Arbeit nachlässig, und es sterben Menschen.«
»Ich hab das im Griff, Lucan.«
»Das ist nicht deine
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