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Versprechen der Nacht

Versprechen der Nacht

Titel: Versprechen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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ab?«
    »Keine Ahnung, und es ist mir auch egal«, sagte ich. »Dafür werde ich nicht bezahlt.«
    Er schnaubte verächtlich. »Nein, schätze nicht. Die Leute sagen, für den richtigen Preis verkaufst du sogar deine eigene Mutter.«
    »Harte Einschätzung«, antwortete ich ungerührt. Die Beleidigung war eher auf meinem Ruf als auf Tatsachen gegründet, und mein Ruf kam mir gelegen.
    Was meine Mutter anging … beim Gedanken an sie fiel es mir schon schwerer, ungerührt zu bleiben. Sie war vor Jahren ermordet worden, als ich noch ein kleines Mädchen war. Dieser Tag verfolgte mich immer noch in meinen Albträumen und manchmal sogar, wenn ich wach war. Ihr Tod hatte auch meinen Vater verfolgt, bis er schließlich aus Kummer gestorben war.
    Der Hafenmeister sagte nichts weiter und beobachtete mich, als die Trolle die Frachtkiste vorsichtig von der Rampe herbrachten und sie vor uns abstellten. Ihr Inhalt verschob sich leicht, als sie auf dem Boden zu stehen kam, und aus dem Inneren ertönte ein leises metallisches Klirren. Was immer da drin war, musste wirklich schwer sein – und verdammt wertvoll, schon in Anbetracht der riesigen, seltenen, extrem teuren Plastikplane, die es vor den Elementen schützte.
    Waffen, schätzte ich. In meinem Job hatte ich schon jede Menge davon transportiert. Ich trat an die Ecke der Kiste, um die Befestigung der Plastikplane zu überprüfen. Obwohl sie unversehrt aussah, wollte ich ganz sichergehen, bevor ich den Trollen grünes Licht gab, die Kiste in den Laderaum meines Lasters zu verfrachten.
    Als ich die Hand ausstreckte, um die Schnüre zu testen, ertönte ein Knurren, und etwas begann sich in der Kiste zu bewegen.
    Etwas Großes.
    Etwas, was dem Geräusch nach in schweren Ketten und Fußfesseln steckte, aber äußerst lebendig war.

2
    Einige Stunden später saß ich auf einer leeren Getreidetonne im Laderaum meines Lasters und aß eine Dose Instantnahrung aus Soja zum Abendessen, während ich darauf wartete, dass die Leute meines Kunden zu der abgeschiedenen Lagerhalle kamen, wo ich geparkt hatte, und mir die Ladung abnahmen. Ich musste zugeben – wenn auch nur mir selbst gegenüber –, dass ich kaum erwarten konnte, sie los zu sein.
    Ich hatte noch nie Lebendware gefahren, und obwohl ich sonst alles Mögliche transportierte, ohne mit der Wimper zu zucken, fragte ich mich plötzlich, ob ich mit den drei Diamanten, die mich beim Abschluss dieses Jobs erwarteten, für diese Ladung angemessen bezahlt worden war. Und noch mehr beschäftigte mich der Inhalt der Frachtkiste, die nur wenige Schritte von mir entfernt im Laderaum stand und aus der immer wieder leise Geräusche drangen. Ich fragte mich, was wohl darin war und was mein Klient wohl damit vorhaben mochte.
    Ich nahm mir noch mal die Instruktionen vor, die mir der Hafenmeister mitgegeben hatte. Sie waren auf ein kleines, quadratisches Stück getrockneter Tierhaut geschrieben, die vom Absender an der Kiste befestigt worden war. Ich hatte sie schon gelesen, drei klare Befehle in Großbuchstaben:
    KISTE UND INHALT IMMER TROCKEN HALTEN
    NICHTS IN DIE KISTE LEGEN
    UNTER KEINEN UMSTÄNDEN ÖFFNEN
    Ich stellte meine leere Sojadose hin und sprang von der Tonne. Von da aus, wo ich stand, konnte ich hier und da winzige Risse in der Plastikplane sehen. Ich wusste: Was immer in der riesigen Kiste saß, hatte mich im Laderaum die ganze Zeit über beobachtet. Ich hatte seinen Blick auf mir gespürt – die scharfen Augen eines Raubtiers. Jetzt, als ich näher an die abgedeckte Kiste heranging, stellten sich die feinen Härchen in meinem Nacken auf.
    »Es heißt, du bist kälter als Eis.« Es war eine tiefe, kultivierte Männerstimme, die da hinter der Plane und den Brettern der Kiste erklang. »Niemand hat je erwähnt, dass du auch wunderschön bist. So dunkel und verlockend wie die Nacht … Nisha, die Herzlose.«
    Zuerst sagte ich nichts. Der Schreck hatte mir die Sprache verschlagen, und einen Augenblick stand ich reglos da. Ich hatte nicht erwartet, dass meine Ladung mit mir sprach und auch noch meinen Namen kannte. Ich hatte angenommen, dass irgendein Tierwesen in der Kiste war – selbst jetzt war mir klar, dass ich es mit einem von den Sonderbaren zu tun hatte –, aber die sanfte, vornehm klingende Stimme hatte mich völlig überrumpelt.
    »Was bist du?«
    »Komm näher und sieh selbst. Ich habe nicht die Absicht, dir etwas zu tun, selbst wenn ich es könnte.«
    Ich schnaubte, von dieser tückischen Aufforderung schlagartig aus

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