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Versprechen der Nacht

Versprechen der Nacht

Titel: Versprechen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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liefern, der wollte, dass seine Geschäfte am heruntergekommenen Hafen von Phoenix vertraulich blieben. Nicht, dass das dubiose menschliche Gesindel, das auf den Docks arbeitete, oder die noch zwielichtigeren Sonderbaren, die hier als versklavte Zwangsarbeiter schufteten, sich einen Dreck darum scherten, was die Frachter aus der ganzen Welt hier anlieferten oder abholten.
    Trotzdem musste mein Klient seine Gründe haben, und das genügte mir. Ich brauchte nicht zu wissen, wer er war oder was ich transportierte. Alles, worauf es ankam, waren die zwei Rohdiamanten, die im Pelzfutter meines Stiefels steckten, und die drei weiteren, die ich bekommen würde, sobald ich die Ladung der heutigen Nacht an ihrem Bestimmungsort abgeliefert hatte.
    Der riesige Wächter, ein Mensch, kam schwerfällig aus seinem Schuppen neben dem Tor, an seinem breiten ledernen Schulterriemen hing eine lange schwarze Flinte. Ich lehnte mich hinaus, und er spähte durch die rostigen Eisenstangen zu mir herüber. Als er mich erkannte, hob er eine buschige Augenbraue, und seine kleinen, gierigen Augen verursachten mir Gänsehaut. »Bist ja schnell zurückgekommen, was, Nisha?«, knurrte er, jetzt mit einem anzüglichen Grinsen. »Bist heutzutage eine verdammt gefragte Frau. Aber ich kann mich ja auch nicht beklagen.«
    Ich schenkte ihm ein Lächeln, in dem jeder klügere Mann Abscheu erkannt hätte. »Was soll ich sagen? Das Geschäft brummt.«
    Er grinste, als er das Tor aufschloss und mich hindurchfahren ließ. »Welches Terminal heute?«
    »3-Ost«, sagte ich durch das offene Fenster, die Kennzeichnung für Fracht aus Neu-Asien. Als der Wächter neben mir auf das Trittbrett meines Lasters sprang, warf ich ihm einen ausdruckslosen Blick zu. »Ich kenne den Weg.«
    Mit finsterem Gesicht sprang er wieder hinunter. »Dieser Frachter kam gerade vor eine Stunde an. Sie entladen noch, dürfte noch eine Weile dauern. Wenn dir da draußen kalt wird, komm doch zu mir rein und wärme dich auf.«
    Ich winkte ab, ohne zurückzusehen. Der eisige Regen wurde zu Graupel, der wie winzige Kieselsteine auf meine Windschutzscheibe prasselte. Ich kuschelte mich tiefer in die Kapuze meines Parkas und fuhr auf den Tiefwasserhafen zu, der sich dort befand, wo vor langer Zeit eine Wüstengegend und die Wolkenkratzer einer Großstadt gewesen waren – bevor der abrupte Kurswechsel des Planeten einen breiten Abgrund voller Salzwasser zwischen die Insel Mexitexas und die geschrumpfte Küstenlinie Nordamerikas gerissen hatte. Als ich mich dem riesigen Schiff näherte, das am Terminal 3-Ost vor Anker lag, drang der Gestank nach Meerwasser, Stahl und Abgasen zum offenen Fenster herein, ein Gestank, der mir die Augen tränen ließ.
    Ich hielt neben der Laderampe, wo gerade vier riesige Trolle mit Stoßzähnen eine mit Planen abgedeckte Frachtkiste über die Planke zum Dock trugen. Sie froren sichtlich in dem eisigen Wetter, ihre Kleider waren durchgeweicht, und von ihren langen, geflochtenen Bärten tropfte bei jedem schwerfälligen Schritt das Wasser. Trolle, die Arbeitspferde unter den Sonderbaren, waren wie Panzer gebaut und konnten unermüdlich in praktisch jedem Klima schuften. Diese vier trugen den riesigen rechteckigen Behälter vorsichtig – fast schon andächtig – und mit der größten Sorgfalt, an jeder Ecke einer. Am Ende der Rampe wartete ein menschlicher Aufseher und überwachte sie mit Argusaugen.
    »Vorsicht damit, ihr hohlen Trampel!«, brüllte er. »Lasst mir das fallen, und ich zieh euch eure verdammten Bälge ab!«
    Ich stieg aus meinem Laster und ging zu dem Hafenmeister hinüber. »Schätze, das ist meine?«
    Er knurrte zustimmend und wischte sich mit dem dreckigen Handrücken die triefende Nase. Dann streckte er mir ebendiese Hand entgegen, Handfläche nach oben. »Meine Bezahlung, Nisha.«
    Ich wühlte in meiner Manteltasche, zog ein trüb rosafarbenes Steinchen hervor und ließ es in seine wartende Hand fallen. »Bitteschön. Viertelkaräter Rohrubin, wie immer.«
    Seine gierigen Finger schlossen sich um den armseligen Edelstein, der für ihn ein Vermögen bedeutete. Schon im nächsten Moment war der Stein verschwunden, und ich folgte der Hand des Mannes nicht mit den Augen, um zu sehen, wohin er ihn gesteckt hatte. »Was immer in diesem Ding ist, meinen Arbeitern hat es einen mächtigen Schrecken eingejagt«, sagte er zu mir und starrte durch den Eisregen, als die Kiste sich dem Ende der Rampe näherte. »Was zur Hölle holst du da heute Nacht

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