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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Gemeinschaftsraum, aber irgendwie war Daisy nicht sonderlich nach Spielen zumute. Max ebenfalls nicht. Sie sah, wie er in der Tür zum Speisesaal stand und auf die Veranda hinausschaute, auf der ihre Eltern sich in leisem, angestrengtem Ton unterhielten. Ihre Mutter hatte die Arme vor dem Bauch verschränkt, als hätte sie Bauchweh. Dad ließ seinen Kopf wie geschlagen hängen.
    Daisy ging zu Max hinüber und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er schaute zu ihr auf, seine Augen groß und ängstlich geweitet. Ach, Max, dachte sie und wünschte, sie könnte ihm seine Angst nehmen. Doch sie wusste, dass das nicht ging.
    „Alles wird gut“, sagte sie und drückte seine Schulter. Das war vermutlich eine Lüge, aber ihr fiel nichts anderes ein, was sie sagen könnte. Sie richtete sich auf, räusperte sich und öffnete die Tür auf die Terrasse. „Komm.“
    Ihre Eltern versuchten zu lächeln, als Daisy und Max sich zu ihnen gesellten, aber es funktionierte nicht, und alle vier wussten es. Sophie legte die Arme um ihre Kinder und zog sie an sich. „Es tut mir so leid“, sagte sie. „Es tut mir so unglaublich leid. Ich liebe euch beide so wahnsinnig, aber ich kann das nicht länger.“ Sie trat einen Schritt zurück und schaute von Daisy zu Max und zurück. „Euer Vater und ich haben lange darüber gesprochen“, sagte sie. „Wir müssen in unserer Familie etwas verändern.“
    Später am gleichen Abend machten Daisys Eltern sich Kaffee und setzten sich in der Eingangshalle zusammen. Sie gingen Papiere durch, die ihre Mutter in einem dicken Umschlag mitgebracht hatte. Nicht nur, dass ihre Mutter ihren Dad fallen ließ, nein, sie würde auch noch die Hälfte des Jahres in Übersee leben, in Den Haag, um internationales Recht zu praktizieren.
    „Es ist das, wofür ich mein ganzes Leben gearbeitet habe“, erklärte Sophie. „Ich kann mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.“
    Sicher kannst du das, wollte Daisy sagen. Frauen mit Familien lassen andauernd irgendwelche Gelegenheiten verstreichen. Oder sie warten, bis ihre Kinder sie nicht mehr brauchen. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um nichts zu sagen. Es gab bereits genug Bitterkeit in dieser Familie.
    Max fragte, wo Den Haag war. Daisy nahm ihn mit in die Bücherei des Camps und zeigte es ihm in einem Atlas. Dann brachte sie Max in ihre Hütte. Ihr Bruder sprach kaum ein Wort, während er sich fürs Bett fertigmachte. Das war eines der guten Dinge am Camp: Er beschwerte sich nie darüber, ins Bett zu müssen, und heute Abend war da keine Ausnahme. Daisy legte sich neben ihm auf die Matratze und schaltete die Leselampe ein. „Was liest du gerade?“
    „ Die Schatzinsel “, sagte er mit ganz kleiner Stimme. „Dad liest es mir vor.“
    „Cool.“ Sie öffnete das Buch auf der markierten Seite und begann zu lesen. Trotz der Hitze kuschelte Max sich enger an sie, als sie ihm von dem gestrandeten Ben Gunn vorlas, und zu dem Zeitpunkt, als Jim Hawkins dem Schatz immer näher kam, war Daisys kleiner Bruder tief und fest eingeschlafen.
    Ein leises Klopfen ertönte von der Tür. Olivia und Barkis traten ein. Der Hund rannte durch das Zimmer und sprang aufs Bett, wo er sich direkt neben Max zusammenrollte. „Hey, Junge.“ Max wachte auf und lächelte verschlafen. „Er kann gerne hierbleiben, wenn er mag“, sagte er zu Olivia.
    „Ich denke, das mag er“, sagte sie und zog sich einen Stuhl heran. „Lies weiter, Daisy.“
    „Gerne.“ Sie fuhr dort fort, wo sie aufgehört hatte. Ihr Mund formte die Worte, während ihre Gedanken eine Million Meilen entfernt waren. Nach einer Weile waren sowohl Max als auch der kleine Hund eingeschlafen. Daisy kletterte vorsichtig aus dem Bett, markierte sich die Seite im Buch und schaltete das Leselicht aus. Dann setzte sie sich mit Olivia auf die Stufen vor der Hütte und schaute über die Lichtung hinweg zum See hinunter. Die Sterne leuchteten einer nach dem anderen auf, und Leuchtkäfer glühten im Gebüsch. Eine willkommene Brise rauschte über das Gelände.
    „Ich war ungefähr in Max’ Alter, als meine Eltern sich getrennt haben“, fing Olivia an. „Vielleicht ein bisschen älter. Ich war mir ziemlich sicher, dass das das Ende der Welt war. Lange, lange Zeit fühlte ich mich unglaublich verloren.“
    „Was meinst du damit?“
    „Ich wusste nicht, was ich denken oder fühlen sollte. Ich machte Fehler, wie zu wünschen, zu hoffen und zu beten, dass sie wieder zusammenkommen. Ich meine, es ist normal

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