Versprechen eines Sommers
hypnotisiert sah sie zu, wie ein Fisch kam, dann noch einer …
„Gib mir den Kescher“, flüsterte sie.
„Hat bei dir eine angebissen?“, fragte Max.
„Nein. Aber bei dir. Schau mal ins Wasser. Sie kommen wegen deines Sandwiches.“
Seine Augen wurden riesig. „Wow, Dad, sieh doch nur.“
Daisy nahm den Kescher und hielt ihn über zwei Forellen, die an einem Stück durchgeweichtem Brot knabberten. Sie musste das Netz nur senken und die beiden einfangen.
„Los, mach schon, Daisy“, flüsterte Max. „Komm schon, du kannst das.“
So schnell sie konnte tauchte sie den Kescher ins Wasser. Die Fische stoben davon.
„Verdammt.“ Sie ließ sich schwer auf ihre Bank zurückfallen. „Das war das Aufregendste am ganzen Tag.“
„Schau!“, rief Max und warf ein weiteres Stück Brot ins Wasser. „Sie kommen zurück. Jetzt sind es drei.“
Daisy zögerte nicht, sondern stieß den Kescher direkt ins Wasser. „Ich habe einen, Daddy, sieh nur! Ich habe einen Fisch gefangen“, jubelte sie. Der silbrige Körper schlug im Netz wild hin und her.
„Fantastisch, Daisy“, sagte er. „Gut gemacht. Jetzt tu ihn hier in den Fischkorb …“
„Eine Forelle! Daisy hat eine Forelle gefangen!“ Max sprang aufgeregt auf und ab.
„Langsam, mein Freund“, warnte sein Dad ihn. „Du willst doch nicht das Boot zum Kentern …“
„Dad!“ Irgendwie hatte die Forelle es geschafft, aus dem Netz herauszuspringen. Daisy versuchte, sie noch zu packen.
Was natürlich ein fataler Fehler war. Sie fühlte, wie das Kanu sich zur Seite neigte, und konnte dennoch nichts dagegen tun. Mit wedelnden Armen stürzte sie kopfüber ins Wasser. Der Kälteschock und die Rettungsweste brachten sie sofort zurück an die Oberfläche, wo schon ein empörter Schrei auf ihren Lippen lag.
Doch sie schrie nicht. Sie tauchte gerade rechtzeitig auf, um Max strampeln zu sehen und ihren Vater, wie er versuchte, ihn zu halten. Dann fielen sie beide hinein. Die Sonnenstrahlen malten einen Regenbogen auf die hochspritzende Fontäne.
„Heilige Scheiße“, schnappte ihr Vater. „Ist das Wasser kalt.“
„Du hast Scheiße gesagt“, kicherte Max, dessen Lippen bereits blau anliefen.
„Falsch“, sagte sein Dad. „Ich habe heilige Scheiße gesagt.“ Er schwamm zum Kanu hinüber und rettete den Kescher, den Haufen pitschnasser Handtücher und zwei der Paddel, die auf dem See schwammen. Im Boot war zwar Wasser, aber nicht so viel, dass es zu sinken drohte.
Max lehnte seinen Kopf gegen den Kragen der Rettungsweste zurück und schaute in den Himmel. „Es ist k-k-k-kalt!“, sagte er lachend und drehte sich im Kreis. „Eiskalt. Jetzt sind meine Nüsse wirklich taub.“
Daisy zitterte, aber als sie losschwamm, um ihre auf dem Wasser treibenden Flip-Flops einzusammeln, merkte sie, dass sie Spaß an dem Gefühl der Schwerelosigkeit hatte. Sobald man sich bewegte, war es auch nicht mehr so kalt. Sie spielte eine Runde Fangen im Wasser mit ihrem Vater und Bruder, sie tauchten einander unter, riefen und lachten und vertrieben auch noch den letzten Fisch von dieser Seite des Sees. Nach einer Weile fing Max an, so sehr mit den Zähnen zu klappern, dass er nicht mehr sprechen konnte, und so entschlossen sie sich, zurückzukehren.
Was einfacher gesagt als getan war. Sie kamen nicht ins Kanu. Daisy und ihr Dad schafften es, Max hinaufzuhieven, aber sie selber konnte nicht hineinklettern, ohne Gefahr zu laufen, es wieder zum Kentern zu bringen. Es war wie verhext, und bald schon mussten sie so sehr lachen, dass ihr Hände und Arme sich wie Wackelpudding anfühlten und total nutzlos waren. Sie gaben die Versuche auf und zogen das Boot schwimmend ans nächste Ufer, an dem ein Dickicht aus Birkenschösslingen und hohem Gras wuchs. Inzwischen zitterten alle drei.
„Ich mache uns ein Feuer“, sagte Greg. „Dann können wir uns erst ein wenig aufwärmen, bevor wir zurückpaddeln.“
„Klar, ein Feuer“, sagte Daisy spöttisch. „Und womit?“
Ihr Dad überraschte sie. Verblüffte sie sogar. Wer hätte gedacht, dass er nur mit einem Schnürsenkel, zwei kurzen Ästen und etwas trockenem Gras ein Feuer entzünden könnte? Irgendwie hatte er alles so miteinander verbunden, dass ein schneller Zug an dem Band die Spitze des einen Astes schnell genug in den anderen drehte, sodass kleine Funken entstanden. Nach ein paar Versuchen fing das trockene Gras Feuer, was er dann mit sanftem Pusten zu einer richtigen Flamme anwachsen ließ. Am Ende hatten sie ein
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