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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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tot.“
    „Jeden Tag sterben Menschen.“
    „Ja, aber von Brücken zu springen beschleunigt den Prozess.“ Daisy schüttelte sich.
    „Es war großartig.“ Sein Blick folgte einem in den Himmel steigenden Funken. „Ich würde es sofort wieder tun. Ich mag es schon immer, zu fliegen.“ Alles, was nur entfernt mit Fliegen zu tun hatte, war, solange er denken konnte, ein Traum von ihm.
    „Dann wird dir das gefallen.“ Daisy holte ein Brillenetui aus ihrer Tasche. Sie öffnete es und enthüllte einen dicken, leicht unförmigen Joint.
    Mit dem glühenden Ende eines Zweigs zündete sie ihn an und inhalierte tief. „Das ist meine Art des Fliegens.“ Sie nahm einen zweiten gekonnten Zug und hielt Julian den Joint hin.
    „Nein, danke“, sagte er. „Ich muss vorsichtig sein. Weißt du, der Richter in Kalifornien hat meine Mutter vor die Wahl gestellt: Entweder ich verlasse die Stadt für den Sommer, oder ich sitze meine Strafe im Jugendknast ab. Indem ich hierhergekommen bin, habe ich die Chance, dass der Vorfall aus meiner Akte gestrichen wird.“
    „Klingt logisch. Aber du wirst hier nicht erwischt.“ Sie bot ihm den Joint erneut an.
    Also musste er schon wieder die Wahrheit gestehen. Auch wenn er sich dabei fühlte wie ein Pfadfinder. „Ich nehme keine Drogen.“
    „Komm schon. Das ist wirklich gutes Gras“, sagte Daisy. „Und hier wird uns keiner erwischen. Wir sind mitten im Nirgendwo.“
    „Deshalb mache ich mir keine Sorgen. Ich mag es einfach nur nicht, high zu sein.“
    „Du musst es wissen.“ Daisy legte noch einen Zweig ins Feuer und sah zu, wie er in Flammen aufging. „Ein Mädchen muss seinen Spaß finden, wo es nur kann.“
    „Also hast du Spaß“, fragte er.
    Sie blinzelte ihn durch den Rauch an. „Bis jetzt ist dieser ganze Sommer … komisch. Er sollte viel mehr Spaß machen. Ich meine, denk mal darüber nach. Das ist unser letzter Sommer als einfache Kinder. Nächstes Jahr haben wir unseren Schulabschluss und müssen den Sommer damit verbringen, zu arbeiten und uns aufs College vorzubereiten.“
    „College. Der war gut.“
    „Willst du etwa nicht aufs College gehen?“
    Er war so überrascht von ihrer Frage, dass er einfach nur
    „Was?“ Sie schien den glühenden Joint ganz vergessen zu haben.
    „Das hat mich noch nie jemand gefragt“, gab Julian zu.
    „Du kommst doch nach dem Sommer auch ins Senior-Jahr, oder?“, hakte sie nach.
    „Stimmt.“
    „Und deine Lehrer und Berater liegen dir nicht schon seit der neunten Klasse in den Ohren?“
    Er lachte wieder. „So etwas gibt es an meiner Schule nicht. Die Leute gehen nicht aufs College. An meiner Schule ist man der Meinung, einen guten Job gemacht zu haben, wenn ein Schüler es bis zum Abschluss schafft, ohne vorher abzubrechen, ein Baby zu kriegen oder zu sitzen.“
    „Wo zu sitzen?“
    „Das ist nur eine Redewendung. Sitzen heißt, in den Knast zu gehen.“
    „Was für ein Albtraum.“ Daisy wirkte ehrlich schockiert. „Du solltest die Schule wechseln.“
    Julian war erstaunt. Dieses Mädchen lebte nicht in der realen Welt. Sie verstand es einfach nicht. „Da wo ich herkomme, geht man auf die öffentliche Schule, die am nächsten liegt. Und danach sucht man sich einen beschissenen Job in einer Autowaschanlage, spielt Lotto und hofft aufs Beste.“
    Nun musste Daisy kichern. „Ich stehe auf Jungs mit Ambitionen.“
    „Ich bin nur realistisch.“
    „Ich sagte ja nicht, dass das College irgend so eine Art Nirwana oder so ist, aber es ist auf jeden Fall besser, als in einer Autowaschanlage zu arbeiten.“
    „Das College kostet Geld. Sogar wenn man finanzielle Hilfe bekommt – für die ich mich dank der miesen Buchhaltungsunterlagen meiner Mutter niemals qualifizieren würde –, muss man trotzdem noch mit jeder Menge Kohle antanzen, die ich nicht habe.“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Dann wende dich ans ROTC. Meine Güte, das weiß ja sogar ich.“
    ROTC. Davon hatte er schon mal vage was gehört. Irgendein Anwerber war mal in seiner Schule gewesen und hatte darüber gesprochen, aber Julian hatte die Gelegenheit genutzt, den Unterricht zu schwänzen und sich stattdessen auf der Cross-Country-Strecke mit dem Fahrrad auszutoben. Reserve-Offiziers-Training … irgendwie so etwas.
    „Das Militär übernimmt alle Kosten deiner Ausbildung“, fuhr Daisy fort. „Du könntest dich sogar bei einer Militärakademie bewerben, aber das ist echt schwer. Da muss man über tausendfünfhundert Punkte im SAT-Test

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