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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dankbar, daß sie überhaupt nie mit ihm bekannt gewesen war. Sie wünsche von ganzem Herzen, Combe Magna läge nicht so nahe bei Cleveland; aber das mache nichts, denn es sei viel zu weit weg für Besuche; sie hasse ihn so sehr, daß sie entschlossen sei, nie mehr seinen Namen zu nennen, und sie würde jedem, den sie sah, sagen, was für ein Nichtsnutz er sei.
    Die weitere Anteilnahme Mrs.   Palmers an der Sache zeigte sie in der Beschaffung aller ihr zugänglichen Einzelheiten über die bevorstehende Heirat, die sie dann Elinor mitteilte. Sie konnte bald sagen, bei welchem Wagenbauer die neue Kutsche gerade hergestellt wurde, bei welchem Maler Mr.   Willoughbys Porträt gemalt wurde und in welchem Geschäft man Miss Greys Kleider sehen könne.
    Die ruhige, höfliche Ungerührtheit Lady Middletons diesem Ereignis gegenüber war eine echte Wohltat für Elinors Gemüt, niedergedrückt, wie sie oft war durch die lärmende Freundlichkeit der anderen. Es war ein großer Trost für sie, sicher zu sein, daß es zumindest
eine
Person in ihrem Freundeskreis |235| gab, bei der all das kein Interesse weckte – ein großer Trost zu wissen, daß es
einen
Menschen gab, der ihr ohne irgendwelche Neugierde nach näheren Einzelheiten oder Besorgnis über die Gesundheit ihrer Schwester begegnete.
    Jede Eigenschaft wird zuweilen durch die Umstände des Augenblicks über ihren wirklichen Wert hinausgehoben; und Elinor wurde manchmal durch übereifrige Anteilnahme soweit gebracht, daß sie eine gute Kinderstube für viel unverzichtbarer für das Wohlbefinden hielt als Gutmütigkeit.
    Lady Middleton brachte ihre Empfindungen zu der Angelegenheit etwa einmal am Tag zum Ausdruck, oder auch zweimal, wenn das Thema sehr oft zur Sprache kam; sie sagte dann: »Das ist wirklich ganz unerhört«, und war durch dieses fortgesetzte, wenngleich sanfte Sichluftmachen imstande, nicht nur die Misses Dashwood von Anfang an ohne die geringste Gemütsbewegung zu sehen, sondern konnte ihnen sehr bald gegenübertreten, ohne sich überhaupt an ein Wort in der Angelegenheit zu erinnern; und da sie somit die Würde ihres eigenen Geschlechts gestärkt und ihren entschiedenen Tadel darüber zum Ausdruck gebracht hatte, was bei dem anderen nicht in Ordnung war, fühlte sie sich berechtigt, sich den Angelegenheiten ihrer eigenen Gesellschaften zuzuwenden, und beschloß deshalb (wenn auch eher gegen die Überzeugung Sir Johns) – da Mrs.   Willoughby eine ebenso vornehme wie vermögende Frau war   –, gleich nach deren Heirat ihre Karte bei ihr abzugeben.
    Colonel Brandons feinfühlige und unaufdringliche Nachfragen waren Miss Dashwood niemals unwillkommen. Er hatte durch die freundschaftliche Hingabe, mit der er sich bemüht hatte, die Enttäuschung ihrer Schwester zu mildern, in reichem Maße das Vorrecht zu vertraulichem Gespräch darüber verdient, und so konnten sie stets offen miteinander sprechen. Den Hauptlohn für sein schmerzliches Bemühen, früheres Leid und gegenwärtige Demütigungen zu offenbaren, empfing er in dem mitleidvollem Blick, mit dem Marianne ihn zuweilen betrachtete, und in der Sanftheit ihrer Stimme, wann immer sie (obgleich es nicht oft geschah) genötigt war oder sie |236| sich selbst dazu bringen konnte, mit ihm zu sprechen. All dies versicherte ihm, daß seine Bemühungen bei ihr mehr Wohlwollen ihm gegenüber hervorgebracht hatten, und Elinor schöpfte daraus die Hoffnung, daß es künftig noch besser werden würde; doch Mrs.   Jennings, die von all dem nichts wußte – die nur sah, daß der Colonel so ernst wie immer blieb, und die ihn nicht dazu bewegen konnte, selbst seinen Heiratsantrag zu machen, noch sie damit zu beauftragen, dies für ihn zu tun   –, glaubte nach zwei Tagen nicht mehr, daß sie noch im Hochsommer heiraten würden, sondern erst zu Michaeli; und nach einer Woche meinte sie, daß es überhaupt keine Heirat geben würde. Das gute Einvernehmen zwischen dem Colonel und Miss Dashwood schien eher zu besagen, daß die Ehren des Maulbeerbaumes, des künstlichen Wasserlaufs und der Eibenlaube alle auf die Schwester übertragen werden würden; denn Mrs.   Jennings hatte schon seit einiger Zeit aufgehört, überhaupt noch an Mr.   Ferrars zu denken.
    Anfang Februar, zwei Wochen nach dem Eintreffen von Willoughbys Brief, hatte Elinor die schmerzliche Aufgabe, ihre Schwester davon zu unterrichten, daß er verheiratet sei. Sie hatte dafür Sorge getragen, daß sie, sobald man wußte, daß die Trauung vorüber

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